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Atomverhandlungen mit Iran ausgesetztKeine Kompromisse

Kommentar von Susanne Knaul

Das offizielle Ende der Verhandlungen ist auch ein Zeichen an die Protestierenden. Statt bisherige Sanktionen zu erweichen, braucht es jetzt neue.

Atomabkommen: Kein Zurück zu den Wiener Vereinbarungen von 2015 Foto: Carlos Barria/reuters

A usgerechnet jetzt Sanktionen zu lockern, wäre zweifellos ein fatales Zeichen an die iranische Führung wie auch an die Protestbewegung gewesen. Deshalb ist die Entscheidung der USA, alle Anstrengungen für ein erneutes Atomabkommen vorerst auszusetzen, die einzig richtige. Während das Regime in Teheran brutal gegen KritikerInnen vorgeht, sie zu Haftstrafen verurteilt und jüngst sogar ein Todesurteil verhängte, und während Iran der russischen Armee Kampfdrohnen für die Schlacht in der Ukraine liefert, darf es keine Verhandlungen geben.

Iran will wieder freie Bahn für den Ölexport und die Streichung der Revolutionsgarden von der Liste der Terrororganisationen, auf der die USA sie vor drei Jahren notierten. Beides sind komplett absurde Forderungen angesichts der aktuellen Vorgänge. Tatsächlich führten die Verhandlungen ohnehin ins Leere. Um das Kind beim Namen zu nennen, hätte Robert Malley, der US-Sonderbeauftragte für Iran, nicht lediglich ein Aussetzen der Gespräche kundtun sollen.

Es wird kein zweites Atomabkommen geben. Wie sollte es auch. Der Krieg in der Ukraine lenkt wie so oft letzthin auch hier den Lauf der Geschichte in ganz andere als die erwarteten Richtungen. Nach Russland sollte das hochangereicherte Uran ausgelagert werden, so sah es die Vereinbarung von 2015 vor, und so sollte es dem letzten Verhandlungsstand nach wieder sein. Doch zwischen Teheran und Moskau herrscht zunehmend Eintracht. Man würde die Katze über die Milch wachen lassen.

Dass das Aus der Verhandlungen – auch wenn sie augenscheinlich nur noch der Illusion dienten, man könne sich einigen – jetzt offiziell ist, dürfte vor allem in Israel mit Erleichterung aufgenommen werden. Mit einem Abkommen den Atomstaat Iran aufhalten zu können, glaubte dort ohnehin keiner mehr.

Die Sorge galt vielmehr einem Aufweichen der Sanktionen und damit mehr Geld für den Kampf gegen Israel, den die Hisbollah im Libanon ausfechten muss, oder die Revolutionsgarden, die sich in Syrien in Stellung bringen. Gut, dass sich vorerst keine neuen Finanzquellen auftun.

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Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.
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2 Kommentare

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  • Gegen ein Abkommen moralisch zu argumentieren, ist wenig überzeugend - nicht nur weil die andere Seite auch nicht gerade für das Gute, Wahre und Schöne steht, sondern auch und vor allem, weil es bei dem Abkommen immer um eigene Interessen ging. Und wie denen mit einem Ende der Verhandlungen gedient sein sollte, sehe ich nicht recht, zumal die Möglichkeiten, noch Druck auf den Iran auszuüben, höchst begrenzt sind, da sich dieser längst nach Osten orientiert. Die ganze westliche Iran-Strategie (sofern sie nicht nur den heimischen Stammtischen dient, die Feindbildpflege mit politischem Urteilsvermögen verwechseln) beruht noch auf der Vorstellung einer westlich dominierten Welt, in der dem Iran letzlich keine Alternative bleibt, als sich mit den USA und der EU zu arrangieren. Das ist allerdings Vergangenheit. Das einzige, was man mit mehr Druck erreicht, ist ein Iran, der sich noch stärker nach Russland und China (bis zu einem gewissen Grad übrigens auch nach Indien) orientiert. Was haben wir damit gewonnen? Wunschdenken ist kein Ersatz für Realpolitik.

    • @O.F.:

      Ich stimme zu und man sollte ja nicht vergessen dass es die USA war, die aus dem VErtrag ausgestiegen ist.