piwik no script img

Atomkraft in USANeuer Meiler am Netz

Nach mehr als 30 Jahren ist in den USA wieder ein AKW-Block in Betrieb genommen worden. Er soll die Renaissance der Atomkraft einläuten.

Macht ordentlich Dampf: Der neue Atommeiler Vogtle 3 (Kühlturm links) Foto: Arvin Temkar/Atlanta Journal-Constitution/ap

Berlin taz | Mit sechs Jahren Verspätung ist im US-Bundesstaat-Georgia am Montag wieder ein komplett neuer Atomkraftwerksblock in Betrieb genommen worden. Der Reaktor Vogtle 3 des Typs AP1000 bringe 1.100 Megawatt Nettoleistung und könne rund eine halbe Million Haushalte mit Strom versorgen, sagte Kim Greene, Vorstandschef des Betreibers Georgia Power, am Montag. Vogtle 3 soll gemeinsam mit dem derzeit noch im Bau befindlichen gleich starken Block Vogtle 4 die Renaissance der Atomkraft in den USA einläuten.

Entsprechend sprach Greene von einem „beeindruckenden Beispiel für Georgias zuverlässige und widerstandsfähige Energiezukunft“. In den USA gibt es die meisten Atomkraftwerke weltweit, Neubauten hatte es jedoch wegen der immer wieder immens steigenden Kosten und auch aus Bedenken wegen der Endlagerung von radioaktiven Abfällen lange Zeit nicht gegeben. Erst die Klimakrise hat der Atomlobby wieder Aufwind verschafft.

Der vorletzte Präsident Barack Obama kündigte an, die Kapazitäten an Atomstrom ausbauen zu wollen, um unabhängiger von klimaschädlichen fossilen Energien zu werden. In seine Amtszeit fallen auch die Genehmigungen für die beiden Neubauten an der nuklearen Anlage Vogtle.

Der Energiekonzern Southern Company, zu dem neben Georgia Power auch diverse fossile Tochterunternehmen gehören, will bis 2050 klimaneutral werden. Dabei spielen Vogtle 3 und 4 eine große Rolle: Wenn auch der letzte Reaktor am Netz ist, soll das Atomkraftwerk „die größte kohlenstofffreie Erzeugungsanlage des Landes“ sein, heißt es aus dem Unternehmen.

Kosten mehr als verdoppelt

Allerdings gab und gibt es beim Bau die gleichen Probleme wie überall auf der Welt mit Atomanlagen: Zu der immer wieder verlängerten Bauzeit – ursprünglich sollten beide Reaktoren bereits Ende 2016 in Betrieb gehen – kommen sprunghaft angestiegene Kosten. Statt der zunächst veranschlagten 14 Milliarden US-Dollar sind inzwischen gut 30 Milliarden US-Dollar aufgelaufen. Minderheits-Anteilseigner hatten zwischenzeitlich damit gedroht, ihre Beteiligungen einzufrieren. Was daraus geworden ist, war am Dienstag nicht zu erfahren.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Ich fürchte mittlerweile, dass wir in Deutschland mit dem Abschalten der AKWs auf dem Holzweg sind.



    Als Kind der 70er und 80er habe ich alle Diskussionen um die AKWs und natürlich auch Tschernobyl miterlebt. Natürlich hieß es für mich immer „Kernkraft, nein danke!“.



    Aber passt das wirklich noch? Sind die Sicherheitsrisiken nicht doch kalkulierbar? Und ist der CO2-Ausstoß der Kernkraft-Alternativen nicht deutlich schlimmer als der Atommüll?

    Ich weiß, diese Diskussion ist für uns in Deutschland abgeschlossen. Aber sie hat m.E. mit dem falschen Ergebnis geendet. Wir sollten uns für das Weltklima darüber freuen, wenn andere Länder klüger handeln!

    • @Carsten Kober:

      "Sind die Sicherheitsrisiken nicht doch kalkulierbar?"



      Jedenfalls kalkulierbar genug, dass sich keine einzige Versicherung bereit findet eine Police für sie anzubieten. Bei den bisherigen Unfällen hatte man noch immer recht viel Glück im Unglück. Hätte man etwa in Fukushima maximales Pech gehabt wäre dort der Fallout nicht auf den Pazifik geweht worden, sondern über Tokio runter gekommen, so dass man die Stadt deren 14 Mio. EW man ohnehin nicht kurzfristig hätte evakuieren können, dauerhaft zur Sperrzone hätte erklären müssen. Bei solchen Szenarien bewegen sich das Risiko als schnell im Bereich etlicher Billionen, die tatsächlichen Folgekosten werden von NGOs derzeit etwa auf 'nur' eine halbe Billion Dollar geschätzt, etwa die Dimension in der sich auch Tschernobyl bewegt. Wobei die Toten und das menschliche Leid in diesen Beträgen natürlich nicht berücksichtigt sind.