Aserbaidschan: Politische Häftlinge begnadigt
Fast 80 Gefangene wurden in Aserbaidschan entlassen, darunter auch politische. Menschenrechtlern im Lande reicht das bei weitem nicht aus.
BAKU taz | Für 79 aserbaidschanische Häftlinge öffneten sich kurz vor dem Jahreswechsel vorzeitig die Gefängnistore. Sie waren nach einem Erlass des aserbaidschanischen Präsidenten Ilcham Alijew vorzeitig begnadigt worden.
Unter den Begnadigten sind auch Bürger Irans, der Türkei, aus Bangladesch und Nigeria. 13 der Freigelassenen stehen auf der Liste politischer Gefangener in Aserbaidschan von Christoph Strässer. Der sozialdemokratische Bundestagsabgeordnete Strässer ist Berichterstatter der Parlamentarischen Versammlung des Europarats über die Lage politischer Häftlinge in der Kaukasusrepublik.
Unter den Freigelassenen ist auch der Rechtsanwalt Widali Iskenderow. Er war im August 2011 zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Er habe sich unkorrekt bei der Stimmauszählung verhalten, so das Gericht in seiner Begründung. Menschenrechtler vermuten eher, dass ihm das Aufdecken von Wahlfälschungen, sein Videomitschnitt der Stimmauszählung sowie die Beteiligung an einer Kundgebung der Opposition am 1. April 2011 die Haftstrafe eingebracht hatten.
Auch zwei Journalisten sind wieder frei. Anar Bajramly, Korrespondent des iranischen Fernsehens in Aserbaidschan, war seit Februar 2012 im Gefängnis. Er war wenig später wegen Drogenbesitzes zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Der Korrespondent der aserbaidschanischen Zeitung Chural, Ajdyn Dschanyew, saß wegen „Rowdytums“ ein. Ilcham Alijews Begnadigungen kurz vor dem Jahresende haben Tradition. Genau ein Jahr zuvor waren 92 Häftlinge freigelassen worden.
Aserbaidschanische Menschenrechtler begrüßten die Freilassungen. Diese seien allerdings bei weitem nicht ausreichend, sagte Arsu Abdullajewa, Vorsitzende der aserbaidschanischen Sektion der Helsinki Citizens Assembly (HCA) der taz. Insbesondere bedauere sie, dass Chilal Mamedow, Journalist und Vorsitzender des Kulturzentrums der Talyschen – einer iranischsprachigen Ethnie im Kaukasus – nach wie vor in Haft sei.
Auch sei es untragbar, so Abdullajewa, dass die 24-jährige Aktivistin Nigjar Jagublu für zweieinhalb Jahre in einen Provinzort verbannt worden sei, weil bei einem von ihr verursachten Verkehrsunfall ihr Beifahrer ums Leben gekommen sei.
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