Armuts-Tourismus und White Saviors: Zwischen Aaafrika und Wanne-Eickel
Weltoffen und wohltätig, oder doch eher herablassend? Woran man frühzeitig erkennen kann, ob man eine Person mit „weißem Retterkomplex“ datet.
A uf Twitter wird gerade wieder viel über White Saviors geredet. Anlass war eine Reise einiger Influencerinnen nach Afrika, genau genommen nach Malawi und Kenia, um den „ganz armen Kids“ dort zu helfen und nebenbei vielleicht eine Kolonialisten-Modekollektion zu verkaufen (eine fiese Unterstellung meinerseits).
Da White Saviors auch in der Datingwelt vorkommen, nicht immer klischeehaft aussehen wie Stefanie Giesinger oder Ed Sheeran und nicht wie auf Twitter an Hashtags zu erkennen sind, hier der ultimative Guide. So erkennt ihr einen White Savior beim ersten Date:
– Hat dein PWSP (potenzieller White-Savior-Partner) ein Profilbild, auf dem er von Schwarzen Kindern umringt ist?
– Sagt dein Partner Sätze wie: „Die haben dort so wenig, aber sind sooo glücklich“?
– Spricht er Afrika mit einem sehr langgezogenen ersten A?
– Glaubt dein PWSP, dass er eine ganz banale Erfindung (Kamera, Kaugummi, Kugelschreiber) in das arme, von ihm bereiste Land gebracht hat?
– Sind die Schauplätze seiner Erzählungen immer Ghana/Sri Lanka/Guatemala und ganz selten Wanne-Eickel, wo er eigentlich herkommt?
– Spricht er oft davon, wie mutig/inspirierend die indigene Bevölkerung in dem Land seiner Wahl war?
– Betont dein PWSP oft die menschlichen Eigenschaften der Menschen da unten, als ob er es immer noch nicht glauben könne, dass es, nun ja, Menschen sind?
– Ist dein PWSP davon überzeugt, dass die Menschen erst mit seiner Hilfe ein bestimmtes Talent entdeckt haben?
– Zeigt er dir Bilder von seiner „afrikanischen/indischen/peruanischen Familie“ auf Instagram und meint damit Menschen, mit denen er genau genommen 72 Stunden verbracht hat?
– Wird er nervös, wenn du mal nach den Namen einzelner „Familienmitglieder“ fragst?
– Rümpft dein PWSP die Nase, wenn du von einer Reise ins Ausland erzählst, bei der es nicht um irgendein Projekt ging?
– Schaut dein PWSP häufig theatralisch in die Ferne und sagt Dinge wie: „Ich glaube, dass ich denen nicht halb so viel gegeben habe wie sie mir“?
– Erzählt dein PWSP stolz, wie er einen Jugendchor aus seinem Kirchenkreis zu einem Brunnenbauprojekt nach Nepal begleitet hat?
– Findet er absolut nichts dabei, dass keiner aus dem Chor und ganz sicher keiner der Begleiter auch nur den Hauch einer Ahnung davon hatte, wie man einen Brunnen baut?
– Findet dein PWSP, dass gewöhnliche, Instagram-untaugliche Spenden „zu kurz greifen“?
– Trägt er im eiskalten deutschen Winter seine Stoffhose aus Ghana?
Glückwunsch! Dein Datingpartner ist ein White Savior! Und da er schon so viel Geld in Aaafrika gelassen hat, bleibt es an dir, die Rechnung zu saven und abzuhauen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich