Armut unter Eltern und Kindern: Alleinerziehende werden abgehängt
Fast die Hälfte der Ein-Eltern-Familien in Deutschland und insgesamt 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche sind arm. Die Situation ist im Osten teils besser als im Westen.
Das große Armutsrisiko sei allerdings nicht allein auf Arbeitslosigkeit zurückzuführen. Obwohl der Studie zufolge 40 Prozent aller alleinerziehenden Hartz-IV-Empfänger:innen erwerbstätig waren, reichte ihr Einkommen nicht, um das Existenzminimum für sich und ihre Kinder zu decken. Bei ihnen handle es sich um sogenannte Aufstockerinnen beziehungsweise Aufstocker.
Eine andere Studie des Paritätischen Wohlfahrtverbands zeigt derweil, dass insgesamt rund 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland in Armut leben. Das ist jedes fünfte Kind. Mit einer Armutsquote von 20,5 Prozent im Vergleich zu anderen Altersgruppen seien Minderjährige überproportional von Armut betroffen, kritisierte der Verband in Berlin. Auch der Paritätische kommt zu dem Ergebniss: Besonders hart und häufig treffe es Alleinerziehende.
Dabei gebe es eine konträre Entwicklung zwischen Ost und West, bei starker regionaler Differenzierung. Während sich die Lage der Kinder und Jugendlichen in den ostdeutschen Ländern ausgehend von einem sehr hohen Niveau positiv entwickle, würden die Probleme in verschiedenen westdeutschen Ländern wie Bremen, Hessen, Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen teilweise dramatisch wachsen.
Die sozialen Sicherungssysteme reichten nicht aus, um Kinderarmut effektiv zu verhindern, kritisieren die Studienautoren. Obwohl die Hartz-IV-Quoten sinken, wachse die Kinderarmut überdurchschnittlich. Das sei nicht nur besorgniserregend, sondern skandalös und ein Ausdruck armuts- und gesellschaftspolitischen Versagens, sagte der Leiter der Forschungsstelle, Joachim Rock.
Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter beobachtet seit Corona zudem verstärkt Existenzängste. Häufig seien alleinerziehende Mütter im Niedriglohnsektor tätig, schildert die VAMV-Bundesvorsitzende Daniela Jaspers. „Verdienstausfälle hauen da voll rein. Rücklagen haben Alleinerziehende meist nicht.“ Vom Kurzarbeitergeld könnten sie kaum leben. Kinderbonus oder -krankengeld machten sich fast nicht bemerkbar. Wenn Frauen für die Erziehung beim Job reduzierten, brauche es nach einer Trennung finanziell ausgleichende „Solidarität“ im Unterhaltsrecht. Derzeit baden Frauen die Folgen nach der Trennung oft alleine aus, moniert auch Lenze.
Ein Beispiel: Die Alleinerziehende Nina aus Düsseldorf arbeitet 28 Wochenstunden im Einzelhandel, verdient netto 990 Euro. Das reicht nicht für sie, ihren Sohn (8) und die Tochter (19). Als SGB II-“Aufstockerin“ erhalte sie im Schnitt 800 Euro pro Monat, erzählt die 41-Jährige. Fürs Homeschooling habe sie monatelang auf einen Laptop gespart. „Dafür mussten wir ganz schön bluten.“ Da der Ex-Partner keinen Unterhalt zahlt, will sie für den Sohn einen staatlichen Unterhaltsvorschuss beantragen. „Um an Unterstützungsleistungen zu kommen, ist aber immer viel Bürokratie erforderlich.“
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