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Mehr Schaden als Nutzen

INNENPOLITIK Vergeblich fordern Linkspartei und Piraten die Abschaffung von V-Leuten

Ginge es nach Linken und Piraten, würde Berlin dem Beispiel Thüringens folgen. Ende März hat das Bundesland seine V-Leute weitgehend abgeschafft. Dabei handelt es sich um eine Konsequenz aus dem Ermittlungsdebakel im Fall der rechten Terrorzelle NSU. „V-Personen bedeuten für den Rechtsstaat mehr Schaden als Nutzen“, begründete Udo Wolf, Fraktionschef der Linken, am Montag im Innenausschuss einen entsprechenden Antrag seiner Partei.

Aber nur die Piraten stimmten mit den Linken. SPD und CDU votierten dagegen. Die Grünen enthielten sich. Dass der Antrag keine Mehrheit finden würde, war zu erwarten. Doch haben die Linken so zumindest noch mal „auf das größte Versagen der deutschen Sicherheitsbehörden seit dem Zweiten Weltkrieg“ hingewiesen, sagte Wolf.

Mordserie nicht verhindert

Hunderte V-Leute von Polizei und Verfassungsschutz waren bundesweit an der rechten Szene um das braune Terrortrio dran. Auch Berlin hatte V-Leute im Umfeld des NSU, aber die rassistische Mordserie verhinderte das nicht. Als Konsequenz aus dem Versagen hat die Berliner Polizei ihre Arbeitsorganisation im Herbst 2014 geändert. Dazu gehört, dass jede von einer V-Person gelieferte Information von der Polizei dokumentiert werden muss. V-Personen seien „unverzichtbare Quellen“, sagte Innensenator Henkel (CDU). Zumeist sei das die einzige Möglichkeit, in bestimmten Milieus Informationen zu erlangen.

Aktuell ist der Antrag der Linken auch wegen des zweiten NPD-Verbotsverfahrens. So verlangt das Bundesverfassungsgericht klare Beweise, dass V-Leute in NPD-Führungszirkeln abgeschaltet sind. Berlin tue alles, um das Verbotsverfahren nicht zu gefährden, so Henkel.

Benedikt Lux (Grüne) plädierte für die Beibehaltung von V-Leuten im Bereich organisierte Kriminalität und Islamismus. Auf dem Gebiet des Links- und Rechtsextremismus sei er jedoch für „Abschalten“. Die Piraten zeigten sich verwundert über den Spagat des Oppositionskollegen – dies sei mangelndes Rückgrat und ein Armutszeugnis grüner Politik, sagte Christopher Lauer (Piraten). Thüringen wird sich indes auch nicht von allen seinen V-Leuten trennen. Ausnahmen „zum Zweck der Terrorismusbekämpfung“ sind jedoch vorgesehen.

PLUTONIA PLARRE

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