: Heute soll Bescherung sein
CDU und GAL kündigen nach neun Verhandlungstagen für heute politische Entscheidungen an. Bei einem Nein zu Moorburg fordert der Vattenfall-Konzern 1,35 Milliarden Euro von Hamburg
VON SVEN-MICHAEL VEIT
Heute soll bei den schwarz-grünen Koalitionsverhandlungen „ein Gros der Entscheidungen“ getroffen werden. Das kündigte Bürgermeister Ole von Beust (CDU) gestern nach der neunten Verhandlungsrunde im Goethe-Institut an. Gut sechs Stunden lang sei über die Elbvertiefung, das Kohlekraftwerk Moorburg, Stadtbahn und andere Themen gesprochen worden, verriet er in einem knapp zweiminütigen Statement vor Presse. Und dass GAL und CDU sich „in einigen Punkten geeinigt haben, in anderen nicht“. Sprach’s und ging.
Als die Delegationen am Vormittag eintrafen, waren alle TeilnehmerInnen von längeren Verhandlungen ausgegangen. „Heute reden wir wohl so lange, bis wir zu Ergebnissen kommen“, mutmaßte Umwelt-Staatsrätin Herlind Gundelach (CDU). Denn es geht langsam ans Eingemachte, das die Möchtegern-Koalitionäre „Dickschiffe“ zu nennen pflegen. Über das Schicksal Moorburgs aber würde „wohl erst nächste Woche entschieden“, vermutete CDU-Umweltpolitiker Rüdiger Kruse.
Stellungnahmen zu neuerlichen möglichen Schadenersatzforderungen wollte gestern keiner der Unterhändler abgeben. Nach einer internen Aufstellung des Betreibers Vattenfall will dieser aufgrund einer vorläufigen Baugenehmigung seit November 2007 bereits Investitionen von 1,35 Milliarden Euro für Moorburg getätigt haben. Neben vorbereitenden Baumaßnahmen umfasst diese Summe vor allem Bestellungen für Turbinen, Dampferzeuger, Filter und dergleichen. Diese Summe könnte der Stadt in Rechnung gestellt werden, so die Botschaft der gezielten Indiskretion, falls der Bau des größten deutschen Kohlekraftwerks am Widerstand der Grünen scheitern sollte.
Unternehmenssprecherin Sabine Neumann mag die Zahlen weder bestätigen noch dementieren. Vattenfall sei „guter Dinge, das Kraftwerk bauen zu dürfen. Es gibt keinen Anlass für anderweitige Spekulationen.“
Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Hamburg hält das für „eine unseriöse Drohung“. Aus den Verträgen zwischen Stadt und Konzern ergebe sich, dass Vattenfall „definitiv auf eigenes Risiko baut“, sagt Landesgeschäftsführer Manfred Braasch. Das Unternehmen müsse sogar den früheren Zustand des Baugeländes wiederherstellen, wenn nach Ende des Planfeststellungsverfahrens keine endgültige Baugenehmigung erteilt werde.
Auch Greenpeace, das gestern vor dem Hühnerposten gegen Vattenfall und Moorburg demonstrierte, spricht von einer „Drohkulisse“. Sollte es geheime Nebenabsprachen zwischen dem bisherigen CDU-Senat und dem Energiekonzern geben, müssten diese jetzt offen gelegt werden, forderte der Energieexperte von Greenpeace, Karsten Smid.
Der Zeitplan von CDU und GAL sieht die Fertigstellung des Koalitionsvertrages am Donnerstag oder Freitag nächster Woche vor. Wenn Parteitage das Werk Ende April billigen sollten, würde die Wahl der ersten schwarz-grünen Landesregierung in Deutschland am 7. Mai in der Bürgerschaft auf der Tagesordnung stehen.
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