Motassadeq-Prozess: Die Wahrheit umzingeln
Die Bundesanwaltschaft hat sich weit aus dem Fenster gelehnt. Sie hat ihr Plädoyer mehr auf die Interpretation von Fakten als auf deren Darstellung gestützt. Sicher bleibt im Prozess gegen Mounir El Motassadeq nichts anderes übrig, als die verfügbaren Puzzlesteinchen zu einem Bild zusammenzusetzen. Kein Zweifel aber besteht daran, dass die Verteidigung bei ihrem Plädoyer ein ganz anderes Bild zeichnen wird – wofür es im Prozess ebenso Anhaltspunkte gab.
Analysevon ELKE SPANNER
Es ist das Wesen der Interpretation, sich auf eine Deutung festzulegen, weil auch andere denkbar sind. Und in diesem Fall stehen 15 Jahre Gefängnis auf dem Spiel. Es gibt keine Taten Motassadeqs, die kausal zu den Anschlägen vom 11. September geführt haben. Also muss das Gericht sich der Wahrheit anders nähern.
Es versucht, sie von außen einzukreisen. Über ZeugInnen, die Motassadeq mit den Attentätern an einem Tisch sitzen sahen und einschätzen sollen, ob seine Radikalität zur Unterstützung der Anschläge ausgereicht haben kann. Manchmal gab es dafür im Prozess Anhaltspunkte. Und ebenso oft Indizien für das Gegenteil. Ganze Prozesstage fielen aus, weil HauptbelastungszeugInnen schon nach einer Stunde nichts mehr zu berichten hatten.
Bei der Anklageerhebung waren bereits Zweifel laut geworden, ob mit dieser Methode jemand der Mordbeihilfe überführt werden könne. Zerstreut hat das gestrige Plädoyer diese Zweifel nicht.
ausführlicher Bericht SEITE 7
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