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Grüne verlangen Koalitionsrunde

Im Streit mit Clement um den Emissionshandel scharen sich die Grünen um Trittin. Schröder wollte Konflikt per Machtwort lösen. Grünen ist das Kanzleramt zu parteiisch

BERLIN taz ■ Der Streit um den Emissionshandel wird bald eine Koalitionsrunde beschäftigen. Wie die taz aus Kreisen der Koalition erfuhr, wird bereits nach einem Termin gesucht. Damit sind die Versuche des Kanzleramts wohl gescheitert, den Konflikt auf Ebene der Minister zu klären. Am Dienstag hatte Gerhard Schröder angedeutet, er werde den Konflikt per Machtwort klären, falls sich Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) und Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) nicht einigten. Die beiden Ministerien verhandeln seit zwei Monaten praktisch ohne Annäherung.

Vergangene Woche hatte Clement einen zwischen den Staatssekretären und dem Kanzleramt ausgehandelten Kompromiss überraschend abgelehnt. Im Kanzleramt dachte man nun daran, Clement deshalb noch ein wenig entgegenzukommen. Am Mittwoch verdichteten sich Gerüchte, der Kanzler wolle die beiden Minister zur Entscheidung zu sich laden. Doch das grüne Ministerium blockte ab. Dort will man im Moment keine weiteren Zugeständnisse machen. Auch empfinden die Grünen eine Konstellation Trittin mit Clement und dem industriefreundlichen Kanzler als „unangemessene 2:1-Konstellation“. Nun soll die Koalitionsrunde entscheiden.

In den vergangenen Tagen versammelten sich immer mehr Grüne hinter ihrem Minister. Auf der Fraktionssitzung der Grünen hielt der Wirtschaftspolitiker Fritz Kuhn eine engagierte Rede zugunsten des Emissionshandels, der ein wichtiger Bestandteil der zentralen „ökologischen Modernisierung“ sei. Damit verließ das Thema bei den Grünen endgültig den Kreis der Umweltpolitiker. Gestern machten Parteichef Reinhard Bütikofer und Fraktionschefin Krista Sager Druck auf Clement. Sager kritisierte, dass Clement den Eindruck erweckte, die Wirtschaft solle überbeansprucht werden. Sie glaube, die SPD verstehe, „wo auch grüne Grenzen sind“.

Die SPD-Abgeordneten standen dagegen auf ihrer Fraktionssitzung Teilnehmern zufolge nicht so einhellig hinter ihrem Minister. Zwar bekam Clement klare Unterstützung als Person, beim Emissionshandel aber überwog eher die Kritik. Auch Wirtschaftspolitiker kritisierten seine „bornierte“ Haltung.

Mittwochabend hatten die Fachpolitiker der Koalitionsfraktionen bereits zum dritten Mal die Minister eingeladen. Während Clement zum ersten Treffen gar nicht erschien und beim zweiten „Ablehnung pur“ signalisiert hatte, zeigte er sich diesmal freundlicher. Details wurden aber nicht verhandelt.

Der EU-weite Emissionshandel sieht vor, dass ab 2005 allein in Deutschland 2.300 Betriebe nur noch Kohlendioxid ausstoßen dürfen, wenn sie dafür Emissionsrechte besitzen. Ein Betrieb steht dann vor der Wahl, die Emission durch Modernisierung zu senken oder aber Rechte von anderen zuzukaufen.

Während Clement der Industrie bis 2007 so viel Rechte zusichern will, wie sie braucht, will Trittin bereits dann die Lizenzen verknappen – entsprechend der Selbstverpflichtung der Industrie von 2002. „Klimaschutz findet nur statt, wenn tatsächlich reduziert wird“, so seine Begründung. MATTHIAS URBACH

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