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Kampf um den Kern der Religion

Dem ungeliebten Fach „Biblische Geschichte“ geht es an den Kragen: Während die CDU will, dass an Schulen auch „Islamkunde“ angeboten wird, fordern die Grünen ein Fach „Religionskunde“ für alle

VON EIKEN BRUHN

Nein, eine „Pro-Reli“-Initiative nach dem Vorbild der Berliner Kirchen wird in Bremen derzeit nicht gegründet, sagt der Schriftführer der Bremischen Evangelischen Kirche, Renke Brahms. Schließlich ist in Bremen der Religionsunterricht nicht durch „Ethik“ als Regelfach ersetzt, auch wenn „Biblische Geschichte“ (BGU) in Bremen nicht in dem Umfang wirklich stattfindet, wie es sich die Kirchenvertreter wünschen. Doch auch damit könnte es bald vorbei sein, denn auf Initiative des Grünen-Abgeordneten Hermann Kuhn wird an einer Abkehr von der bremischen Tradition der „Biblischen Geschichte“ gearbeitet. Die war als Religionskunde gedacht in einer Zeit, in der es nur christliche Religionen gab in Bremen.

Der Anlass war zum einen eine Initiative der CDU, die parallel zum BGU ein Fach Islamkunde einführen möchte. Die SchülerInnen könnten dann wählen zwischen diesen beiden Fächern und Philosophie – oder sich ganz beurlauben lassen. Zum Zweiten hat im Dezember eine Mitgliederversammlung der Grünen dafür gestimmt, einen „bekenntnismäßig nicht gebundenen Unterricht in religiöser Geschichte“ einzuführen. Die Bildungsbehörde kündigte will das Thema innerhalb der nächsten Wochen öffentlich diskutieren. „Wir wollen eine möglichst breite Bürgerbeteiligung erreichen“, sagte die Sprecherin der Bildungssenatorin, Karla Götz. Die verschiedenen Religionsgemeinschaften sollen die Gelegenheit bekommen, ihre Standpunkte darzustellen.

Nicht, dass die nicht hinreichend bekannt wären. Die evangelische und katholische Kirche fürchten eine Verwässerung und finden, dass eine „reine Information über die Religionen zu wenig ist“, betont Renke Brahms gegenüber der taz. Auch das Argument der Grünen, ein solcher Unterricht böte die Chance, dass sich Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen mit Themen wie Homosexualität und Gleichberechtigung auseinandersetzen, will Brahms nicht gelten lassen. „Religion wird immer auf gesellschaftspolitische und ethische Fragen reduziert“, sagt er – und fordert eine Auseinandersetzung mit dem „Kern von Religionen“.

Anders sieht es Mehmet Kilinc, Sprecher der Bremer Schura, ein Dachverband islamischer Gemeinschaften. Er befürwortet einen Religionsunterricht, wie er den Grünen vorschwebt. „Da würden die Religionen endlich gleichberechtigt nebeneinander stehen“, sagt er. Allerdings stellt Kilinc eine Bedingung: Die Religionsgemeinschaften müssten an der Ausarbeitung des Lehrplans beteiligt werden, um sicherzustellen, dass die Religionen in ihrem Selbstverständnis „authentisch“ dargestellt werden. Er glaubt allerdings nicht, dass sich eine Abschaffung des BGU durchsetzen lässt und würde deshalb mit einer Einführung der Islamkunde vorliebnehmen. Was ihm daran nicht schmeckt: Die Hoffnung der CDU, damit den Moscheen Konkurrenz zu machen.

Doch gegen die Islamkunde, die in Bremen nur an einer Schule in Tenever angeboten wird, gibt es starke Widerstände – aus den Schulen. „Wir wollten die Islamkunde auch für den Bremer Westen“, sagt die Sprecherin der Bildungssenatorin, „aber die Schulleiter befürchteten, dass sich damit die Schülerschaft noch weiter aufspalten würde.“

Ob sich also die Grünen mit ihrem allgemeinen Religionsunterricht durchsetzen werden, hängt vor allem davon ab, ob und wie der Koalitionspartner SPD sich zu der Frage verhält. Einiges Gewicht wird auch das Wort des Regierungschefs Jens Böhrnsen haben, der nicht nur Kirchensenator ist, sondern persönlich auch gläubiger Christ. „Wir haben noch keine abgeschlossene Willensbildung“, sagt der SPD-Fraktionsgeschäftsführer Frank Pietrzok. In jedem Fall soll sich aber die Partei damit befassen, schließlich gehe es unter anderem um eine Änderung der Landesverfassung. „Aber natürlich stellen wir uns auch die Frage, wie man das unter einen Hut bekommt, dass ein großer Teil der Schüler keine Christen sind.“

Interessant wäre zu erfahren, was sich die Schüler und Schülerinnen selbst vorstellen. An den meisten Schulen wird BGU angeboten – wenngleich nur an drei der acht durchgängigen Gymnasien und nicht immer in der vorgeschriebenen Jahrgangsstufe. Auf ein allzu großes Interesse stößt das Fach aber offenbar nicht. Nach einer Erhebung aus dem Jahr 2005 nahmen im Land Bremen an weiterführenden Schulen 9.114 Jugendliche am BGU teil, 7.096 wählten Philosophie oder Islamkunde und 13.215 meldeten sich ganz ab.

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