: Nachdenken über anderes Berlin
Berliner Sozialbündnis und Gewerkschaften laden zu einem stadtpolitischen Kongress in die HU. Das Ziel: Alternativen zur rot-roten Sparpolitik beraten. Volksbegehren wird kontrovers diskutiert
VON RICHARD ROTHER
Sie ist unbeliebt und umstritten – die Sparpolitik des rot-roten Senats. Und heute und morgen auch Gegenstand eines stadtpolitischen Kongresses, den das linke Berliner Sozialbündnis gemeinsam mit den Gewerkschaften in der Humboldt-Universität (HU) veranstaltet. Das Motto: „Ein anderes Berlin ist nötig.“
Mit dem Kongress will das „Berliner Bündnis gegen Sozial- und Bildungsraub“ politische Alternativen zur Senatspolitik erarbeiten. Diskutiert werden ab morgen etwa Themen wie ein Schuldenmoratorium für die hoch verschuldete Hauptstadt, eine solidarische Steuerpolitik, die Privatisierungspolitik, Geschlechter- und Migrationsfragen. Auch die Themen Arbeit, Bildung und Hochschule stehen auf dem Programm.
Die Referenten und Referentinnen kommen überwiegend aus dem linken und Gewerkschaftsspektrum, den Auftakt machen heute ab 18 Uhr der ehemalige IG-Medien-Vorsitzende Detlef Hensche und Mag Wompel von der Initiative „labournet“.
Zudem will das Berliner Sozialbündnis mit der Tagung, zu der bis zu 500 Teilnehmer erwartet werden, auch die Kritiker des rot-roten Senats zusammenbringen. „Trotz der gemeinsamen Probleme haben die Betroffenen der Sparpolitik kaum einmal gemeinsam diskutiert“, so Mitorganisator Andreas Hallbauer. Zum Abschluss soll es um Strategien gegen die Senatspolitik gehen. Dabei kommen Befürworter einer linken Wahlalternative ebenso zu Wort wie Vertreter außerparlamentarischer Initiativen. Auch die Chancen der Zusammenarbeit zwischen Gewerkschaften und Basisgruppen sollen ausgelotet werden.
Kontroversen dürfte es allerdings um das Volksbegehren zur Abwahl des Senats geben (siehe Bericht unten). Manch einer befürchtet doch im Falle eines erfolgreichen Begehrens einen neuen Senat mit starker CDU-Beteiligung – dann wäre der Schuss nach hinten losgegangen. „Wir arbeiten auf die Wahl 2006 hin“, hieß es gestern beim Sozialbündnis. Das Volksbegehren sei davon unabhängig, in ihrer Senatskritik „ergänzen sich aber die Initiativen“. Zu einer offenenen Unterstützung des Abwahlbegehrens will sich das Bündnis aber nicht entschließen. Auf dem morgigen Abschlussplenum soll die Frage dieser und anderer strategischer Optionen noch einmal explizit debattiert werden.
In seinem Entwurf für einen stadtpolitischen Forderungskatalog zeigt das Bündnis, wohin die Reise gehen soll. Auf der Agenda stehen unter anderem die Rücknahme der Kürzungen im Sozial- und Bildungsbereich, die Rücknahme der Risikoübernahme für die Bankgesellschaft, ein Schuldenmoratorium für Berlin, das auf eine Streichung der über 50 Milliarden Euro Schulden des Landes zielt. Zudem fordert das Bündnis eine Haushaltspolitik, die große Einkommen stärker zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben heranzieht. „Der Senat soll sich öffentlich wahrnehmbar für eine steuerliche Umverteilung zu Lasten hoher Einkommen und Vermögen einsetzen.“
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