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Staatsanwalt ermittelt wegen Ostsee-Pipeline

Der russischen Energiekonzern Gazprom spendete sehr großzügig Geld, um gute Stimmung für die umstrittene Ostseegasleitung zu machen. Nun ermittelt in Schweden die Staatsanwaltschaft wegen Korruptionsverdacht

BERLIN taz ■ Lobbyisten des Gazprom-Tochterunternehmens Nordstream versuchen seit Jahren, den Widerstand in der schwedischen Politik gegen die geplante Ostsee-Gaspipeline von Russland nach Deutschland aufzuweichen. Doch das Einspannen von Politikpensionären für die Geschäfte des russischen Gaskonzerns sorgt in Schweden nun für böses Blut. Allzu großzügige Geldspenden haben jetzt auch die Antikorruptionseinheit der Justiz auf den Plan gerufen.

Auf der Gehaltsliste von Nordstream stehen unter anderem der Exbundeskanzler Gerhard Schröder, der ehemalige finnische Ministerpräsident Paavo Lipponen, aber auch seit nicht allzu langer Zeit zwei Vertreter aus der schwedischen Politikprominenz. Nordstream-intern sollen ihre Spitznamen „Mr Left“ und „Mrs Right“ sein: „Mr Left“, Dan Svanell, wurde vor einem Jahr von Nordstream engagiert. Er hatte als Pressemann und Ratgeber sieben sozialdemokratischen MinisterInnen gedient und verfügt über glänzende Beziehungen zu führenden SozialdemokratInnen. Dennoch gibt sich Svanell erstaunlich unwissend, wenn er nach der Rolle von Gazprom in der russischen Politik und Gesellschaft gefragt wird: Mit den Firmen, denen Nordstream gehört, kenne er sich weiter nicht aus, sagt Svanell. „Mrs Right“, Ulrica Schenström, war jahrelang engste politische Vertraute des amtierenden Ministerpräsidenten, des liberal-konservativen Fredrik Reinfeldt, und verfügt über frisches und für Nordstream wertvolles Wissen aus der Stockholmer Regierungszentrale. Hier wird in den nächsten Monaten über den Antrag des Baus der Pipeline entscheiden.

Was man mit „kleinen Geschenken“ aber so alles erreichen kann, hat Nordstream auf der schwedischen Ostseeinsel Gotland demonstriert. Widerstand aus Gotland könnte man in Stockholm nicht einfach ignorieren, da die Pipeline dort unmittelbar vor der Haustür verlegt werden soll. Doch eine noch vor zwei Jahren parteiübergreifende Opposition der dortigen KommunalpolitikerInnen hat sich auf wundersame Weise aufgelöst. Ein Politiker stimmte sogar gegen die eigene Nein-Resolution, die er einst eingebracht hatte.

Nordstream war großzügig auf Gotland. Das Unternehmen machte fast 7 Millionen Euro für einen neuen Hafen locker und stellte 1 Million Euro für ein Museum zur Verfügung. Ein Professor der örtlichen Universität hatte eine halbe Million Euro von der Gazprom-Tochter für eine Seevögelstudie erhalten. Er hatte vor möglichen negativen Auswirkungen des Pipelinebaus für Millionen von Seevögeln gewarnt, da das Umwühlen des Ostseebodens ihre Nahrungsgrundlage auf Jahre hinaus zerstören könnte. Für diese Spende interessiert sich nun die Staatsanwaltschaft. Das Sonderdezernat für Korruptionsdelikte hat eine Voruntersuchung wegen Bestechung eingeleitet.

Dirk von Ameln, Nordstream-Projektleiter, kann kein Problem mit der Großzügigkeit seiner Firma sehen. Sponsern habe nichts mit dem Versuch zu tun, Einfluss zu nehmen: „Es gibt da keine Konflikte. Das sind zwei Paar Schuhe.“ Mit der Übernahme „sozialer Verantwortung“ brüstet sich Nordstream in seinem Internetauftritt.

„Die Russen haben sich in Schweden die Akzeptanz gekauft“, sagt Stefaan de Maecker, Grünen-Vorsitzender auf Gotland. Er ist einer der letzten verbliebenen Pipeline-GegnerInnen unter der lokalen Politprominenz. REINHARD WOLFF

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