: Zehn Jahre Space Park Bremen – Chronik eines mehrfachen Scheiterns
Im Jahre 1995 war die Idee des Space Parks gescheitert – es hatten sich keine Investoren gefunden. Dann sprang auch noch die Dasa ab. Keine Betreiber, keine Bank
In den Jahren 1994 bis 1996 wurde unter „Space Park“ ein touristisches Besucherzentrum (ohne Einkaufspark) verstanden. Zu den Attraktionen des Space Park sollte ein Space Camp (Astronautentraining) und ein Kuppelkino gehören. Im Dezember 1994 war als Eröffnungstermin „Anfang 1998“ geplant. Die Freizeit-Marketingfachleute von Wenzel&Partner prognostizierten 1,3 Millionen Besucher pro Jahr, das Space Camp sollte 20.000 pro Jahr haben. Geplante Investitionssumme: 122 Millionen Mark, Kosten für die öffentliche Hand: circa 100 Millionen Mark (nach einer Schätzung des Ressorts aus dem Juni 1995). Neue Arbeitsplätze: Space Park-Tourismus 980, Einzelhandel 126, Gastronomie 500, zusammen 1606. Das Projekt soll nur verwirklicht werden, wenn sich private Investoren und Betreiber finden.
1995: Keine Investoren
Im Sommer 1995 gibt es mangels eines Hauptinvestors die Idee, zehn Gesellschafter zur Finanzierung zu finden. Die ersten drei Gesellschafter sollen DASA, Köllmann und die HVG (für Bremen) sein. Zugleich sichert sich die HVG die Deutschland-Lizenzen für das Space Camp. Bis Ende 1995 sollen private Investitionen in Höhe von 100 Millionen Mark aufgetrieben sein. Anfang 1996 beschließt die DASA definitiv, sich nicht an der Investition zu beteiligen.
„Designphase I“ scheitert
Unter den Planern der Köllmann-Gruppe wird die bei der DASA geborene Idee eines Space Parks zu der eines Entertainment-Centers fortentwickelt. (April 1996 – Juni 1997) Neben das Raumfahrtzentrum („Space Center“ mit IMAX-Kino, Fahrgeschäften etc. und Space Camp) sollen ergänzende touristische Bausteine treten (Hotel, Themengastronomie, Wellness, Auto-Image-Center, Kino, Clubs, Café, Airodium, Planet Neptun, 4.000 Quadratmter Shopping). Köllmann besteht darauf, dass der Space Park nur dann rentabel werden könne, wenn er in Kombination mit dem in Bremerhaven diskutierten „Ocean Park“ errichtet wird und im Umkreis von 300 Kilometern für beide Angebote in Kombination geworben werden könnte. Der Bremer Ausschuss für Wirtschaftsforschung (BAW) errechnet, dass sich die staatlichen Ausgaben für das Projekt in fünf Jahren amortisieren.
„Designphase II“ scheitert
Im Dezember 1996 wird eine Sondersitzung der Wirtschaftsförderungsausschüsse abgesagt, weil Köllmann keine Investoren hat und erreichen will, dass Bremen weit mehr als 100 Millionen Mark trägt. Im Juni 1997 heißt es in einem internen Zwischenbericht des Senats, dass mit den bisher eingeplanten Mitteln eine Projektrealisierung unmöglich sei.
Der Senat nimmt am 1.7.97 den Zwischenbericht zur Kenntnis und beschließt die Designphase II, für deren Planung er weitere 12,8 Millionen Mark zur Verfügung stellt. Weil die Eröffnung zur Expo 2000 geplant ist, macht der Senat Termindruck: Bis September 1997 sollen noch „offene Fragen der Kostensicherheit, des Betreiberkonzepts, des Finanzierungskonzepts und des Plausibilitätsnachweises zur wirtschaftlichen Tragfähigkeit“ geklärt werden. Erst Anfang September wird der Vertrag über die Designphase 2 unterzeichnet. Der Wirtschaftssenator Perschau erklärt, bis Ende Dezember müsse die endgültige Entscheidung gefallen sein, ansonsten „gilt die Proektrealisierung als gescheitert“.
„Heute würde ich nein sagen“
Auf einer denkwürdigen Pressekonferenz erklärt Wirtschaftssenator Josef Hattig im Februar 1998: „Würde ich den Sachverhalt heute entscheiden müssen, würde ich nein sagen. Die kaufmännische Größenordnung ist nicht substantiiert genug.“ Doch Hattig sagte „ja“ und setzt eine neue Frist: Bis zum 22. Juli 1998 soll die Köllmann-Gruppe ein „entscheidungsfähiges Betreiber- und Finanzierungskonzept vorlegen.“ Der Termin verstreicht. Ende 1998 ist klar: Es soll ein großes Einkaufszentrum (44.000 Quadratmeter Verkaufsfläche, über 10 Millionen Kunden im Jahr) und ein keines Space Center werden. Eröffnungstermin: 2001. Geplante Besucher im Space Center: 1,3 Millionen pro Jahr. Das BAW-Institut verspricht 2,3 Millionen Besucher für die touristischen Komponenten und insgesamt 3.360 Arbeitsplätze. Die C&L Deutsche Revision (beauftragt von Bremen) zweifelt das Wirtschaftlichkeitsgutachten der KPMG an und rät Bremen dringend, die möglichen Belastungen und Risiken zu minimieren. Am 7. Mai 1999 unterzeichnen FHB und Köllmann die neue Rahmenvereinbarung. Bremen verpflichtet sich zu seinem Mitteleinsatz, sofern Köllmann bestimmte Bedingungen erfüllt (Garantie der deutschen Bank, Mietverträge für Space Center, Einzelhandelsbereich und Gastronomie). Die Degi, Immobilien-Tochter der Dresdner Bank, kauft das Space-Park-Grundstück Ende Dezember 1998 und wird die Bau-Investitionen übernehmen. Der Grundstückspreis wird postwendend am 13.1.1999 auf das Konto der ELC, einer Köllmann-Tochter, überwiesen, die es der damals schon klammen Mutterfirma nach Frankfurt transferiert.
Baubeginn 2000 – Ende
Juni 2000: Hattig tätigt den symbolischen ersten Spatenstich. Oktober 2000: Köllmann kann die Mietverträge für Einzelhandel und Restauration nicht vorlegen. Bremen akzeptiert, dass Köllmann selbst die Mietgarantie übernimmt. Am 4.3.2002 erklärt Köllmann in einem Brief an den Wirtschaftssenator, dass er den Weiterbau nicht mehr finanzieren kann. Anstelle der Köllmann-AG steigt die Degi beim Space Center ein. Mit der Rahmenvereinbarung von September 2002 beschließen Degi und Bremen die Fortführung des Projektes und wollen sich die Kosten für die Attraktionen des Space Centers teilen. Die DEGI hat mit der Vermarktung des Shopping-Teils keinen Erfolg. Im April 2003 wird beschlossen, zum 19.12.2003 das Space Center alleine zu eröffnen. Im März 2004 wird offiziell bekannt, dass die Dresdner Bank so schnell als möglich aus dem Projekt aussteigen will. fd/kawe
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