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Jüdischen Ansprüchen droht Verfall

Bundesverwaltungsgericht knüpft Entschädigung von Holocaust-Überlebenden für Enteignungen durch die Nazis auf dem Gebiet der späteren DDR an Bedingungen. Jewish Claims Conference fürchtet nach dem Urteil neue bürokratische Hürden

von ANDREAS SPANNBAUER

Für einige Enteignungen von Juden während des Nationalsozialismus wird es möglicherweise keine Entschädigung geben. Nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts müssen Entschädigungsanträge für geraubtes Vermögen auf dem Gebiet der späteren DDR Angaben zu konkreten Unterlagen enthalten, aus denen sich das beanspruchte Grundstück und der frühere Eigentumer feststellen lassen. Das entschied das Gericht gestern in Leipzig. Damit droht zumindest ein Teil der Forderungen der Jewish Claims Conference (JCC) zu verfallen. Die JCC nimmt Entschädigungsansprüche wahr, wenn diese von den Betroffenen oder ihren Erben nicht geltend gemacht werden; das Geld fließt in die Betreuung von Holocaust-Überlebenden.

Nach dem Vermögensgesetz musste die Organisation jedoch mögliche Ansprüche bis Ende 1992 mit präzisen Angaben begründen. Diese genauen Informationen gab es aber damals oft nicht: Weil die Enteignung der Juden in der DDR kein Thema war, kämpfte die JCC mit Kisten von unsortiertem Papier. Um keine Ansprüche verfallen zu lassen, reichte die Organisation 1992 eine so genannte Globalanmeldung ein, über die das Gericht nun zu entscheiden hatte. Mit ihr sollten alle Entschädigungsansprüche für Vermögen angemeldet werden, bei denen sich nach Fristablauf Hinweise auf eine Enteignung finden.

In dem strittigen Fall hatten die Nazis 1937 eine Jüdin zum Verkauf ihres Grundstücks gezwungen. Der spätere Besitzer musste 1984 der Umwandlung in Volkseigentum zustimmen. Als die JCC 1994 auf den Fall aufmerksam wurde, beantragte sie die Rückübertragung. Das Berliner Verwaltungsgericht gab jedoch im Oktober 2002 dem in der DDR enteigneten Besitzer Recht, der gegen die Rückübertragung geklagt hatte. Das Bundesverwaltungsgericht hob dieses Urteil jetzt auf. Die Richter erklärten eine Globalanmeldung grundsätzlich für zulässig, falls darin auf konkrete Unterlagen verwiesen wird. Es genüge aber nicht, wenn pauschal alle Vermögen angemeldet würden, bei denen sich aus nicht näher bezeichneten Unterlagen ergeben solle, dass sie Juden durch die Nazis entzogen worden seien.

Bei der JCC sorgt die Entscheidung für gemischte Gefühle. Der Direktor der JCC in Deutschland, Karl Brozik, begrüßte zwar die grundsätzliche Anerkennung der Globalanmeldungen. Gleichzeitig warnte er aber vor der „Errichtung unüberwindbarer bürokratischer Hürden“, durch die ein Teil des geraubten Vermögens beim Staat oder den Erben der Entzieher verbliebe. Bisher sei nicht klar, welche Anforderungen an spätere Antragspräzisierungen gestellt würden. JCC-Rechtsanwalt Stefan Minden bestätigte gegenüber der taz, dass ein Teil der Ansprüche zu verfallen droht. Minden nannte das Urteil eine „unangemessene Förmelei“, die eine schnelle Wiedergutmachung erschwere. „Wenn sich die Entschädigung verzögert, werden sie einige nicht mehr erleben.“ Bisher sind zwei Drittel der rund 100.000 Verfahren abgeschlossen.

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