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Jobkampf statt Wahlkampf

Sozialdemokraten in Nordrhein Westfalen streiten über den parteiinternen Sparkurs. Statt die Kommunalwahl 2004 vorzubereiten, müssen die Unterbezirke um Geld und Posten kämpfen

VON MARTIN TEIGELER

Der von der Landes-SPD eingeschlagene Sparkurs wird von zahlreichen Vertretern der Parteibasis abgelehnt. In einer Kampfabstimmung hatte der NRW-Parteirat am Samstag mit knapper Zweidrittel-Mehrheit beschlossen, dass die Unterbezirke rund 3,1 Millionen Euro an die Düsseldorfer Zentrale abführen müssen. Die rheinischen Unterbezirke stimmten fast geschlossen gegen den Vorschlag. „Was jetzt beschlossen wurde, ist ein Schnellschuss, der nach hinten losgehen kann“, sagt ein SPD-Unterbezirksgeschäftsführer.

Seit Jahresbeginn haben über 8.000 Genossen der Partei an Rhein und Ruhr den Rücken gekehrt. Neben wegfallenden Beitragseinnahmen belasten Altschulden in Höhe von 8 Millionen Euro die NRW-SPD. Bei der Sitzung am Samstag schlugen Vertreter der SPD-Region Westliches Westfalen vor, 20 Prozent des Geldvermögens der Unterbezirke für den maroden Landesbezirk zu kassieren. Zusätzlich soll die Zahl der Unterbezirksgeschäftsführer von 54 auf ungefähr 30 zusammengestrichen werden. Fast alle rheinischen Unterbezirke stimmten gegen den Vorschlag. Die SPD-Region Mittelrhein mit den Verbänden Aachen, Köln, Leverkusen und Bonn stellt gut ein Viertel der Delegierten in dem 100-köpfigen Landesparteirat. Auch aus der westfälischen SPD kamen einzelne Nein-Stimmen.

„Ich habe dagegen gestimmt“, sagt Euskirchens SPD-Vorsitzender Uwe Schmitz. Die beschlossenen Sparmaßnahmen seien falsch und bedrohten die politische Handlungsfähigkeit der Partei. „Im nächsten Jahr werden uns rund 16.000 Euro fehlen“, sagt Schmitz. Das seien 40 Prozent des Unterbezirksetats: „Das ist nicht zumutbar.“ Der Landesparteitag im Februar müsse das Thema noch einmal diskutieren. Andere Kritiker des Sparkurses bemängelten in der Parteiratssitzung die schlechte Kommunikation und Hektik bei der Entscheidungsfindung. „Warum jetzt derart weitreichende Beschlüsse fassen“, fragt ein Unterbezirks-Vertreter.

„Das wird schwierig für den Kommunalwahlkampf“, sagt der Duisburger SPD-Geschäftsführer Siegfried Ambrosius. Angesichts der schmerzvollen Kürzungen müsse der Etat für den Urnengang neu geplant werden. Gerade jene Hauptamtlichen, die für den Wahltag im September 2004 planen sollen, haben jetzt ganz andere Sorgen. Fast die Hälfte der Parteisekretäre soll gehen. „Sozialverträglich“, wie die Parteispitze verspricht. „Um meinen Job mache ich mir keine Sorgen“, sagt Siegfried Ambrosius. Duisburg sei immer noch starker SPD-Verband. „Hier braucht man professionelle Kräfte.“ Für andere Profigenossen könnte es demnächst heißen: Jobkampf statt Wahlkampf.

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