: Datentransfer am Polizei-PC
Nach jahrelanger Wartezeit soll die Polizei nun doch ihr neues Computersystem Poliks bekommen. Noch stürzen die Rechner häufig ab. Aber das sei normal in einer Testphase
Anfang des kommenden Jahres soll bei der Berliner Polizei das moderne Computerzeitalter beginnen. Mitte Januar 2005 will man das neue Poliks-System (Polizeiliches Landessystem zur Information, Kommunikation und Sachbearbeitung) offiziell in Betrieb nehmen. Es soll das bisherige, Mitte der 70er-Jahre installierte und überalterte „Informationssystem Verbrechensbekämpfung“ (ISVB) ablösen.
Das neue System war schon deshalb notwendig geworden, weil eine Anbindung des ISVB an das bundeseinheitliche Fahndungssystem Inpol-neu (Informationssystem Polizei) beim Bundeskriminalamt in Wiesbaden und an das Schengen-Informationssystem SIS nur noch zeitlich begrenzt möglich ist.
Bereits seit dem September wird das neue Computersystem – an dem schon seit Anfang 2000 gearbeitet wird – getestet. Zwar ist aus den Reihen der Beamten und Beamtinnen, die seit Wochen auf das neue Poliks-System umgeschult werden, zu hören, dass das Programm immer wieder abstürzt, doch Ulrich Bechem, der verantwortliche Leiter der Abteilung Informations- und Kommunikationstechnik (IuK) im Polizeipräsidium, zeigt sich dennoch optimistisch. Solche Schwierigkeiten seien nun einmal auch Bestandteil einer Testphase, sagt er, „das müssen die ertragen“.
Mitte Januar will Bechem Poliks zunächst in einem Pilotversuch in den polizeilichen Alltagsbetrieb schicken. Wenn dabei alles gut geht, soll nach derzeitiger Planung im März 2005 der komplette Umstieg erfolgen. Dann kommt der kritischste Moment des ganzen Unternehmens, denn der Technikwechsel muss nicht nur im laufenden Betrieb stattfinden. Problematischer ist der Datentransfer selbst. Sind die Daten des alten Systems endgültig auf Poliks überspielt, befindet sich die Polizei in einer so genannten Big-Bang-Situation. Spätestens nach 48 Stunden ist kein Zurückschalten mehr auf das alte System möglich. Zumindest gegenwärtig sieht Bechem darin jedoch keine Schwierigkeiten. „Wir haben eigentlich eine entspannte Lage“, sagt er. Seit Mitte 2004 sei auch das alte ISVB, das früher „stundenweise“ ausgefallen war, wie Kriminalbeamte häufig beklagt haben, „wieder flottgemacht“. Im Ernstfall könne man das ISVB somit auch noch eine Weile länger am Netz lassen. Es bestehe also kein unmittelbarer Druck und alles könne „sauber getestet“ werden.
Ursprünglich sollte Poliks schon im Januar 2004 an den Start gehen. Doch hausgemachte technische Schwierigkeiten, Finanzprobleme und nicht zuletzt die Stümperei beim Aufbau des neuen Inpol-Zentralcomputers beim BKA haben das rund 70 Millionen Euro teure Projekt immer wieder verzögert. Mit einem Jahr Verspätung soll es nun also tatsächlich so weit sein, rund 8.000 PC-Arbeitsplätze für die etwa 15.000 Polizisten sind bereits installiert.
Aus den Kreisen der Ermittler ist die Kritik weitgehend verstummt. Noch vor einem Vierteljahr hatte sich Lutz Hansen, Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), noch skeptisch gezeigt, dass der Zeitplan für den Systemwechsel dieses Mal tatsächlich eingehalten werden könne. Doch auch Hansen ist inzwischen zuversichtlich. Er sieht die Probleme nun eher auf Seiten der Ordnungshüter selbst.
Für die Polizeibeamten werde der Umstieg vom gewohnten ISVB auf das neue System „sicher schwierig“, meint er, denn Poliks sei „nicht gerade anwenderfreundlich“. Hier werde man wohl abwarten müssen, wie schnell sich die Beamten an das neue System gewöhnten, wenn sie im unmittelbaren polizeilichen Alltag sähen, welche Vorteile sich durch den Zugriff auf erweiterte Datensätze ergäben.
OTTO DIEDERICHS
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