piwik no script img

Auf dem Schoß des Botschafters

Nachdem neue Details über die Beratertätigkeit von Ludger Volmer aufgetaucht sind, fordern Union und Parteibasis noch vehementer einen Rücktritt des außenpolitischen Sprechers der Grünen. Doch deren Fraktionsführung will davon nichts wissen

VON LUKAS WALLRAFF

Ludger Volmer bleibt im Amt. Zumindest vorerst. Die Fraktionsführung der Grünen im Bundestag sah gestern jedenfalls keinen Anlass, Konsequenzen aus der privaten Tätigkeit ihres außenpolitischen Sprechers für die Auslandsbeteiligung der Bundesdruckerei „International Services“ zu ziehen. Rücktrittsforderungen von Unionspolitikern und Grünen-Kreisverbänden wurden zurückgewiesen.

„Es hat sich nichts an der Bewertung geändert, dass Ludger Volmer die geltenden Regeln eingehalten hat“, sagte ein Fraktionssprecher der taz, nachdem die Welt gestern neue Details über die Aktivitäten von Volmers Beratungsfirma „Synthesis“ veröffentlicht hatte.

„Beim Botschafter/Botschafterin auf dem Schoß sitzen – die wesentlichen Gesprächspartner (…) treffen – diese und weitere Wirtschaftsvertreter über Botschaft zusammenführen.“ So beschrieb der Partei- und Geschäftsfreund Volmers, Burkhard Hoffmeister, in einer Mail an die Bundesdruckerei die „Methode“ der gemeinsamen Firma, die für ihre Beratungstätigkeiten in den Jahren 2003 und 2004 rund 400.000 Euro von der Bundesdruckerei erhalten haben soll. In einer Mail vom März 2004 an den deutschen Botschafter in Vietnam und dessen Gesandten schrieb Hoffmeister: „Herzliche Grüße von Dr. Ludger Volmer. Er legt ausdrücklich Wert auf exponierte Übermittlung dieser Grüße an Sie beide.“ Mehrfach bat Volmers Firma die deutsche Botschaft um Unterstützung bei der Anbahnung von Aufträgen für die Bundesdruckerei, die in Vietnam Personaldokumente verkaufen wollte.

Volmer erklärte gestern gegenüber Spiegel online, die zitierten Mails nicht zu kennen: „Das sind interne Unterlagen, die illegal an die Welt gelangt sind.“ Er sehe, „dass meine Feinde mittlerweile mit kriminellen Methoden arbeiten“, sagte Volmer, dies ändere aber nichts an seiner Darstellung, zwischen politischem Mandat und beruflicher Tätigkeit sauber getrennt zu haben. Hoffmeister kündigte an, „Synthesis“ werde wegen der Weitergabe der Unterlagen Anzeige gegen unbekannt erstatten.

Bei den Grünen in Berlin hieß es, die Veröffentlichungen enthielten „keine wirklich neuen, problematischen Fakten“. Volmer, hieß es, könne nur an den Regeln gemessen werden, die für Abgeordnete gelten – und die habe er eingehalten. Dass die Firma des Ex-Staatsministers im Auswärtigen Amt enge Kontakte zu deutschen Botschaften unterhalten habe, sei kein Problem. Für Firmen, die im Ausland arbeiten, sei es „normal, dass sie sich an die Botschaften um Unterstützung wenden“, hieß es.

Die Union kam, wie nicht anders zu erwarten, zu ganz anderen Schlüssen. Der CDU-Obmann im Visa-Untersuchungsausschuss, Eckart von Klaeden, erklärte, Volmers Vorgehen sei „die dreisteste Verquickung von Amt und Mandat, die mir bisher untergekommen ist“. Der parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Peter Ramsauer, verlangte, die Grünen müssten Volmer aus dem auswärtigen Ausschuss zurückziehen. „Die fachliche Zuständigkeit darf keinen Anlass mehr bieten, Mandat und Geschäft so schamlos zu vermengen“, erklärte CSU-Mann Ramsauer. Bedrohlicher ist für die Grünen-Führung, dass auch eigene Parteifreunde die Geduld verlieren. „Es scheint tatsächlich eine Verquickung zwischen Politik und privatwirtschaftlichem Interesse zu bestehen“, schrieb der Vorsitzende des grünen Kreisverbands Ettlingen in Baden-Württemberg, Jörg Rupp, an die Partei- und Fraktionsspitze. Das sei „sehr eindeutig“ aus dem zu entnehmen, was die Presse berichte, „und dem, was wir von euch per E-Mail zu dieser Thematik hören“. Man empfehle „Ludger mindestens den Rücktritt vom Sprecherposten und euch, darauf hinzuwirken, dass dieser Rücktritt möglichst rasch erfolgt“. Zuvor hatte bereits der NRW-Kreisverband Mettmann Volmers Rücktritt gefordert.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen