: Mieter muss Vermietertricks beweisen
BGH spricht Mietern aber Schadenersatz im Fall vorgetäuschter Eigenbedarfskündigung des Vermieters zu
FREIBURG taz ■ Gegen eine Eigenbedarfskündigung des Vermieters kann sich ein Mieter kaum wehren. Umso ärgerlicher, wenn der Vermieter anschließend gar nicht in die angeblich dringend benötigte Wohnung einzieht. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun bestätigt, dass der Mieter Schadenersatz verlangen kann, wenn der Eigenbedarf des Vermieters nur vorgetäuscht ist. Die Beweislast für die Tricksereien des Vermieters liegt nach der gestrigen Entscheidung allerdings beim ehemaligen Mieter – was solche Klagen deutlich erschwert.
Geklagt hatte eine Frau aus Mannheim. Sie musste zum 1. September 1999 aus einer Erdgeschosswohnung ausziehen, weil ihr Vermieter diese Wohnung künftig selbst nutzen wollte. Bis dahin wohnte der Vermieter im Souterrain des Hauses. Dann verging einige Zeit mit Renovierungsarbeiten, bis die Erdgeschosswohnung Mitte 2002 doch anderweitig vermietet wurde. Der Vermieter hatte sich entschieden, lieber in seiner Souterrainwohnung zu bleiben.
Die ehemaligen Mieter fühlten sich gelinkt. Nach ihrem Eindruck war der Eigenbedarf des Vermieters nur vorgetäuscht, um kündigen zu können. Sie verlangen nun Schadenersatz für die Umzugskosten und dafür, dass sie in ihrer neuen Wohnung mehr Miete zahlen müssen. Beim Landgericht Mannheim hatten sie mit dieser Klage Erfolg. Der Vermieter konnte nicht beweisen, dass der 1999 angemeldete Eigenbedarf zu diesem Zeitpunkt tatsächlich bestand.
Der BGH hat diese Entscheidung nun aufgehoben und die Beweislast anders verteilt. Der Vermieter müsse zwar „substantiiert und plausibel“ erklären, warum der behauptete Eigenbedarf später weggefallen ist. Wenn ihm dies gelinge, müsse dann jedoch der Mieter beweisen, dass die ganze Geschichte erfunden war. Bei einem schwer aufklärbaren Sachverhalt trägt also der Mieter das Risiko. Im konkreten Fall machte der Vermieter geltend, er habe erst nach seiner Heirat Anfang 2002 den Plan, in das Ergeschossapartment zu ziehen, aufgegeben, denn als Ehewohnung sei es zu klein gewesen. In einer neuen Verhandlung muss sich nun das Landgericht Mannheim erneut mit dem Fall befassen. (Az.: VIII ZR 368/03)
CHRISTIAN RATH
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