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Til Schweiger in BelarusDriften für Diktatoren

Nicholas Potter
Kommentar von Nicholas Potter

Schauspieler Til Schweiger gerät vor Journalisten in Belarus ins Schleudern. Sein Lob für den autokratischen Staat dürfte Machtinhaber Lukaschenko freuen.

Foto: Zoonar/imago

D ie Meldung ist zwar bitter, aber, wenn wir mal ehrlich sind, irgendwie nicht sonderlich überraschend: Til Schweiger macht Werbung für Belarus. Der deutsche Schauspieler und Regisseur ist für Dreharbeiten zu einem Werbespot dorthin gefahren. Und er fand glühende Worte für Lukaschenkos Diktatur, ausgerechnet gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur BelTA. „Mein Eindruck ist, dass es ein sehr sauberes und sicheres Land ist“, sagt er in seinem holprigen Urlaubsenglisch in einem Video, das am Samstag auf Youtube veröffentlicht wurde und den Titel „Früher waren die Russen die Bösen!“ – ein Schweiger-O-Ton – trägt.

Es ist eine Art Pressekonferenz für eine Blockchain-Sports-Agentur, die Schweiger bewerben soll. Aber eigentlich geht es in dem Video mehr um das Land selbst als um das Produkt, das er eigentlich verkaufen soll. Schweigers Antworten werden von einer Moderatorin ins Russische übersetzt. Es ist an vielen Stellen schlicht probelarussische Propaganda. Dazwischen werden Clips aus dem Werbespot eingeblendet: Schweiger driftet in einem gebrandeten Blockchain-Sportauto, bevor er im Anzug einen roten Teppich herunterläuft.

„Ich mag die Menschen hier, sie sind freundlich und lächeln immer“, nuschelt Schweiger. Er sei bereits mindestens zehn Mal in Moskau gewesen, aber noch nie in Belarus. „Daher war ich neugierig, weil ich die besten Dinge über das Land gehört habe.“ Er habe erst mal gegoogelt, „wie groß Minsk ist“.

Schweiger scheint es in der belarussischen Hauptstadt gutzugehen. Er habe ein gutes Hotel, möge das Essen, die Menschen seien freundlich. „Die Filmproduktion hat mir sogar einen Arzt organisiert, der mir eine Vitamin-Infusion verabreicht hat, sodass ich mich wie neugeboren fühle.“

Wellness und Propaganda

So macht Schweiger offenbar irgendwas zwischen Wellness-Retreat und Propaganda für ein brutales Regime, das Oppositionelle einsperrt, niederknüppelt, foltert. Ein Regime, das den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstützt, in dem es keine freien Wahlen gibt, das laut russischen Oppositionellen Putin zu einigen der autoritärsten Maßnahmen inspiriert hat. Doch all das scheint Schweiger überhaupt nicht zu stören. Hauptsache Infusion, Hauptsache Aufmerksamkeit.

Man ist von Til Schweiger einiges gewohnt. Die Messlatte der Erwartungen liegt bei ihm so niedrig, dass man nicht mal über sie stolpern kann. Und der Kinodarling von uninspirierten, aber lukrativen Filmen wie „Keinohrhasen“ (2007) oder „Zweiohrküken“ (2009) ist schon längst Geschichte.

Stattdessen gibt es nur noch den selbstverliebten Keinverstandschweiger, der während der Covid-Pandemie gegen Kinderimpfungen schwurbelte oder am Filmset mit aggressiven, ­alkoholisierten Tiraden für Schlag­zeilen sorgte. Den Schweiger, der darum kämpft, relevant und rentabel zu bleiben.

Späte Klarstellung

Dass dabei nicht nur positives Feedback zurückkommen kann, merkt er selbst und stellt seine Absichten auf Instagram klar: Seine Aussagen seien aus dem Zusammenhang gerissen ­worden und er unterstütze keine ­politischen oder ideologischen Haltungen.

Das hätte er sich auch vor seiner Reise überlegen können. So scheint es, als ob sich Möchtegern-Strongman Schweiger von dem tatsächlichen Strongman Lukaschenko blenden lässt. Wundern würde es nicht.

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Nicholas Potter
Redakteur
Nicholas Potter ist Redakteur bei taz zwei. Der britische Journalist schreibt über Medien und Gesellschaft, Neonazis und Nahost, Antisemitismus und Rassismus. Er ist Herausgeber des Buches "Judenhass Underground: Antisemitismus in emanzipatorischen Subkulturen und Bewegungen", 2023 im Verlag Hentrich & Hentrich erschienen. Er studierte in London und Berlin.
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10 Kommentare

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  • Zufällig Reklame in Belarus drehen? Kann jedem von uns passieren. Da braucht man sich gar nicht zu chauffieren.

    Si tacuisses - wenn Du der Schweiger geblieben wärst...

  • Zu einem Werbevideo nach Belarus?



    Da erübrigt sich jeder Kommentar.

  • Keinhirnhase 🐰

  • Ja wie? Spätfolgen von - nix Schauspielschule!



    Lieber verschärft in die Muckibude! 🥊 🥊



    Zum 🧠 erweichen - Six-Pack - muß reichen •

  • Ach hättest Du doch mal geschwiegen, Till. Man hätte es vielleicht doch für Intelligenz gehalten.

    • @vieldenker:

      Vieldenker, haben Sie das Video überhaupt gesehen?

      • @Stefan L.:

        Ja, Sie auch?

  • Nach Ansicht des ganzen Videos kann ich die Kritik nicht so recht nachvollziehen. Schweiger äußert sich überhaupt nicht über Politik, er erwähnt Lukaschenko nicht, und seine etwas oberflächliche Freundlichkeit gegenüber Land und Leuten ist das, was man von einem Gast erwarten kann. - Die Aussage "Früher waren die Russen die Bösen" bezieht sich auf die Nationalität der Schurken in Hollywood-Streifen, die Pointe ist ja, dass die Schurken inzwischen häufiger Deutsche sind. Lustig ist freilich ein Übersetzungs-Mißverständnis nach 1:20, wo es um die Größe der Bevölkerung geht.

    Mir ist eine solche oberflächliche Freundlichkeit jedenfalls lieber als eine Hasspredigt.

    • @Kohlrabi:

      Rassismen - denn genau das sind Annahmen zu kollektiven Eigenschaften von Völkern (hier: angebliche Freundlichkeit von Weißrussen) - sind nicht das was ich von einem Gast erwarte.

      "dass die Schurken inzwischen häufiger Deutsche sind. " Wo? Häufiger als wann?

    • @Kohlrabi:

      Selbst wenn das alles stimmt - und niemand wird bezweifeln, dass es in Belarus jede Menge freundliche Leute gibt - was bitte schön hat ein SchauspielerProduzentRegisseur Schweiger überhaupt in Belarus zu suchen und dort Pressetermine zu geben ? Jede öffentliche Aktivität dieser Art dient immer der Imagepflege des Regimes. Will er für Belarus den Til Riefestahl machen? Es gibt andere Länder, die Arbeitsfelder bieten.



      Nebenbei bemerkt, muß jede(r) Besucher aus dem Westen -prominent oder nicht- in Russland und Belarus jederzeit damit rechnen unter fadenscheinigen Vorwürfen verhaftet zu werden, wenn die Diktatoren aus irgendwelchen Gründen zum Schluß gekommen sind, dass sie eine Geisel brauchen, um irgend eine Forderung durchzusetzen. Zum Beispiel die Freilassung eines eigenen Spions im Westen.