blockiert: Wer den Rechtsstaat sabotiert, muss verboten werden
Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung müssen nicht unbedingt kämpferisch-aggressiv sein. Das hat Nordrhein-Westfalens Oberverwaltungsgericht in Sachen AfD-Beobachtung durch den Verfassungsschutz festgestellt. Auch durch legale Aktivitäten kann man dem System Schaden zufügen.
Wer Zweifel daran hat, muss sich tatsächlich nur die AfD Niedersachsen anschauen: Es muss ja nicht immer Volksverhetzung sein. Durch ihre Aktivitäten zwingt sie Gerichte und das Staatsrecht sowieso, sich mit ihr zu beschäftigen. Sie steht im Mittelpunkt von zivil- und strafrechtlichen Verfahren, mal wegen Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung, mal wegen unsauberer Abrechnungen, mal wegen mehr als dubiosen Geldflüssen in zeitlicher Nähe zur Listenaufstellung. Dass parteiinterne Streitigkeiten und Rachefeldzüge gegen Ex-Mitglieder oder von ihnen in unschöner Regelmäßigkeit den Posteingang von Landgerichten verstopfen, ist aus zahlreichen Bundesländern von Thüringen bis Bremen überliefert.
Nun musste sich das OLG Celle mit der AfD-„Kriegskasse“ beschäftigen
Am Montag nun war der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts in Celle letztlich dazu verdonnert, ein Säumnisurteil in der Sache Schledde gegen Emden zu verhängen. Der AfD-Landesvorsitzende Ansgar Schledde war in Berufung gegangen gegen eine Entscheidung des Landgerichts Celle. Das hatte die Behauptung von Christopher Emden, 2017 für die AfD in den Landtag eingezogen, für glaubwürdig gehalten, dass sechs der aktuellen AfD-Abgeordneten an Schledde insgesamt 14.000 Euro bezahlt haben, um vorn auf der AfD-Wahlliste zu landen.
Das Geld wurde von ihnen gezahlt, das steht fest. Der Verwendungszweck ist noch immer unbekannt. Nur eben der gewesene AfD-Mann Emden bezeugte in Celle durch Abwesenheit im Verfahren dem Justizsystem seine Hochachtung. Der Mann ist selbst übrigens Richter und angeblich gehört er der AfD nicht mehr an, aber ob er deshalb in den Dienst am Rechtsstaat zurückgekehrt ist, darf bezweifelt werden: Denn so bleibt die Frage offen, die nach deutschem Verständnis schon wichtig fürs Demokratieprinzip der Wahlen ist, nämlich: Dass Posten, Mandate und auch Listenplätze frei und für jeden zugänglich, nicht aber käuflich sind. Stattdessen gehen wir auch dort in die nächste Runde: Es ist klar, dass Emden sein Recht kennt, erneut die von ihm nun gleichsam erzwungene Entscheidung des Oberlandesgerichts anzufechten. Es gilt als wahrscheinlich, dass er’s tut.
Wie die AfD die ohnehin stark belasteten Gerichte regelrecht besetzt, darauf sollte der Verfassungsschutz einen gesonderten Blick werfen: Es wäre naiv anzunehmen, dass die Häufung der AfD-bezogenen, oft erkennbar querulatorischen Verfahren Zufall wäre. Sie lässt auf eine Strategie der Sabotage schließen. Funktionierende Gerichte aber sind Garant der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Wer sie sabotiert, gehört verboten. Anders kann sie sich nicht schützen. Benno Schirrmeister
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