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ArtensterbenIgel ist bedrohte Art

Die Weltnaturschutzunion stuft die Tierart erstmals als „potenziell gefährdet“ ein. Und es gibt noch einen anderen Neuzugang auf der Negativliste.

Igel werden von der Weltnaturschutzunion als „potenziell gefährdet“ eingestuft Foto: Patrick Pleul/dpa

Gland/Berlin dpa/taz | Die Zahl der westeuropäischen Igel geht nach Angaben der Weltnaturschutzunion (IUCN) stark zurück. Sie hat den Winterschläfer in ihrer Roten Liste der bedrohten Arten erstmals als „potenziell gefährdet“ eingestuft.

Das Problem sei der Mensch, so die IUCN: „Insbesondere die Zerstörung ländlicher Lebensräume durch Intensivierung der Landwirtschaft, Straßen und Stadtentwicklung führt zu einem Rückgang des westeuropäischen Igels“, heißt es. Nicht nur der Schwund von Lebensräumen bedroht die Tierart, auch Gedankenlosigkeit kann zum Problem werden: So werden in westlichen Ländern zunehmend Rasenmäherroboter in Gärten eingesetzt – die die Tiere häufig schwer verletzen oder töten.

Der westeuropäische Igel (Erinaceus europaeus) kommt unter anderem in Deutschland und Österreich, den Benelux-Ländern, Skandinavien und Großbritannien vor. Innerhalb der vergangenen zehn Jahre sei die Anzahl nach Schätzungen je nach Land um zwischen 16 und 33 Prozent zurückgegangen. Im Flandern in Belgien und in Bayern sei es ein Rückgang um 50 Prozent gewesen. Gesicherte Angaben über die Gesamtzahl der Igel gibt es nicht. Igel bekommen in der Regel nur einmal pro Jahr Nachwuchs.

„Potenziell gefährdet“ ist Stufe zwei der siebenstufigen Skala für die Beurteilung der Gefährdung. Die Skala reicht von „nicht gefährdet“ bis „ausgestorben“. Die Rote Liste gibt es seit 1964. Sie umfasst inzwischen mehr als 166.000 Tier- und Pflanzenarten, von denen gut 46.000 bedroht sind. Erstmals hat die IUCN auch global die Bäume beurteilt. 38 Prozent der gut 47.000 Arten weltweit seien gefährdet, heißt es nun. Die größte Zahl der bedrohten Arten gebe es auf Inseln. Dort seien Bäume durch Städtebau, Landwirtschaft, invasive Arten und die Folgen des Klimawandels wie stärkere Stürme bedroht.

Wenn Bäume sterben, sei das auch eine große Bedrohung für andere Lebewesen. „Als entscheidender Bestandteil vieler Ökosysteme sind Bäume aufgrund ihrer Rolle im Kohlenstoff-, Wasser- und Nährstoffkreislauf, bei der Bodenbildung und der Klimaregulierung von grundlegender Bedeutung für das Leben auf der Erde“, schreibt die IUCN.

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4 Kommentare

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  • In der Landschaft "draußen" macht der Mensch alles kaputt und in den Gärten herrscht vor allem: Ordnung. Mancher Geräteschuppen ist besser bestückt als der eines professionellen Gartenbaubetriebes.



    Wir haben längst die Gesetze, die die Natur schützen, teils seit Jahrzehnten. Das Problem ist, dass kaum jemand sich daran hält. Weil man auch selten etwas zu befürchten hat. Denn nur wenige Kommunen haben die Nerven, das Rückgrat und das Personal, um sich mit den Bürgern anzulegen. Es bleibt bei Informationskampagnen und Ratschlägen. Und währenddessen wird weiter munter Gartenfläche versiegelt, Hecke gegen Metallzaun getauscht, Laub von A nach B geblasen (tödlich für Kleinstlebewesen und Insekten) - und dem Igel der Mähroboter auf den stacheligen Leib gehetzt. Unsere Mitgeschöpfe haben keine Chance, so lange der Mensch nur seine persönliche Freiheit schützt. Was sein Verhalten weit über den Gartenzaun hinaus bewirkt, ist vielen vielleicht nicht bewusst. Manchen aber wohl auch völlig egal.

  • Ich dachte vor langer Zeit einmal, dass das Erscheinen auf der roten Liste automatisch ein Handeln bei der Politik auslösen würde. Wie naiv ich doch war - würde man den Schutz der Biodiversität ernst nehmen, müsste man sehr viele Dinge komplett umsteuern - das allerdings würde die "freiheitsliebenden" Deutschen einschränken. Lieber die Biodiversität den Bach hinuntergehen lassen, als etwas vorgeschrieben zu bekommen. Für Städte wäre mein Vorschlag für sinnvollen Handeln: Tempo 30 auf dem größten Teil der Straßen; Verbot des Betriebes von Mährobotern nach Einbruch der Dunkelheit, Pflicht der naturnahen Gestaltung des öffentlichen Grün und Verbot von Schottergärten. Dazu kostenlose Beratung von Gartenbesitzern für die igelfreundliche Gartengestaltung.

  • Vielleicht tut menschliche Hilfe auch gut:



    "Zunächst die Bitte: Lassen Sie sich bitte nicht von dem Begriff „Parasiten" abschrecken, sie sind zum größten Teil igelspezifisch und sie werden in der Igelberatungsstelle problemlos behandelt und entfernt."



    Tipps hier



    www.igelschutz-do....ser-igel/parasiten

    • @Martin Rees:

      Ja, ich finde auch, dass man den Igeln helfen sollte; aber ma sollte sich darüber im Klaren sein, dass es beim "Päppeln" um den individuellen Igel geht (was auch wichtig ist), und nicht um den Biodiversitätsschutz.