: Sieben sind offen
Die Swing States entscheiden über die US-Wahl
Von Bernd Pickert
Bei jeder US-Präsidentschaftswahl sind es wenige Bundesstaaten, die darüber entscheiden, wer als Nächstes ins Weiße Haus einzieht. Das liegt am Wahlsystem: Die 50 Staaten wählen insgesamt 538 Delegierte ins sogenannte Electoral College – wer dort mindestens 270 Stimmen hat, gewinnt die Wahl. Und: Bis auf die kleinen Staaten Maine und Nebraska gilt in allen Staaten das Winner-Take-All-Prinzip: Wer die Mehrheit der Stimmen hat, bekommt alle Wahlleute zugesprochen. Genau aus diesem Grund gelten nur 93 bis 104 Wahlleute als offen – je nachdem, ob der eigentlich recht deutlich Richtung Demokrat*innen gehende Staat Minnesota mit dazugezählt wird oder nicht.
Die 94 wirklich offenen Stimmen kommen aus Pennsylvania (19), North Carolina (16), Georgia (16), Michigan (15), Arizona (11), Wisconsin (10) und Nevada (6). Und, Besonderheit: der zweite Stimmbezirk von Nebraska, der eine Stimme ins Electoral College entsendet.
Nimmt man an, dass Minnesota – wo Kamala Harris’ Vize-Kandidat Tim Walz als Gouverneur regiert – demokratisch wählt, dann kommt Harris derzeit auf 225, Trump auf 219 Stimmen im Electoral College. Könnte sie die drei Staaten der früher solide demokratisch wählenden „Blue Wall“, Wisconsin, Michigan und Pennsylvania, für sich entscheiden, könnte ihr der Gewinn der einen Stimme aus Nebraskas zweitem Stimmbezirk reichen, um mit genau 270 Stimmen im Electoral College Präsidentin zu werden, selbst wenn Trump die vier anderen Swing States gewinnen sollte.
Das allerdings ist keineswegs sicher. Die Umfragen sind in allen Swing States unglaublich eng beieinander, in den vergangenen Wochen eher mit Tendenz zu Trump. Und einige Zeichen sind aus demokratischer Sicht überaus beunruhigend: In Michigan etwa hatte schon Joe Biden im demokratischen Vorwahlkampf mit starken dissidenten Tendenzen innerhalb der eigenen Partei und Wähler*innenschaft zu kämpfen: Progressive und arabische Wähler*innen kreideten ihm die Unterstützung Israels im Gazakrieg an. Harris nahm davon keine Sekunde Abstand, unterstrich im Gegenteil noch die feste Verbindung. Am vergangenen Samstag holte dann Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung in dem Bundesstaat eine Reihe muslimischer Führungspersönlichkeiten auf die Bühne, die ihm ihre Unterstützung aussprachen. 2016 gewann Trump den Bundesstaat mit nur knapp über 11.000 Stimmen Vorsprung vor Hillary Clinton.
Ähnlich knapp war es 2020 in Georgia: Joe Biden gewann den Staat ebenfalls nur mit 11.000 Stimmen Vorsprung. Ähnlich eng kann es wieder werden, Ausgang offen.
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