Auftritt im Europarat: Assange klagt Repression an

Vor dem Europarat reflektiert Julian Assange über Journalismus, „transnationale Repression“, Jahre im Knast und über seine Schwiegermutter.

Julian Assange spricht vor dem Ausschuss für Recht und Menschenrechte der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE) in Straßburg, Frankreich

Wikileaksgründer Julian Assange bei seinem ersten öffentlichen Auftritt als freier Mann Foto: Stephane Mahe/reuters

Berlin taz | „Ich bin heute nicht deswegen frei, weil das System funktioniert. Ich bin heute frei, weil ich mich des Journalismus schuldig bekannt habe.“ Das sagte Wikileaksgründer Julian Assange am Dienstag bei seinem ersten öffentlichen Auftritt, seit er im Juni das britische Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh verlassen und als freier Mann in seine Heimat Australien reisen konnte.

Auf Einladung des Menschenrechtsausschusses der Parlamentarischen Versammlung des Europarats konnte Assange in Straßburg öffentlich über die vielen Jahre in Hausarrest, Botschaftsasyl und schließlich Haft reflektieren. Am Mittwoch will die Sonderberichterstatterin des Ausschusses einen Bericht zum Fall Assange vorlegen.

Begleitet von seiner Frau Stella hielt Assange im vollbesetzten Saal zunächst eine gut 20-minütige Einführungsrede. Sein wichtigstes Stichwort: Er und andere Jour­na­lis­t*in­nen seien Opfer „transnationaler Repression“. Journalismus sei kein Verbrechen, sondern essenziell für freie demokratische Gesellschaften.

Ausführlich ging Assange auf die inzwischen weithin berichteten Pläne der CIA unter ihrem damaligen Direktor Mike Pompeo ein, ihn noch im Asyl in der ecuadorianischen Botschaft in London umzubringen. Auch seine Familie sei bespitzelt und verfolgt worden. Die als Buch veröffentlichten Erinnerungen Pompeos habe er in der Haft gelesen, berichtete Assange.

Lernen, Vater und Ehemann zu sein

Schließlich habe er sich nach fünf Jahren Hochsicherheitsgefängnis in London dafür entschieden, das Angebot der US-Justiz auf einen „Plea Deal“ – also Schuldeingeständnis gegen Freilassung unter Anrechnung der bereits abgesessenen Haftzeit – anzunehmen. Die Alternative, noch viele Jahre mehr eingesperrt zu sein, habe ihn dazu gebracht. Das allerdings habe nichts damit zu tun, dass er irgendein Verbrechen begangen habe: Er habe sich lediglich des Journalismus schuldig bekannt, sagte Assange.

Er sei eindeutig ein politischer Gefangener gewesen: Allein schon, dass die USA den „Espionage Act“, also den Spionagevorwurf, gegen ihn in Stellung gebracht hätten, sei dafür ein eindeutiges Indiz. Die Tendenz, die Veröffentlicher unbequemer Nachrichten zu kriminalisieren, sei weltweit zu beobachten, sagte Assange, und verwies auf die weitreichende Verfolgung unabhängiger Jour­na­lis­t*in­nen in Russland. „Normen setzende Institutionen wie die Parlamentarische Versammlung des Europarats“ seien jetzt gefordert, zum Schutz von Jour­na­lis­t*in­nen zu handeln.

Auf persönliche oder politische Zukunftspläne angesprochen, blieb Assange vage. Nach Jahren der Haft sei er dabei zu lernen, was es heißt, Vater zu sein, Ehemann zu sein, mit einer Schwiegermutter umzugehen. Die sei aber sehr nett. In diesem Moment drückte Stella Assange auf den Knopf und schaltete das Mikrofon ihres Mannes auf stumm.

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