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Gerechter KlimaschutzDas Klimageld allein wird es nicht richten

Jonas Waack
Kommentar von Jonas Waack

Menschen mit geringem Einkommen fürchten das Klimageld zu Recht. Warum die Idee trotzdem gut ist.

Geht nicht immer: Sparmodus Foto: Zoonar/imago

T olle Idee eigentlich, dieses Klimageld: Allen Menschen wird vom Staat jeden Monat ein fester Betrag überwiesen, bezahlt aus den Einnahmen vom CO2-Preis. Der wird für jede Tonne Treibhausgas fällig. Dadurch werden zum Beispiel Gas und Benzin teurer und klimafreundliche Alternativen wie Wärmepumpen und Zugfahren lohnen sich. Weil alle gleich viel Klimageld bekämen, aber Menschen mit geringem Einkommen statistisch gesehen weniger CO2 ausstoßen, erhielten sie mehr Geld zurück, als sie an CO2-Abgaben zahlen. Diejenigen, die den CO2-Preis am meisten fürchten, weil sie einen größeren Teil ihres Einkommens fürs Heizen und Pendeln ausgeben, profitieren mit dem Klimageld also sogar davon.

Nur: Ganz so einfach ist das leider nicht. Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung könnte das ärmste Fünftel der Haushalte in Deutschland zwar tatsächlich profitieren, wenn der CO2-Preis vollständig als Klimageld ausgezahlt würde – aber nur im Durchschnitt.

Jeder sechste Haushalt mit geringem Einkommen müsste monatlich immer noch ein halbes Prozent seines Einkommens draufzahlen, jeder Zwölfte sogar mehr als ein Prozent. Das sind diejenigen, die gerade wegen ihres geringen Einkommens zu bestimmten Klimaschäden gezwungen sind: höherer Verbrauch von Heizöl oder -gas, weil die Mietwohnung schlecht gedämmt ist und eine mit fossilen Brennstoffen betriebene Heizung hat. Diejenigen, die den CO2-Preis am meisten fürchten, haben damit also mitunter recht.

Das heißt nicht, dass das Klimageld unnötig ist. Darüber hinaus braucht es mehr Förderung der Sanierung von Häusern und Investitionen in den ÖPNV. Um dafür Geld bereitzustellen, schlagen die Stu­di­en­au­to­r*in­nen vor, dass reiche Menschen das Klimageld versteuern müssen.

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Klimaneutralität droht in weite Ferne zu rücken

Eine Lösung ist auf jeden Fall dringlich. Der große Knall kommt nämlich erst noch: 2027 legt nicht mehr Deutschland den CO2-Preis für fossiles Heizen und Tanken fest, stattdessen soll er sich frei auf dem Markt bilden, im Rahmen des Europäischen Emissionshandels. Statt bei maximal 65 Euro, wie es das deutsche Recht für 2026 vorsieht, könnte er dann auf bis zu 200 Euro ansteigen.

Wenn das Leben in Deutschland bis dahin nicht wesentlich klimafreundlicher geworden ist, wird das teuer – oder klimaschädlich. Denkbar ist schließlich auch, dass die Bundesregierung einen solchen CO2-Preis gar nicht zulassen wird und ihn künstlich verringert. Klimaneutralität rückt so in noch weitere Ferne. Bezahlen werden wir das am Ende alle: Mit jedem Zehntelgrad Erderhitzung werden Stürme, Fluten und Dürren wahrscheinlicher.

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Jonas Waack
Klima-Redakteur
Jahrgang 1999, zuständig für Klima-Themen im Ressort Wirtschaft und Umwelt. Stadtkind aus Mecklenburg, möchte auch sonst Widersprüche vereinbaren. Bittet um Warnung per Mail, falls er zu sehr wie ein Hippie klingt.
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15 Kommentare

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  • "Diejenigen, die den CO2-Preis am meisten fürchten, haben damit also mitunter recht. [...] Darüber hinaus braucht es mehr Förderung der Sanierung von Häusern"

    Bitte mehr als einen Sachverhalt korrekt fassen pro Artikel. Diejenigen die nicht mehr fürchten sondern schon seit Jahren darunter leiden, müssen die Sanierungskosten -die ja niemals zu 100% vom Staat getragen würden- trotzdem tragen und die Förderung kriegt im Regelfall der Vermieter, wer nicht gerade das Glück hat ein kleines Haus/kleine Wohnung aus besseren Zeiten zu haben.



    Dies würde im Regelfall dazu führen dass gerade auch Bürgergeldnotleidende aus ihren Wohnungen herausgepreist würden, da Whg dann ja auch regelmäßig nicht mehr dem geringsten (vulgo veralteten) Standard entspricht.

    Eine 100 % Förderung mit (Re)Sozialwohnungsumwandlung für 50 Jahre z.B., wer kann sich das heutzutage auch nur vorstellen unter den ggb. politischen Verhältnissen?

  • Arme werde nie von dem Klimageld profitieren.



    Das ist auch nicht der Sinn vom Klimageld.



    Der soll sein, das Klima profitiert durch weniger CO2-Ausstoß.



    Der wird auf 2 Wegen generiert, Menschen mit Geld kaufen sich ein E-Auto und eine Wärmepumpe (dadurch sinkt übrigens das Klimageld) und Menschen ohne Geld laufen und frieren.



    Also funktioniert das mit der CO2-Reduktion.

  • Selbst wenn es so wäre, dass das Klimagerät an die Ärmsten ausgezahlt wird, sehe ich schon wieder eine Neidwelle von oben rollen.....und irgendeine politische Interessengemeinschaft (ein Schelm, wer da z.B. an die Partei mit dem C am Anfang denkt) wird schon dafür sorgen, dass es bei Hartz IV sofort vom Regelsatz abgezogen wird, könnte ich glatt meine erste Klimageldrate verwerten...

    • @Andreas Horn:

      Das ist zu befürchten. Wenn der Sprit für die Privatflieger des sogenannten Mittelstandes teuer wird, wollen die ihr Geld zurück.

  • Das Klimageld kann gerne B



    besteuert werden, wenn die erhöhten CO2 Preise als Werbungskosten abgezogen und ein etwaiger Verlust daraus mit positiven Einkünften anderer Einkunftsarten verrechnet werden kann.

    Wie bei anderen staatlichen Leistungen auch (Elterngeld, Mutterschaftsgeld, usw.) könnte man ja gerne über einen Progressionsvorbehalt nachdenken.

    • @DiMa:

      Die Idee ist super. Klimageld einfach als Aufschlag auf das zu versteuernde Einkommen anrechnen.

      Mit den Mehreinnahmen könnte man auch die unsozialste aller Steuern senken: Die Umsatzsteuer.

  • Wenn der Markt den CO2 Preis festlegt, kann er auch sinken, stagnieren, im Verhältnis gering ausfallen...



    Eine Steuerungswirkung lässt sich nur über bewußte Festlegungen erreichen, alles andere ist volatil.



    Dann wäre den Ärmeren geschadet und gleichzeitig der Umwelt auch.

    • @nutzer:

      Die Zertifikate werden jedes Jahr weniger werden. Die einzige Möglichkeit, wie die Preise fallen könnten, wäre wenn die CO2-Emissionen schneller abnehmen als die Zertifikatmenge.

      Also wie bitte soll der CO2 Preis sinken oder stagnieren?

      Wenn stattdessen Politiker den Preis festlegen, würde das gleiche passieren wie beim Agrardiesel. Sobald die erste Interessengruppe protestiert, wird der Preis wieder gesenkt oder nicht mehr erhöht und die Klimaneutralität Europas kommt zu spät. Was glauben Sie wie sich arme Menschen über explodierende Lebensmittelpreise in der EU freuen, wenn wir mal 8 Jahre Dürre in Folge haben?

      • @Semon:

        warten wir mal ab. Der Glaube der Markt regele alle , wie von Zauberhand, ganz unparteiisch und dennoch stringent richtig, nun ja... Glauben darf man ja noch.



        Zumal die nicht zertifizierenden Länder anderswo auf der Welt sich dann über billiger werdendes Öl freuen werden. Weniger Nachfrage im Norden bringt den Preis auf ein Niveau, der für Länder im globalen Süden attraktiver werden wird. Öl, das aus der Erde geholt wird, wird auch verbrannt, da spielt der Preis gar keine Rolle.

    • @nutzer:

      Es wird wie bisher sein, je mehr die Menschen sparen, desto höher wird der Preis, um Profite zu sichern.

  • "Dadurch werden zum Beispiel Gas und Benzin teurer und klimafreundliche Alternativen wie Wärmepumpen und Zugfahren lohnen sich"

    Wenn beispielsweise Gas und Benzin teurer werden, werden auch Lebensmittelpreise steigen da auch Discounter beheizt werden und irgendwie die Ware auch zum Discounter kommen muss.



    Dies wird sich wieder auf alle Bereiche des Lebens auswirken.



    Das sogenannte "Klimageld" wird diese Preissteigerungen nicht einmal in Ansatz kompensieren können.

    Mir erscheint das Klimageld wie eine Möhre, die dem Wähler vor die Nase gehalten wird, um von den gewollten Preissteigerungen und dem zu erwartenden Wohlstandsverlust abzulenken.



    Und nein:



    apokalyptische Warnungen vor Dürre, Flut, Hunger, etc. ändern an der Angst vor noch weiter steigenden Preisen absolut gar nichts, wenn heute am 17. eines Monats schon das Monatsende droht.

    • @Desti:

      Und die Menschen spüren das, weswegen auch die Grünen immer mehr zum Feindbild wird. Die vermeintlichen sozialen Abfederungen sind am Ende halt trotzdem Belastungen und keine Entlastungen.



      Das was die Grünen sagen und was tatsächlich ist, da klafft eine riesen Lücke.

      Die Klimatransformation wird so einfach nicht umgesetzt werden können.

  • "2027 legt nicht mehr Deutschland den CO2-Preis für fossiles Heizen und Tanken fest, stattdessen soll er sich frei auf dem Markt bilden"

    Finde den Fehler! Die "unsichtbare Hand des Marktes" regelt gar nichts. Wenn man das Ganze schon über einen Preismchanismus regeln will, muss man die Rahmenbedingungen setzen. Die TAZ hat (oder hatte?) auf ihrer Seite immer die CO2 Uhr. Die Menge an CO2, das noch ausgestoßen werden darf, müsste der Treiber des Preises sein. Dann ginge der nämlich ordentlich hoch.

    Dann veränderte sich auch der erwähnte Effekt, dass die mit niedrigerem Einkommen nicht ausreichend vom Klimageld profitieren. Das würde nämlich natürlich mit steigendem Preis auch steigen.

    Noch besser wäre natürlich endlich endlich endlich etwas gegen die absurd unterschiedlichen Vermögensverhältnisse zu tun. Ein Land, in dem 2 Familien soviel besitzen wie die komplette ärmere Hälfte der Bevölkerung, würde man im Zeitalter des Absolutismus suchen (Frankreich mit seinem Sonnenkönig), aber nicht in einem demokratischen Staat. Diese Ungleicheit ist demokratiegefährdend, wie man ja am Aufstieg der Rechten sieht.

    Also müssen wir unsere "Ego-nomics" ändern, wie der Club of Rome nennt.

    • @Jalella:

      Die "unsichtbare Hand des Marktes" regelt unter anderem, dass im Norden (aus welchen Gründen auch immer) eingespartes Öl, anderswo verbrannt wird.



      Macht eine sinkende Nachfrage im Norden das Öl anderswo erst konkurrenzfähig.



      Die Regulierung von Klimaschutz komplett auf Marktbasis ist zum Scheitern verurteilt.

      • @nutzer:

        Na ja, wenn ganz Europa aus dem Ölmarkt fällt, ist schon viel Emission verschwunden.



        Niedrige Ölpreise haben noch einen anderen Effekt: Die besonders schmutzige und energieintensive Produktion aus Ölsänden lohnt sich dann nicht. Es wird also auch weniger produziert.

        Hinzu kommt folgendes: Hunderte Milliarden Ausgaben für Energiekonsum fließen jährlich ins nicht-europäische Ausland. Was haben wir davon, wenn wir die Preise treiben? Noch mehr Ausgaben vielleicht?

        Ganz so einfach ist es also nicht.