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Anklagen nach BauernprotestenHitlergruß und Körperverletzung

Einige Bauernproteste haben ein Nachspiel. Die Strafverfolgungsbehörden beschuldigen Dutzende Teilnehmer, auch wegen Landfriedensbruch.

Ein kaputtes Auto steht auf der Bundesstraße 5, nachdem protestierende Bauern Mist und Gülle auf der Fahrbahn verteilt hatten Foto: Christian Pörschmann/picture alliance

Berlin taz | Die Bauernproteste im vergangenen Winter haben für mehrere Teilnehmer ein juristisches Nachspiel. Im Zusammenhang mit der Demonstration beim Politischen Aschermittwoch der Grünen im baden-württembergischen Biberach vergangenen Februar teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Ravensburg der taz mit: „In 14 Verfahren wurde Anklage erhoben und in 42 Verfahren wurde der Erlass eines Strafbefehls beantragt.“

Einem Beschuldigten wirft die Behörde vor, den Hitlergruß gezeigt zu haben. Weitere Vorwürfe sind Körperverletzung, tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte und Landfriedensbruch. Auch wegen anderer Bauernproteste habe es Ermittlungen wegen Nötigung und Verstößen gegen das Versammlungsgesetz gegeben.

„In einem Fall wurde dem Polizeibeamten Körperverletzung im Amt und im anderen Fall gefährliche Körperverletzung im Amt vorgeworfen“, ergänzte die Staatsanwaltschaft. Beide Verfahren seien eingestellt worden, „da die Polizeibeamten jeweils gerechtfertigt handelten.“

Das Polizeipräsidium Brandenburg schrieb der taz zu den Bauernprotesten: „Im Jahr 2024 wurden bislang Straftaten im mittleren zweistelligen Bereich erfasst und entsprechend Ermittlungen eingeleitet.“ 2023 habe die Polizei 7 Strafanzeigen wegen Verkehrsblockaden aufgenommen. Es gehe um Volksverhetzung und Körperverletzung, Nötigung, gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr, Bedrohung und öffentlicher Aufforderung zu Straftaten. „Der Großteil der Verfahren wird wegen Verstößen gegen Versammlungsgesetz aufgrund nicht angemeldeter Versammlungen geführt.“

Grüne mussten politischen Aschermittwoch absagen

In Biberach hatten die Grünen ihren Politischen Aschermittwoch am 14. Februar wegen heftiger Proteste von Landwirten vor der Veranstaltungshalle abgesagt. Eine Scheibe eines Fahrzeugs aus dem Konvoi von Bundesagrarminister Cem Özdmir (Grüne) wurde eingeworfen. Nach Polizeiangaben verhielten sich Demonstranten teils aggressiv und griffen Einsatzkräfte an. Nach der Veranstaltung hatten Sympathisanten der Demonstranten behauptet, ein Polizist habe die Scheibe eingeworfen.

Auf der Bundesstraße 5 in Brandenburg wurden bei Bauernprotesten Mitte März Mist auf den Fahrbahnen abgeladen. Laut Polizei fuhren drei Autos im Dunkeln dagegen. Rettungskräfte hätten 5 Verletzte in die Klinik gebracht.

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4 Kommentare

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  • Das ist überfällig. Hoffentlich werden die Strafen in einem adäquaten Verhältnis zu denen stehen, die sich auf irgendeiner Straße -ganz ohne Gewalt, ganz ohne Hitlergruß, ganz ohne Geiselnahme an Fähranlegren- festgeklebt haben. Die haben zudem für das ALLGEMEINWOHL demonstriert, die Agrar-Krawallis haben aber eben nur für den eigenen Vorteil gehandelt. Auch das sollte beim Strafmaß berücksichtigt werden. Da kämmen dann mehrjährige Haftstrafen raus - hoffentlich.

  • Danke für diese Nachrichten,



    das wirkt dem ersten Eindruck entgegen, "die Bauern könnten machen was sie wollen ".



    Gut, dass die Justiz nicht mit zweierlei Maß misst und gegen diesen Mist vorgeht!

  • Da bleibt leider die Frage offen, ob Strafanzeigen erhoben wurden, wegen der wissentlich herbeigeführten Körperverletzung auf der Bundesstrasse 5.

    Bitte dranbleiben, damit wir erfahren, ob und wie die Strafanzeigen abgeurteilt wurden.

    Bei einem Teil der Strafanzeigen hört sich das ja sehr nach massiver Gewalt und gewaltbereitem Vorgehen an.

    Dagegen sind die Klebeaktionen der LG scheinbar richtig friedlich, und eher mit einem Verkehrsstau nach einem Unfall bei z.B. einem Bauernprotest oder der jährlichen Sommerurlaubsfahrt auf unseren Autobahnen in den Süden vergleichbar, oder?

    • @Sonnenhaus:

      Die Vorfälle auf der Bundesstraße 5 sind in meinen Augen mehr als nur Körperverletzungen oder ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr.



      Hier wurden schwere Unfälle und damit Tote wissentlich in Kauf genommen. Für mich rangiert die Aktion zwischen versuchtem Mord und Terrorismus.



      Da haben Täter auf heimtückische Art und Weise eine lebensgefährliche Situation geschaffen, und es ging ihnen dabei schlicht und einfach um Geld, nämlich ihre Subventionen. Das ist Habgier.



      Darüber hinaus kann man argumentieren, daß die Täter Angst verbreiten wollten, um politische Ziele zu erreichen.



      Wieso die Politik ausgerechnet nach massiver Gewalttätigkeit vor den Bauern eingeknickt ist, lässt sich sowieso nicht vermitteln. Die Botschaft ist, daß Gewalt im politischen Diskurs zum Ziel führt. Hier hätten die Behörden stattdessen mit aller Härte durchgreifen müssen.