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Haitianische Migranten in den USADie rassistischen Gerüchte

Haltlose Behauptungen Trumps bringen haitianische Migranten in den USA zunehmend in Gefahr. Ihre Dämonisierung hat eine lange Tradition.

Vertreterinnen der haitianische Bevölkerung bei einer Bürgerversammlung in Springfield, OH, am 24. September 2024 Foto: Dominic Gwinn/picture alliance

Frankfurt taz | Während die Lage in Haiti auf der gegenwärtig stattfindenden UNO-Vollversammlung selbst den slowakischen Ministerpräsidenten Pellegrini zu einem Statement bewegt und US-Außenminister Blinken von Haiti als dritter großer Krise neben der Ukraine und dem Nahen Osten spricht, sind haitianische Einwanderinnen und Einwanderer in den USA zum zentralen Thema des Wahlkampfs von Trump und seinem Vize J.D. Vance geworden.

Trumps hanebüchene Behauptung im Duell mit Kamala Harris Anfang September, die haitianischen Einwanderer in Springfield würden die Haustiere der Einheimischen essen, kann dabei wohl als Versuchsballon betrachtet werden: Wie viel Unsinn darf Trump ungestraft und ohne Schaden sagen?

Nun wiederholte Trump bei einem Wahlkampfauftritt in Pennsylvania, einem der Swing Staaten, vor wenigen Tagen die Verleumdungen gegen haitianische Einwohner. Diesmal ging es um die Kleinstadt Charleroi in Pennsylvania. Die 4.000 Einwohnergemeinde hatte über ein legales, humanitäres Einwanderungsprogramm viele Haitianer aufgenommen, weil sie Arbeitskräfte brauchte. Auf der Wahlkampfveranstaltung, in der Trump Zurufe aus dem Publikum aufgriff, wiesen einige auf die Haitianer in Charleroi hin, woraufhin Trump dafür sorgte, dass das Publikum am Ende hysterisch schrie: „Sie sind überall. Es ist schrecklich.“

Dass die kleine haitianische Einwanderercommunity in den USA nun ins Auge von Trumps Wahlkampforkan geraten würde, ist nur auf den ersten Blick überraschend. Vor den umworbenen US-Wählern entfaltet sich das Wahlkampfdrehbuch einer künstlichen erzeugten, gänzlich auf Fälschungen beruhenden, rassistischen Empörungsbewirtschaftung, die ganz offensichtlich darauf zielt, Dämme zu brechen.

Die Angst der Community wächst mit jedem neuen Gerücht

Nach den Auslassungen von Trump gegen die Haitianer in Springfield gab es Bombendrohungen, mussten deshalb Schulen und Krankenhäuser in Springfield kurzzeitig geschlossen werden. Ein Nazitrupp marschierte durch die Stadt und forderte die Bürger auf, ihre Waffen zu ergreifen und selbst für ein Ende der haitianischen Anwesenheit zu sorgen.

Die haitianische Community in den USA lebt seither in Angst, die mit jedem neuen Gerücht weiter wächst. So behauptete die rechte Presse, haitianische Boatpeople hätten gedroht, ihre Babys anzuzünden, um nicht abgeschoben zu werden. Haustierfresser, Kindermörder – es sind noch weitere Verunglimpfungen denkbar.

Denn Ressentiments gegen Haitianer haben in den USA eine lange Geschichte. Schon Thomas Jefferson sprach vor 200 Jahren von den Haitianern als „Kannibalen“. Mehrere Mitglieder der US-Marines, die von 1915 bis 1934 Haiti besetzt hielten, veröffentlichten Gruselgeschichten über Haiti, die sich, wie die US-amerikanisch-haitianische Schriftstellerin Edwine Danticat diese Woche in der Washington Post schrieb, gut verkauften. Es ging um Kannibalen und Zombies.

In der Aidskrise wurden Haitianer als Virenträger verunglimpft. 1982 hatte das zuständige Zentrum für Krankheitskontrolle die Haitianer als einzige Nation zur Hochrisikogruppe erklärt und ein generelles Verbot für Blutspenden von Haitianern verhängt. In der Folge verloren viele Haitianer ihre Jobs. Damals aber, so Danticat, habe es noch keine soziale Medien gegeben, die binnen Sekunden in einem endlosen Strom von Memes und KI-generierten Bildern alles verbreiteten, „was man über Haitianer glauben möchte“.

Unvergessen ist, dass Trump während seiner Präsidentschaft Haiti als „shithole country“ bezeichnete. Biden sprach ebenfalls in einer ressentimentgeladenen Sprache über Haiti. Er betrieb als Präsident zudem die Rückführung von 15.000 Haitianern, die als Flüchtlinge in den USA gestrandet waren, mitten hinein in die grassierende Ganggewalt.

Die lange Geschichte von US-Interventionen und politischer wie ökonomischer Bevormundung Haitis ist möglicherweise auch ein Grund, warum Haitianer heute im Trump-Wahlkampf der alternativen Fakten wieder einmal das Vorbild für rassistische und xenophobe Stereotype liefern.

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4 Kommentare

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  • Ist doch logisch. Haiti ist ein armes Land.



    Es hat sich Freiheit gekauft, um nicht mehr der Sklave Frankreichs zu sein, und die Bevölkerung lebt bis heute in bitterer Armut.

    Diesen Menschen trifft also keine Schuld. Weder für ihre Armut, noch für unkontrollierte Bandenkriege, noch für andere Miseren wie Erdbeben.

    Haitianern unbegrenzten Zugang zu den USA (oder Frankreich) zu ermöglichen wäre in guter Schritt, um die dortigen Probleme zu entzerren und selbstverständlich als Entschädigung.

    Was wird stattdessen gemacht? Haitianer werden beschuldigt, am Wohlstand saugen zu wollen wie Zecken. Sie würden Hunde und Katzen essen. Und sogar die ein oder anderen Demokraten glauben diesem Bullshit.

    Wieder ein Grund, warum Kolonialismus verurteilt gehört. Und bevor jemand die Hamas-Karte spielt: Nein, Israel kolonialisiert nicht.

  • Die beste Antwort auf derartige Verunglimpfungen hat immer noch Charles Mingus: www.youtube.com/watch?v=WPfSD0vJi8Y

    • @traficante:

      Stimme ich voll zu. Danke für den link

  • Ich würde es ja gut finden, wenn Deutschland einfach mal ein Kontingent von Haitianern aufnimmt. 15.000 Menschen sind nicht die Welt.

    Ich staune auch, wie wenig über Rohingya geredet wird, die in den Flüchtlingslagern null Perspektiven haben.

    Es ist natürlich schlecht, wenn in Deutschland die Heime voll sind, weil Leute kommen, denen auch Schutz in anderen Ländern zustehen würde.