Demografiewandel auf dem Arbeitsmarkt: Anreize für Ältere

Das DIW berechnet, in Zukunft könnten bis zu 1,5 Mil­lionen mehr ältere Menschen in Arbeit gebracht werden. Nötig seien aber passende Jobs.

Drei Dachdecker stehen auf einem roten Dach, ohne Sicherung

Dachdecker müssen früh runter vom Dach und ab ins Büro Foto: Udo Herrmann/imago

Berlin taz/dpa | Bis 2035 könnten 1,5 Millionen mehr Menschen im Alter von 55 bis 70 Jahren in Arbeit gebracht werden. Das zeigt eine am Donnerstag veröffentlichte Modellrechnung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung. Dazu brauche es aber laut DIW die richtigen Anreize.

Um Menschen in der letzten Phase ihres Berufslebens zu ermuntern, mehr zu arbeiten, länger im Job zu bleiben oder aus dem Ruhestand noch einmal zurückzukehren, sei ein ganzes Bündel an Schritten und Veränderungen erforderlich. Dazu gehörten arbeitsrechtliche Erleichterungen, Schaffung passgenauer Arbeitsplätze, aber auch der Ausbau von Gesundheitsvorsorge, Pflege- und Betreuungsangeboten.

Das DIW geht in seiner Modellrechnung davon aus, dass bis 2035 in der Gruppe der 55- bis 70-Jährigen die Zahl der Erwerbstätigen aufgrund des demografischen Wandels um rund 1,5 Millionen Personen sinkt auf dann noch knapp 9 Millionen.

„Bessere und gesunde Arbeitsbedingungen“

„Für unterschiedliche Berufsgruppen braucht man natürlich auch unterschiedliche Maßnahmen“, so Arbeits­markt­experte Eric Thode von der Bertelsmann Stiftung. Ein lange in der Produktion Beschäftigter könne zum Beispiel im höheren Alter auf eine weniger körperlich anstrengende Position im Betrieb wechseln oder einer älteren Pflegekraft könnten technische Hilfsmittel wie Hebelifte zur Verfügung gestellt werden, um ihre Patienten kräfteschonend aus dem Bett zu holen.

Viele ältere Menschen könne man für ein Aufstocken bis hin zu Vollzeit gewinnen, wenn die Angebote passend seien und man sie von Betreuungs- und Pflegeverpflichtungen entlaste. Große Chancen sehen DIW und Stiftung auch bei älteren Menschen, die nicht mehr erwerbstätig sind und noch keine Rente beziehen.

Anja Piel, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), sagte der taz: „Was hilft, ist mehr Arbeits- und Gesundheitsschutz in den Betrieben und bessere und gesunde Arbeitsbedingungen.“ Was die Koalition tun könne, ist, die Rehabilitation – also Leistungen, die die körperliche Erwerbsfähigkeit erhalten – zu stärken. Auch Menschen in Erwerbsminderung bräuchten bessere Brücken in den Arbeitsmarkt, auch dafür braucht es mehr Rehabilitation und die Chance, drei Jahre lang zusätzlich zur Erwerbsminderungsrente Geld zu verdienen.

Neue Ampel-Pläne

Für das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sagte Vizedirektor Ulrich Walwei: „Unsere Analysen zeigen: Wer über formale Qualifikation und lebenslanges Lernen auch im Alter mit seinen Kompetenzen gut aufgestellt ist, ist auch eher in der Lage, länger erwerbstätig zu sein.“ Laut Walwei soll es möglichst keine Berufsunterbrechung geben. Anreize, die die Ampelregierung aktuell plane, könnten dabei hilfreich sein.

Die Ampel plant unter anderem eine neue Prämie für Menschen, die über das Rentenalter hinaus arbeiten wollen. Schon jetzt erhöhen Arbeitnehmer ihre Rentenzahlungen, wenn sie über das reguläre Renteneintrittsalter hinaus arbeiten. Künftig soll es zusätzlich die Möglichkeit geben, sich die Rente auf einen Schlag auszahlen zu lassen.

„Statt überflüssiger finanzieller Anreize brauchen ältere Beschäftigte vor allem gute Arbeitsbedingungen und mehr Selbstbestimmung, das hält sie im besten Fall gesund und motiviert bis zur Rente in Arbeit“, sagte Piel dazu. (mit dpa)

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