Scholz’ Reise nach Kasachstan: Wichtig ist das übergeordnete Ziel
Wiederholt Scholz die Fehler von Merkel und Schröder? Nicht ganz, denn Länder wie Kasachstan und Usbekistan strecken die Hände nach dem Westen aus.
D er Kanzler reist mit einer Wirtschaftsdelegation in autoritär geführte zentralasiatische Staaten. In Kasachstan vereinbart er Rohöllieferungen für die PCK-Raffinerie im brandenburgischen Schwedt, mit Usbekistan unterschreibt er ein Migrationsabkommen und hofft, im Gegenzug das Land als Drehkreuz für die Abschiebung von Afghanen nutzen zu können. Wiederholt Olaf Scholz gerade die Fehler von Schröder und Merkel im Umgang mit Russland? Auch wenn es ähnlich wirkt, ganz so ist es nicht.
Klar, Usbekistan und Kasachstan sind mehrere Tagesritte durch die Steppe davon entfernt, als lupenreine Demokratien durchzugehen, davon kann man sich vor Ort überzeugen. Die Inszenierung erinnert an sowjetische Zeiten, Pressekonferenzen werden abgesagt oder sind gar nicht erst vorgesehen, die Präsidenten stehen über allem und haben alle im Griff.
Aber etwas ist anders: Weder Usbekistan noch Kasachstan noch die anderen zentralasiatischen -stans wünschen sich eine Rückkehr zur alten Sowjetunion. Vielmehr leiden sie unter den Großmachtanspruch des großen Bruders im Norden und dem Krieg Russlands gegen die Ukraine. Beide Länder sind zwar wirtschaftlich und kulturell stark mit Russland verbunden und pflegen ebenso enge Beziehungen zu China. Das wird auch so bleiben.
Die Hand ergreifen, auch wenn sie klebt
Doch der Wunsch, sich aus den einseitigen Abhängigkeiten ein wenig zu lösen und eine Hand gen Westen auszustrecken, ist groß. Es ist deshalb gut, dass der Kanzler diese Hände ergreift und schüttelt, auch wenn sie zum Teil klebrig und korrupt sind.
Wichtiger ist das übergeordnete Ziel: Es braucht viele Länder – demokratische und weniger demokratische –, um Russland dazu zu bewegen, seinen Weg der Blockkonfrontation zu verlassen und die territoriale Integrität der einstigen Sowjetrepubliken zu garantieren.
Deutschland sollte bloß nicht den Fehler wiederholen, sich allzu sehr von diesen Partnern blenden zu lassen. Die Marmorsäulen im kasachischen Präsidentenpalast sind übrigens hohl.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Wahl in den USA
Sie wussten, was sie tun
Kritik an der taz
Wer ist mal links gestartet und heute bürgerlich?
CO₂-Fußabdruck von Superreichen
Immer mehr Privatjets unterwegs
Obergrenze für Imbissbuden
Kein Döner ist illegal
SPD nach Ampel-Aus
Alles auf Olaf
Die Grünen nach dem Ampel-Aus
Grün und gerecht?