Studie zu Kugelspinnen: Manipulation im Netz

Kugelspinnen sind gemein. Sie manipulieren das Nervensystem von Glühwürmchen, um sie dann zu fressen. Für Forschende ist das hochinteressant.

Die Spinne (Araneus ventricosus) verschnürt ein männliches Glühwürmchen das noch leuchtet

Wie gemein: Kugelspinne lockt mit Beute weitere Beute an Foto: Xinhua Fu/Verlag Cell Press/dpa

„Attraktive Singles in deiner Nähe suchen dich“, mit solchen Tönen locken dubiose Internetanbieter Nut­ze­r*in­nen auf ihre Seiten. Jetzt zeigt eine neue Studie, dass den ältesten Trick der Welt nicht nur Menschen beherrschen, sondern auch Spinnen. Und das auf perfide Art und Weise.

Die Studie

Forschende aus dem chinesischen Wuhan veröffentlichten ihre Entdeckung im renommierten Fachblatt Current Biology. Für die Studie beobachteten sie 161 Netze der Kugelspinne Araneus ventricosus und die Glühwürmchen, die sich vor den Netzen dieser Tiere tummelten.

Dabei fielen ihnen mehrere bemerkenswerte Dinge auf. So gingen einer Spinne weitaus mehr Glühwürmchen ins Netz, wenn sie darin zusammen mit einem bereits gefangenen Glühwürmchen hockte. Zudem unterschied sich das Blinksignal der gefangenen Männchen deutlich vom Blinksignal derjenigen, die in Freiheit schwirrten. Statt schneller Rhythmen produzierten sie ein regelmäßiges Aufblinken. Glühwürmchenkenner ahnen es: Ihr Blinkmuster ähnelte jetzt dem der Weibchen. Es lockte damit Scharen von weiteren Männchen an – und schließlich in die Falle.

Diese Veränderung des Blinkmusters ließ sich vor allem dann beobachten, wenn die Spinne in der Nähe der Glühwürmchen war. Obendrein schien die Spinne genau diejenigen Glühwürmchen, die noch typisch männlich blinkten, auffällig oft mit Bissen zu traktieren. Verdeckten die Forschenden den Leuchtkörper hingegen, ließ sie von ihnen ab. Das Team aus Wuhan kam zu dem Schluss, dass das Beißen, vielleicht in Kombination mit Gift, dazu dienen könnte, das Nervensystem der Männchen umzuprogrammieren.

Was bringt’s?

Das Wissen darum, auf welche Weise der Biss der Spinne eine Verhaltensänderung bewirkt, könnte dabei helfen, uns und andere Spezies vor invasiver Fremdkontrolle zu schützen. Für die gibt es im Tierreich zahlreiche Beispiele: Saugwürmer lassen Schnecken jede Deckung vor Vögeln aufgeben, Schlupfwespen lassen Spinnen ihren Larvenkokon weben und bestimmte Pilze steuern die toten Körper von Ameisen, die sie befallen, um andere zu infizieren. Auf uns Menschen haben es glücklicherweise bislang eher wenige Spezies abgesehen. Das Tollwutvirus zum Beispiel löst neben Halluzinationen auch Aggressionen aus.

Zudem eröffnet uns das Wissen neue Einblicke ins Nervensystem der Glühwürmchen – und zeigt auf, wie es manipulierbar ist. Das wiederum könnte auf sehr lange Sicht vielleicht auch einmal bei der Behandlung des menschlichen Körpers helfen. So spielt zum Beispiel das winzige Molekül Stickstoffmonoxid (NO) beim Blinken der Glühwürmchen eine wichtige Rolle. NO ist auch relevant für die Kontrolle des menschlichen Herz-Kreislauf-Systems, es spielt unter anderem eine Rolle bei der Höhenkrankheit und bei der Wirkung von Viagra.

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