Zukunftsforschung: Vom Labor auf den Markt
Die Zeitenwende erfordert neue Debatten. Es muss auch darum gehen, wie der Wissenstransfer von der Forschung in die Ökonomie effektiver funktioniert.
In der Forschung ist Deutschland weiter Spitze, aber beim wirtschaftlichen Wachstum herrscht überwiegend Stillstand. Was ist da los? Auch der Zukunftsrat suchte am Mittwoch auf Einladung von Bundeskanzler Scholz nach einer Antwort – und fand sie: Die „Innovationsfähigkeit in der Zeitenwende“, so das Thema des Treffens der 17 Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft, müsse gesteigert werden.
Die Vielzahl multipler Krisen mache es unausweichlich, dass „ein neuer innovationspolitischer Konsens zwischen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft gefunden“ werde, heißt es im Basispapier des Meetings. Autor:innen des Papiers sind die Mannheimer Ökonomin Irene Bertschek vom Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zusammen mit Dirk Hoke, der als Geschäftsführer der Volocopter GmbH gerade frischen Wind in die Luftfahrttechnik bringt.
Der Zukunftsrat kommt zweimal im Jahr mit der Spitze der Bundesregierung zusammen, neben dem Kanzler auch mit den Ministern für Forschung und Wirtschaft. Es geht um die langen Linien der Technologieentwicklung, die zu beschreiten sind, damit das Land international wettbewerbsfähig bleibt. Beim letzten Mal war die künstliche Intelligenz in der Robotik ein Thema, was dazu führte, das vor Kurzem von Forschungseinrichtungen das „Robotics Institute Germany“ (RIG) gegründet wurde. Neue Mitglieder im Rat sind Tanja Brühl, Präsidentin der Technische Universität Darmstadt, und Patrick Cramer, Präsident der Max-Planck-Gesellschaft.
Ein Vorschlag zur Steigerung der Innovationskraft, also der Übertragung von Forschungs-Ergebnissen in neue marktfähige Produkte der Unternehmen, sieht vor, stärker auf den Output der Maßnahmen zu achten. Bisher ging es in erster Linie darum, den Input zu steigern, indem immer mehr Geld ins Forschungs- und Innovationssystem gepumpt wurde: 3,5 Prozent am wirtschaftlichen Gesamtumsatz des Landes, dem BIP, ist bisher die Zielsetzung; Das entspricht rund 125 Milliarden Euro, die von Staat und Wirtschaft erbracht werden. Mit diesem Geld soll künftig, auch durch bessere Wirkungsmessung, effizienter umgegangen werden. „Der Transferoutput muss auf ein Niveau gehoben werden, das dem hohen Input entspricht“, schreibt der Zukunftsrat.
Gravierender wird für die deutsche Wissenschaftslandschaft die angedachte Remilitarisierung in Teilbereichen sein. „Die Zeitenwende erfordert eine neue Debatte über die Verteidigungsforschung und Dual Use an allen Forschungseinrichtungen“, formuliert der Zukunftsrat. So könnte etwa „ein DeepTech-Wachstumsfonds mit Dual-Use-Fokus“ eingerichtet werden und Bewusstseinsbildung für mehr Waffentechnik. Für einige Universitäten wäre dies mit der Aufgabe ihrer „Zivilklauseln“ verbunden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Thüringen auf Koalitionskurs
Wagenknecht lässt ihre Getreuen auf Wolf los
Schließung der iranischen Konsulate
Die Bundesregierung fängt endlich an zu verstehen
Jaywalking in New York nun legal
Grün heißt gehen, rot auch
Unwetterkatastrophe in Spanien
Vorbote auf Schlimmeres
Steinmeiers Griechenland-Reise
Deutscher Starrsinn
Autoritäre Auswüchse beim BSW
Lenin lässt grüßen