piwik no script img

Identitäre Bewegung bei BundeswehrReserveoffizier verliert Dienstgrad

Gegen einen Offizier wird die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme verhängt, weil er die Identitäre Bewegung unterstützte. Er darf keinen Dienstgrad mehr führen.

In klarem Widerspruch zu einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung: Anhänger der Identitären Bewegung Foto: Sachelle Babbar/imago

Leipzig afp | Gegen einen Reserveoffizier der Bundeswehr, der sich für die rechtsextremistische Identitäre Bewegung (IB) engagierte, wird die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme verhängt. Das teilte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am Dienstag mit, es bestätigte damit eine Entscheidung des Truppendienstgerichts Süd. Der Oberleutnant der Reserve verliert durch das Urteil eine Übergangshilfe von mehr als 23.000 Euro und darf keinen militärischen Dienstgrad mehr führen.

Die Identitäre Bewegung sei nicht vereinbar mit den Grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, erklärte das Bundesverwaltungsgericht. Verfassungswidrige Betätigung, die von innerer Überzeugung getragen sei, rechtfertige die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme.

Der frühere Oberleutnant arbeitete den Angaben zufolge in den Jahren 2015 und 2016 am Aufbau einer Regionalgruppe der Identitären Bewegung in Bayern mit. Er habe an mehreren Demonstrationen teilgenommen und auch an einem Werbefilm der Gruppe mitgewirkt. Dadurch habe er die für Soldatinnen und Soldaten geltende Treuepflicht verletzt.

Die IB widerspreche dem Grundsatz der Gleichheit aller Staatsbürger, der für eine Demokratie essenziell sei, erklärte das Gericht. Der Ideologie der Gruppe zufolge komme es auf die ethnisch-kulturelle Identität eines Menschen an. Sie unterteile in Staatsbürger erster und zweiter Klasse.

Verletztes Demokratieprinzip

Nicht ethnische Deutsche sollten ihrer Auffassung zufolge durch Druck dazu gebracht werden, in Herkunftsländer zurückzukehren. Dadurch werde ihr Anspruch auf gleichberechtigte politische Teilhabe verletzt, ein Kernelement des grundgesetzlichen Demokratieprinzips.

Außerdem lehne die IB den Parlamentarismus und das Mehrparteiensystem ab. Die Forderung nach Abschaffung von Parteien und Parlament stehe in klarem Widerspruch zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung.

Der frühere Oberleutnant habe die Programmatik der IB gekannt, erklärte das Gericht. Er sei ein gut informierter Insider gewesen. Schon während seines Studiums habe er in einer Zeitschrift publiziert, die von einem Mitgründer der Gruppe herausgegeben worden sei. Da er die politischen Ziele kannte und sie auch habe einordnen können, ging das Gericht davon aus, dass er sich zumindest bedingt vorsätzlich verfassungswidrig betätigte.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Oh, ein Einzelfall. Dann sollten wir uns hier ein Beispiel an der "Debatte" (genauer gesagt Hetze) gegen die Asylanten bzgl. der Messerattacke von Solingen nehmen. D.h.: die ganze Bundeswehr gehört abgeschafft. So wie man ja nun keinen Flüchtling aus Syrien mehr aufnehmen will. Gleiches Unrecht für alle.

    Doofer Unterschied zu Solingen: das hier ist kein Einzelfall.

  • Ein Grundgesetz-Eidbrecher, dieser verdammte Faschist!

  • Zum Glück ja nur ein bedauerlicher Einzelfall, also kein Grund den Anlauf zu nutzen und die Truppe weiter auszumisten.

    • @Freundlicher:

      Wenn Ihnen weitere konkrete Fälle bekannt sind, geben Sie bitte Ihre Informationen an die zuständigen Behörden weiter. Vielen Dank.

      • @Olli P.:

        www.bmvg.de/de/akt...richt-2021-5392872

        Und das sind nur die Fälle, die die Bundeswehr selbst listet. Da sie freundlicherweise darauf aus sind, zu behaupten, es gäbe gar nicht so viele Fälle, das funktioniert so nicht.

        Es ist auch einfach erklärbar. Wenn man sich vor Augen führt, wie Rechtsextreme denken und was ihre Werte sind, dann wäre es geradezu idiotisch zu glauben, sie würden nicht vermehrt in Polizei und Bundeswehr auftauchen. Denn Law&Order, Gewalt, Waffen sind ihre Werte. Nicht Freiheitlichkeit, Gewaltlosigkeit und Toleranz. Darum findet man sie unter Streeworkern vermutliche seltener als in der Polizei etc.

  • Das ist doch mal eine gute Nachricht.