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BSWWagenknecht will mitreden

Eigentlich könnten die CDU und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in Erfurt und Dresden zusammen passen. Doch es knallt schon im Vorfeld

Im Wahlkampf in Thüringen – sonst in Talkshows oder im Saarland: Sahra Wagenknecht Foto: imago

Dresden taz | In Thüringen und Sachsen ist es gut möglich, dass die Christdemokraten nach der Wahl am 1. September nur mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) eine Regierung ohne die AfD bilden können. Allerdings kracht es im Vorfeld. Beide Seiten formulieren vorab Bedingungen für Gespräche – im Fokus steht die Rolle der Parteigründerin.

Der thüringische CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt hatte erklärt, dass es mit dem BSW „keine Gesprächsgrundlage gibt, solange Sahra Wagenknecht aus dem Saarland heraus die Ansagen für Thüringen macht“.

Auch Sachsens CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer hatte Wagenknechts Einfluss auf mögliche Sondierungen scharf kritisiert. Der Versuch, von außen zu bestimmen, was in Sachsen passiere, erinnere an „die Zeiten des Politbüros“. Wagenknecht habe ein „seltenes Talent, Dinge zu zerstören“. Das klingt nicht nach einer Basis für vertrauensvolle Sondierungsgespräche. Die beiden CDU-Politiker hegen den Verdacht, dass die BSW-Gründerin zu Thüringen und Sachsen nur ein instrumentelles Verhältnis hat.

Wagenknecht kontert nun. Der taz sagte sie am Rande ihres letzten Wahlkampfauftritts in Dresden am Mittwoch: „Wer mit uns koalieren will, sollte keine Angst haben, auch mit mir zu reden. Aber die eigentlichen Koalitionsverhandlungen werden natürlich unsere Kandidaten vor Ort führen.“ Sie habe „nicht den Ehrgeiz, sich wochenlang an spezialisierten Arbeitsgruppen“ zu beteiligen.

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Allerdings besteht Wagenknecht darauf, am Anfang in Erfurt und Dresden dabei zu sein. „Wer mit uns koalieren will, muss mit den Spitzenkandidaten und mir gemeinsam über die großen Linien reden“, so Wagenknecht.

Das ist nicht trivial. Direkte Verhandlungen mit der Parteigründerin schließt die CDU in Erfurt und Dresden aus. Dass Bundespolitiker in Koalitionsverhandlungen in Ländern eingreifen, ist eher unüblich. Auch Katja Wolf, BSW-Spitzenkandidatin in Thüringen, sprach in der Vorwoche vage von enger Abstimmung mit der Parteichefin – aber nicht davon, dass diese über die „großen Linien“ mitverhandeln wird.

Rote Linie

Wagenknecht hatte in der Zeit eine rote Linie für Regierungsbeteiligungen fixiert. In den Koalitionsverträgen müsste sich „die Landesregierung gegen endlose Waffenlieferungen an die Ukraine, für mehr diplomatische Bemühungen der Bundesregierung und gegen die US-Raketenpläne“ positionieren. Im Osten werden keine US-Raketen stationiert, über Diplomatie wird im Bund entschieden. Die praktischen Auswirkungen sind daher unklar. Mario Voigt hat am Donnerstag nochmals bekräftigt, dass die CDU Thüringen Wagenknechts rote Linie für eine nicht diskutable Einmischung von außen hält.

In ihrer Rede am Mittwoch in Dresden vor ungefähr 1.000 ZuschauerInnen zog Wagenknecht Parallelen zwischen 2024 und „der Endzeit der DDR“. Wie 1989 hätten viele den Eindruck, dass es „die da oben nicht mehr packen“. Wagenknecht forderte zudem, im Ukrainekrieg auf Verhandlungen zu setzen. Kyjiw keine Waffen mehr zu liefern, so Wagenknecht, „wäre Solidarität mit der Ukraine“.

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12 Kommentare

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  • Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Da will die Vorsitzende einer Splitterpartei (10 Abgeordnete im Bundestag, die noch nicht mal als BSW gewählt wurden, sondern aus der Linkenfraktion, für die sie ihre Stimmen bekommen haben, abgehauen sind) über die Ergebnisse von Landtagswahlen die bundesrepublikanische Außenpolitik bestimmen. Ist das noch Hybris?



    Es bleibt zu hoffen, daß sich keine seriöse Partei auf derartige Erpressungsversuche einlässt.

  • Sahra hat klargemacht, dass die rote Linie für eine Koalition die Position zu Russland und der Ukraine ist. Damit kommt nur noch eine Partei als Regierungspartner in Frage. Wegen der damit verbundenen Unappetitlichkeit ist ihre persönliche Anwesenheit erforderlich, um das bei den bei allem Kadergehorsam grummeligen eigenen Leuten durchzudrücken.

    • @TheBox:

      ...aber was will Sahra damit erreichen?

      Wenn Thüringen so ausgeht, wie die Umfragen andeuten, KANN sich das BSW überhaupt nicht mit solchen Koalitionsverhinderungstaktiken außen vorhalten. Dann muss irgendein Konsens her, der entweder maximal(!) "unappetitlich" oder eben quer zu ihrer (weiß-blau-)roten Linie verläuft.

      Hat sie vor, das restliche Parteienspektrum ähnlich stur und destruktiv zu erpressen wie ihre frühere Partei ("Unter mir oder ohne mich!")? Oder will sie eine Minderheitsregierung aus CDU, Linker und SPD forcieren?

  • Irgendwo muss es doch knallen. Je transparenter und früher um so besser

  • Frau Wagenknecht kann nicht regieren. Sie WILL es nicht mal - außer wenn Alles auf ihr Kommando hört. Deshalb verhindert sie, wo sie kann, jede Regierungsbeteiligung, indem sie bewusst unerfüllbare Vorbedingungen stellt. Diese ohnemichelige Selbstbezogenheit ist in ihrem Jubelverein ja auch inhaltlich Programm.

    Leider hat sie auch noch die Partei so organisiert, dass ein Ausscheren aus dem von ganz oben vorgegebenen Kurs besonders schwer sein dürfte. Es ist den Landesverbänden kaum zuzutrauen, dass sie dazu das Verantwortungsbewusstsein für das Land und den nötigen Mut aufbringen.

    • @Normalo:

      Ich glaube, da irren Sie. Sind Sie mal Mitglied in einer Partei gewesen?

      In Parteien, die von "Berufspolitikern" (und solchen die es werden wollen!) geprägt sind, sind in der Tat starke Abhängigkeiten von "oben" vorhanden. Viele sind dort auch ökonomisch von den Parteien und ihren Stiftungen abhängig.

      Im BSW vermutlich eher gerade nicht. Die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten brauchen für ihre Biografie das BSW zweifellos nicht. Eher ist das BSW von ihnen abhängig als umgekehrt. Jeder und jede von denen könnte ohne Schaden an der eigenen Karriereplanung wieder austreten.

      Klar wären sie ohne Zustimmung von Sahra & Co. nicht an die Spitze gelangt. Aber wenn sie erstmal vom Volk gewählte Mandatsträger sind, dann kehrt sich das Verhältnis um. Dann muss Sahra auf sie hören, nicht umgekehrt.

      Wobei ich hoffe, das Vertrauensverhältnis ist ausreichend groß, dass es da zu keinen Verwerfungen kommt. Aber ein zentralistischer Verein wird das nach den Wahlen nicht mehr sein.

  • Das ist nun Wahlkampf. Wagenknecht muss den Eindruck vermeiden, das BSW sei ein bequemer Mehrheitsbeschaffer für die kritisierten Altparteien. Kretschmer und Voigt können die Gelegenheit nutzen und an das Eigenständigkeitsbewusstsein in den ostdeutschen Ländern appellieren. Ich denke, zumindest Kretschmer in Sachsen wird einen Punkt machen und dem BSW vielleicht noch ein paar Stimmen abnehmen.

    Dennoch wird es m.E. CDU-BSW-Koalitionen geben, wenn anderes nicht möglich ist (und danach sieht es aus). Da schreibt man dann halt einen Formelkompromiss in die Präambel des Koalitionsvertrages. Die Linke in Landesregierungen musste auch immer irgendwelche Abgrenzungen zu DDR und Mauer mit unterschreiben, obgleich das auch keine Landespolitik ist.

    Interessanter scheint mir, wo das BSW in einer Regierung landespolitische Schwerpunkte setzen wird. Mit Jörg Scheibe in Sachsen vielleicht bei Wirtschaft und Umwelt, mit Katja Wolf in Thüringen bei Bildung, Soziales und Kommunen.

  • " 'Wer mit uns koalieren will, sollte keine Angst haben, auch mit mir zu reden. Aber die eigentlichen Koalitionsverhandlungen werden natürlich unsere Kandidaten vor Ort führen.' Sie habe 'nicht den Ehrgeiz, sich wochenlang an spezialisierten Arbeitsgruppen' zu beteiligen."

    Wobei hier "Lust" statt "Ehrgeiz" das ehrlichere Wort wäre: Das wäre ja zäher Arbeitsaufwand, der publicitymäßig kaum was bringt. Lieber von Plakatwänden grinsen, obwohl man sich garnicht zur Wahl stellt.

    Ansonsten wird hoffentlich keine Partei die von ihr gezogenen roten Linien akzeptieren. Ausser der AFD vielleicht, weil die auch keine Lösungen hat und nur plärrt.

    Sie hat es halt bei der FDP abgekupfert: Da will auch seit Jahrzehnten in jeder Regierung, in der sie vertreten ist, der Schwanz mit dem Hund wedeln. Und kommt leider häufig damit durch. Erpressungspotential ist leider meist gegeben.

  • Es geht ihr halt um sich selbst,steht ja schon im Namen der Partei.

  • Natürlich möchte sie das und muss das auch tun. Ansonsten ist das BSW wieder weg .

  • BSW und CDU passen grundsätzlich nicht zusammen. Schon deshalb finde ich die Theorie der Zusammenarbeit abenteuerlich und falsch. Die "Brandmauer" muss auch für das BSW gelten!

  • Wer mit der stalinistischen Berufsrevolutionärin zusammenarbeiten will, hat Demokratie nicht verstanden. Gegen AfD ist da auch kein Argument.