Befürchtete Eskalation in Nahost: Warten auf den Deal

Der Iran könnte auf den Vergeltungsschlag gegen Israel verzichten – falls Verhandlungen um einen Waffenstillstand Ende der Woche erfolgreich sind.

Ein von der iranischen Regierung verbreitetes Foto zeigt Kundgebungen zu Ehren des getöteten Hamas-Führers Ismail Hanijeh in Tehran Foto: Office of the Iranian Supreme Leader/reuters

BERLIN taz | Kommt der Angriff des Iran auf Israel? Oder doch nicht? Seit bald zwei Wochen hat diese Frage die gesamte Region fest im Griff. Und während es am Montag so aussah, dass ein Angriff unmittelbar bevorstehen könnte, kehrte sich die Lage am Dienstag offenbar ins Gegenteil. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters wäre der Iran wohl bereit, einen Vergeltungsschlag auf Israel unterbleiben zu lassen. Aber nur für den Fall, wenn die für Donnerstag anberaumten erneuten Verhandlungen um einen Geiseldeal und ein Ende des Krieges in Gaza zum Erfolg führen.

Ein iranischer Offizieller erklärte dazu: Die Islamische Republik sei, wie auch die mit ihr verbündete Miliz Hisbollah, bereit anzugreifen, sollte Israel die Verhandlungen hinauszögern oder sollten die Gespräche scheitern. Damit scheint der Iran seine zuvor ausgesprochenen Drohungen abzumildern. Die Hisbollah hatte seit der Israel zugeschriebenen Tötung von Hamas-Politbürochef Ismael Hanijeh am 31. Juli in Teheran mit einem massiven Angriff auf israelischem Boden gedroht. Auch von Verhandlungen wollte man sich nicht abhalten lassen.

Die Hamas hatte zunächst angekündigt, an den Verhandlungen am Donnerstag in Katar nicht teilzunehmen. Stattdessen hatte sie, unter ihrem neuen Politchef Jahia Sinwar, auf den Verhandlungsstand von Anfang Juli verwiesen. Laut der libanesischen Zeitung Al-Akhbar baut nun Ägypten vermehrt Druck auf die Hamas auf, ihre Entscheidung zu widerrufen. Eine Quelle in Ägypten berichtete gegenüber Al-Akhbar: Um den israelischen Vorwurf, die Hamas würde die Verhandlungen um einen Waffenstillstand torpedieren, zu entkräften, müsse die Hamas den Gesprächen beiwohnen.

Auch die Türkei wird in die diplomatischen Bemühungen eingebunden: US-Außenminister Antony Blinken betonte in einem Telefonat mit seinem türkischen Amtskollegen Hakan Fidan, wie wichtig es sei, dass die Hamas teilnehme. Nach Angaben des US-Botschafters in der Türkei, Jeff Flake, tue „die türkische Regierung, was sie könne“, um eine weitere Eskalation in Nahost zu verhindern.

Galant greift Netanjahu an

Die Beziehungen zwischen der Hamas und der Türkei gelten als gut: Hamas-Kader halten sich in dem Land auf, zudem wurden nach dem Tod von Hanijeh Solidaritätsdemonstrationen abgehalten. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan selbst bezeichnete Hanijeh nach dessen Tod als „Bruder“.

Hamas-Politchef Sinwar erklärte am Dienstagnachmittag schließlich, man sei bereit an den Verhandlungen teilzunehmen – unter der Bedingung, dass Israel seine Militärkampagne in Gaza im Vorhinein einstelle. Es ist zu erwarten, dass Israel das ablehnen wird – trotz der berichteten Taktik des Iran und allem, was somit auf dem Spiel steht.

Dass Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu weiterhin vom „absoluten Sieg“ über die Hamas spricht, sorgt derweil auch in Israel für Konflikte. So nannte Verteidigungsminister Joav Galant am Montag nach Medienberichten Netanjahus Versprechen des Sieges „Gibberish“ – also Unsinn. Auch dass es ihm an Mut fehle, Entscheidungen zu treffen, soll Galant ihm vorgeworfen haben, ohne allerdings Netanjahus Namen zu nennen.

Der schoss gleich zurück: Als Verteidigungsminister sei Galant der Doktrin des „absoluten Siegs“ verpflichtet, seine Einlassungen seien „antiisraelisch“. Netanjahu wird vorgeworfen, die Verhandlungen um einen Deal zu torpedieren, etwa mit dem Festhalten an der Forderung, dass Israels Militär auch nach einem Waffenstillstand und Abzug aus Gaza wieder dorthin zurückkehren dürfen müsse.

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