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Neue Werke von BanksyAufs Tier gekommen

Der Künstler Banksy ist ein Phantom. Seit über einer Woche sorgen Werke mit Wildtieren von ihm einmal mehr für Aufsehen. Was will er damit sagen?

Vielleicht ein Zeichen dafür, dass sich Leben stets seinen Weg bahnt: Banksy-Graffito am Londoner Zoo Foto: Cover Images/imago

Berlin taz | Das sogenannte Sommerloch eignet sich ganz wunderbar für ominöse Tiergeschichten: Im vergangenen Jahr etwa füllte eine bei Berlin gesichtete vermeintliche Löwin das mediale Loch auch außerhalb des deutschsprachigen Raums. Dieser medialen Begeisterung fürs Tierische mag sich auch der Street-Art-Künstler Banksy bewusst sein. Seit etwas über einer Woche jedenfalls sorgt er (?) in London täglich mit einem neuen Werk für … ja, was eigentlich?

Begeisterung etwa löst Banksy mit seiner neuesten Aktion bei denjenigen aus, die die meist hochpolitische Graffitikunst des anonymen Street-Art-Künstlers feiern. Aber auch eine gewisse Ratlosigkeit hinterlassen die inzwischen insgesamt neun Bilder. Denn etwas unüblich für Banksy, dessen Botschaften sonst eher plakativ, dadurch aber immerhin gut verständlich daherkommen, zeigen die neuen Werke diverse Wildtiere an Häuserfassaden und anderen Gegenständen im urbanen Raum. So jedenfalls interpretieren es Kunstmagazine, die der Banksy’schen Kunst keine Vielschichtigkeit attestieren wollen.

Kreativer werden da diejenigen, an die sich Banksys Arbeit im Stadtraum in der Regel richtet: die Bürger*innen. Auf Instagram, wo er erklärungslos Fotos seines Großstadtdschungels postete, häufen sich die Interpretationen seiner Fans in den Kommentaren. So könnte das erste Bild, auf dem eine Ziege auf einem bröckelnden Vorsprung steht, während eine reale Überwachungskamera draufhält, laut einem User als Medienkritik verstanden werden. Gemäß dieser Interpretation zeige die Kamera nicht etwa die gesamte Szenerie, sondern nur die bröckelnden Steine, sprich einen Ausschnitt. Eine Ode an die Komplexität also?

Kackende Bergziege in West-London Foto: Toby Melville/reuters

„Nature is about to fck the industry like the industries fckd nature“, kommentierte indes Influencerin Enissa Amani jenes Werk, bei dem ein Nashorn ein an einer Hauswand abgestelltes Auto besteigt.

Franz Marc als Vorbild?

Weniger kryptisch erscheint indes das nach BBC-Angaben unter Berufung auf das Team des Künstlers letzte Werk aus Banksys Tierleben am Eingang des Londoner Zoos: Ein Gorilla hebt auf den Rollläden einen Vorhang hoch, sodass Tiere in die freie Wildbahn entschlüpfen können. Ein Zeichen dafür, dass sich Leben stets seinen Weg bahnt, so eine Deutung der Netzgemeinde.

Kunstklau am hellen Tage in London Foto: Jordan Pettitt/dpa

Wer aber steckt hinter der Banksy-Street-Art? Eine Frage, die nicht nur die Kunstwelt seit geraumer Zeit umtreibt. Als gesichert gilt laut Ex­per­t*in­nen nur, dass Banksy aus dem englischen Bristol stammt. Dort jedenfalls begann er in den Neunzigerjahren, seine Graffiti in Stencil-Technik zu hinterlassen. Eines dieser Werke ist heute noch in Bristol zu bewundern: „The Mild Mild West“ zeigt einen Teddybären, der einen Molotowcocktail auf drei Polizisten wirft. Dessen Entstehung bezieht sich auf eine Reihe illegaler Partys, die in der Zeit in verlassenen Lagerhäusern in Bristol stattfanden und gegen die die Polizei gewaltsam vorging.

Beim Rätselraten über die wahre Identität des Robin Hoods der Street-Art wurden bereits einige Namen genannt, so etwa der des Briten Robin Gunningham. Auch, dass sich hinter Banksys Kunst ein Kollektiv versammelt, ist möglich und würde die unterschiedlichen Orte, an denen die Werke auftauchen, erklären.

„Ich habe nie das Verlangen, die Tiere zu malen, ‚wie ich sie ansehe‘, sondern wie sie selbst die Welt ansehen“, beschrieb einst Tiermotiv-Aficionado Franz Marc seine Malerei. Hat sich Banksy vielleicht an dem Maler ein Beispiel für seinen Sommerloch-Scoop genommen? Auch das bleibt Spekulation.

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4 Kommentare

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  • Die Unterhaltung der diversen Zoos kostet ziemlich viel Geld. Ich wäre dafür, diese lebenslange Inhaftierung von Wildtieren zu beenden. Klar haben die auch ihren Sinn bei der Erhaltung des Genpools, aber ist das Leid der Tiere nicht furchtbar? Hospitalismus bei allen Großkatzen.

  • Meine Lieblingsinterpretation: "it could have a really serious kind of point to it - maybe that we’re not doing enough to ensure animals globally have enough natural space"

    Ein Feierer.

    www.bbc.com/news/articles/ce38lq7zy34o

  • Woher weiß man, dass es vom berühmt-berüchtigten Banksy ist - einmal mehr, wenn man gar nicht weiß, wer Banksy ist?

    Qualitativ ist das, was nun neuerlich zu sehen ist, jedenfalls alles andere als berühmt ...

  • Schon faszinierend, dass der Sprayer, Bansky selbst oder ein Beauftragter, in mitten von sovielen Überwachungskameras täglich Gemälde sprayt. Man muss bedenken, er ist immernoch anonym unter uns, und keiner kennt seine wahre Identität. Das ist wie mit Daft Punk. Dann muss die vorgefertigte Schablone ja irgendwie vom Hotel oder einer nahegelegenden Wohnung zum Tatort getragen werden.

    Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass er zumindest vermummt auf Überwachungsaufnahmen zu sehen ist. Oder, dass ein Passant ihn in Flagranti erwischt.

    Und dann ist noch die kleine Wahrscheinlichkeit, dass die Polizei herbeigerufen wird, und ihn festnimmt, weil es sich immernoch um Sachbeschädigung handelt. Erst im Nachhinein werden die ihn laufen lassen, weil wenn es Bansky war, den man verhaftet hat, dann war es Kunst und keine Sachbeschädigung. Aber dann wurde er bereits revealed, und das hat er bislang viele Jahre lang gut geheim halten können.