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Hitze, Brände, KlimawandelZu wenig, zu spät

Nick Reimer
Kommentar von Nick Reimer

Wetter ist nicht gleich Klima, doch fest steht: In Sizilien breiten sich Wüsten aus und Deutschlands Städte sind auf die Erwärmung nicht vorbereitet.

Hitze und Trockenheit: Touristen auf Sizilien im Juli 2024 Foto: Andrew Medichini/ap

U m es gleich vorwegzunehmen: Die Waldbrände in Griechenland sind nicht der Klimawandel. Starker Wind facht die Flammen immer wieder an, was die Arbeit der Feuerwehr erschwert. Auch dass aktuell das Trinkwasser auf den Urlaubsinseln in der Ägäis knapp ist, hat zunächst nichts mit dem Klimawandel zu tun: Es gibt einfach sehr viele Touristen, und die machen sich selten Gedanken über das Wasser.

Aber spätestens beim Blick nach Sizilien kommt der Klimawandel ins Spiel: Er wird die Mittelmeerregion heißer und trockener machen, und zwar so, dass sich beispielsweise Wüsten auf Sizilien ausbreiten.

Was Klimamodelle vor Jahrzehnten prognostizierten, ist mittlerweile nachmessbar: Der letzte Winter in Griechenland war der wärmste aller Zeiten, auf Sizilien gab es nur noch 10 Prozent so viel Niederschlag wie vor dem Klimawandel, der 24. Juli 2024 war der heißeste Tag, der jemals weltweit gemessen wurde. Nie waren die Ozeane wärmer, nie die Gletscherschmelzrate größer, nie die Meereisbedeckung kleiner als in den letzten beiden Jahren.

Und offensichtlich sterben in Deutschland doppelt so viele Menschen an der Hitze, als von hiesigen Behörden ermittelt wird. Das zumindest legt eine Studie aus Spanien nahe.

Deutschland wird so warm wie Südeuropa

Unstrittig ist, dass die hitzebedingte Mortalität weiter steigen wird: Hamburg wird nach den Modellen in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts ein Klima bekommen, wie es heute in Pamplona vorherrscht. In München wird es so werden wie heute in Mailand. Mit dem kleinen Unterschied, dass die südeuropäischen Städte mit jener Hitzeerfahrung gebaut wurden, die uns Mitteleuropäern fehlt.

Stoppen lässt sich diese Entwicklung nicht mehr, allenfalls abbremsen – wenn es weltweit Klimaschutz gibt. Deshalb müssten wir jetzt anfangen, unsere Städte auf die Hitze vorzubereiten. Mehr „Blau“, mehr „Grün“ – Wasserflächen und Bäume verdunsten viel, weshalb sie die Umgebung kühlen. Allerdings fordert die FDP mehr „Grau“: nämlich mehr Parkplätze.

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Nick Reimer
Seit 1998 bei der taz (mit Unterbrechungen), zunächst als Korrespondent in Dresden, dann als Wirtschaftsredakteur mit Schwerpunkt Energie, Klima und Landwirtschaft, heute Autor im Zukunftsressort.
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13 Kommentare

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  • Der Artikel beleuchtet die bröckelnde Brandmauer der CDU gegenüber der AfD, insbesondere in den ostdeutschen Bundesländern. Obwohl die CDU offiziell jegliche Zusammenarbeit mit der rechtsextremen Partei ablehnt, zeigt sich in der Praxis, dass diese Grenze zunehmend durchlässig wird. Dies wird durch die wachsende Bereitschaft unter CDU-Mitgliedern, insbesondere in Ostdeutschland, verdeutlicht, mit der AfD in bestimmten Fällen zusammenzuarbeiten. Der Artikel warnt davor, dass die CDU nach den Wahlen in Sachsen und Thüringen möglicherweise vor einem Dilemma steht, wenn es um die Bildung von Mehrheiten geht, insbesondere wenn die Verhandlungen mit anderen Parteien, wie dem Bündnis Sahra Wagenknechts, scheitern. Der drohende Fall der Brandmauer könnte gravierende politische Konsequenzen haben und stellt die CDU vor eine entscheidende Herausforderung.

  • So sehr meine Verachtung einer Pseudopartei FDP gilt, hier muss ich allerdings zugeben, dass die nicht allein dasteht und blockiert. Einzig die GRÜNEN streben wirkliche Änderungen an und - lassen sich ausbremsen, knicken immer wieder ein. Trotzdem: die sagen wenigstens -wenn auch verzagt- dass sich jedeR einzelne von uns in seinen Gewohnheiten ändern muss. Genau das jedoch wollen die Leute nicht hören und prompt haben die Populisten Höchstkonjunktur: CDSUAFDP belügen die Menschen mit Aussagen, dass alles technologieoffen zu lösen sei und man sich eben nicht anstrengen muss. DAS ist die Krux....

  • "Stoppen lässt sich diese Entwicklung nicht mehr" das ist der entscheidende Punkt. Neben dem Kampf gegen fossile Energien muß der Norden sich vorbereiten, ganz pragmatisch.

  • Natürlich sind wir nicht vorbereitet. Bei uns gibt es ja ausschließlich eine Debatte darüber, wie durch Aktionismus in Deutschland irgendwelche imaginären Klimaziele doch noch eingehalten werden. Da treten dann renommierte naturwissenschaftliche Erbsenzähler an, die ausrechnen, wie der Klimawandel gestoppt werden kann, wenn wir morgen eine Weltregierung bekommen, deren Priorität das Klima ist. Die entscheidenden Weichen sind vor Jahren gestellt worden und keine davon in Deutschland. Der Klimawandel kommt. Wir sollten endlich anfangen, uns darauf einzustellen.

    • @Kurt Kraus:

      Wir werden uns nur ein Stück weit darauf einstellen und damit leben können. Ab gewissen Temperaturen ist einfach Schluss mit Leben! Irgendwann wird auch die Nahrungsversorgung zunehmend schwieriger werden, da die Landwirtschaft sich auch nur bis zu einem gewissen Grad wird anpassen können, die Anbauflächen weniger werden, die Erträge stärker schwanken werden. Die Fischerei ist (unter anderem) aufgrund der Erwärmung bereits in Schwierigkeiten. Auch das (ebenfalls menschenverursachte und auch zu einem gewissen Maße durch die Klimakatastrophe angefeuerte) Artensterben wird zu immer mehr Problemen für die Menschheit führen. Ökosysteme, Nahrungsketten funktionieren nicht mehr usw. usw. ...



      Wird spannend mit der Anpassung. Da zeichnet sich am Horizont etwas ab, was sich viele heute noch nicht vorstellen können.

      • @J. Straub:

        Nochmal: Anpassung ist nur begrenzt möglich. Dann ist einfach Schluss. Aber was soll´s, es wird zunächst eh nur den weniger begüterten Teil der Bevölkerung treffen... Klimaerhitzung heißt nicht nur, dass es wärmer und wärmer wird. Wenn es global zunehmend zu Ernteausfällen kommt, dann werden wir (der globale Norden, die westliche Welt, wie auch immer man es nennen möchte) zunächst dem ärmeren Rest der Welt die Nahrungsmittel wegfressen weil wir genug bezahlen können. Demokratien werden wackelig oder zusammenbrechen, An den Grenzen (z.B den EU-Außengrenzen) wird es aufgrund des steigenden Zustroms von Menschen zunehmend unschön werden. Und wie viele Naturkatastrophen in Form von Hochwasser, Stürmen oder Bränden können wir uns finanziell leisten? Ich glaube, sie sind sich der allmumfassenden Folgen des Ganzen nicht wirklich bewusst.

        • @J. Straub:

          Der Beitrag sollte natürlich eine Antwort auf untenstehenden von @Kurt Kraus sein!

      • @J. Straub:

        Natürlich lassen sich nicht alle Folgen der Klimaänderung durch Anpassung auffangen. Die grüne Variante von "bringt wenig, also machen wir gar nichts" ist aber auch nicht besser. Da wir in Deutschland wenig tun können, um den Klimawandel zu verlangsamen, muss Anpassung Prioriät haben. Priorität ist umso wichtiger, da unsere Gesellschaft nicht multitaskingfähig ist, weil unsere Medien nicht multitaskingfähig sind.

    • @Kurt Kraus:

      Vollkommene Zustimmung. Ich bin darüber hinaus der Meinung, dass das Konzept "jedes Land hat seine eigenen Klimaziele" ein kompletter Irrweg ist. Anstatt sich in D Gedanken zu machen, wie wir hier mit viel Geld und Aufwand 0,2 Prozent CO2 Emissionen einsparen können, wäre die Hebelwirkung viel größer täte man in Länder investieren, in dasselbe Geld ein vielfaches dessen einsparen würde.

      Dem Klima ist es egal aus welcher Ecke des Planeten die Emissionen kommen. Ich wünschte auch die Klimaaktivisten, Politiker und Unternehmen würden so denken und entsprechend handeln.

  • ja, die FDP hat wirklich die Orientierung verloren und irrt gedanklich ziellos umher.. aber auch die Grünen wollen "Nachverdichtung" und Neubau in den Städten, wegen des Wohnungsmangels. Kann mich nicht erinnern dass die Grünen in den letzten Jahren wegen Stadtbäumen die wegen Wohnungsbau gefällt werden irgendeine Aktion gemacht haben. Man hört auch vn der Bauministerin absolut nichts was Stadtplanung Luftaustausch, Grünflächen usw angeht. Auf der anderen Seite steigen die Temperaturen in den Städten weil diese immer größer und grauer werden, was Auswirkungen auf die Meßstellen hat die den Temperaturanstieg dokumentieren - menschengemacht, aber nicht von CO2 Ausstoß verursacht...

    • @Gerald Müller:

      Die Grünen sind genauso Establishment wie Union, SPD oder FDP, nur dass sie eine andere Plutokratenfraktion vertreten. Der Traum vom grünen Wachstum ist zum Scheitern verurteilt, aber statt den Menschen reinen Wein einzuschenken und ihnen zu erklären, dass nur ein gemeinschaftliches Schrumpfen eine Chance bietet nicht nur die Klimakatastrophe, sondern auch die ständig wachsende soziale Ungerechtigkeit zu bekämpfen, wird an irgendwelchen leeren Kapitalismusträumen festgehalten.

    • @Gerald Müller:

      naja, in Städten kann man zur Not noch sagen, dann schwitzen sie halt (auch wenn da snicht so niedlich ist wies klingt) . Wichtiger ist es das Thema Wasser anzugehen. Wasser muß in der Landschaft gehalten werden. Das gehört in jeden Bauplan und jeden Flächennutzungsplan hinein.

  • In der Wissenschaft ist die Modellierung der Desertifikation unstrittig mit den entsprechenden Folgen für die Bevölkerung und die Ernährungslage. Wenn die Politik die Veränderung von Klima und Wetter seit Jahrzehnten nicht adäquat in Entscheidungsprozesse einbezogen hat, ist das zwar ein Kritikpunkt, aber noch kein Wendepunkt, denn bedrohlich werden auch Kipppunkte immer wieder adressiert. Einer der allgemein verständlich und dennoch in klaren Worten im Kontext des Klimawandels darüber referiert, ist der Ozeanograf Prof Mojib Latif aus Hamburg, multimedial.



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    Wüstenforscher Dr Alexander Erlewein:



    "Die Schädigung von Boden ist eine globale Herausforderung; am stärksten betroffen sind Trockengebiete in Zentralasien sowie südlich der Sahara, aber zum Teil auch im Mittelmeerraum. Auf knapp einem Viertel der Landoberfläche der Erde hat in den vergangenen 25 Jahren – in unterschiedlichem Maße – Landverödung stattgefunden. Die Lebensgrundlage von mehr als 1,5 Milliarden Menschen ist dadurch gefährdet. Und die Lage verschärft sich weiter: Jährlich gehen rund zwölf Millionen Hektar landwirtschaftliche Fläche durch Erosion verloren – etwa ein Drittel der Fläche Deutschlands."



    Quelle geo.de