piwik no script img

Rassismusvorwürfe gegen RichterAnzeige wegen Volksverhetzung

Der Geraer Richter Bengt Fuchs soll sich im Netz rassistisch und homofeindlich geäußert haben. Nun könnte eine Verjährung der Vorwürfe drohen.

Justizzentrum Gera: Hier arbeitet der Richter Bengt Fuchs Foto: Jan Woitas/dpa/picture alliance

Hamburg taz | Die Zeit läuft ab. Ab dem 7. August könnten die ressentimentgeladenen digitalen Äußerungen des Richters Bengt Fuchs ohne juristische Konsequenzen bleiben. Vor fast genau fünf Jahren soll der Richter am Verwaltungsgericht Gera in dem korporierten Forum „Tradition mit Zukunft“ (TraMiZu) unter anderem vorgeschlagen haben, Sinti und Roma als „Rotationseuropäer mit Eigentumszuordnungsschwäche“ zu bezeichnen.

Nun hat die Linken-Politikerin Katharina König-Preuss bei der Staatsanwaltschaft Gera Anzeige gegen Fuchs wegen „Volksverhetzung“ gestellt, um einer Verjährung entgegenzuwirken. „Ich bitte dringend darum auf etwaige verjährungsunterbrechende Maßnahmen hinzuwirken“, schreibt die Thüringer Landtagsabgeordnete.

Über rassistische Kommentare und homophobe Postings eines „Bengt Fuchs“ oder „BeFuchs287“ hatten vor sechs Wochen zuerst die taz, Legal Tribune Online und der MDR berichtet. Fuchs räumte gegenüber der taz ein, Alter Herr der Turnerschaft Salia Jenensis Göttingen zu sein. Mit dieser Angabe wie auch weiteren übereinstimmenden Details etwa zu seinem Beruf oder zur Bundeswehr tauchte auch der User in dem Forum immer wieder auf.

Der taz sagte Fuchs jedoch, er sei nicht dieser Nutzer. Über 30 Medienberichte folgten, der Richter blieb bei seiner Aussage gegenüber der taz und hüllt sich ansonsten in Schweigen.

Keine Asylverfahren mehr

Die Indizien haben sich durch geleakte Forenverläufe derweil weiter erhärtet. 2005 hatte sich der User „BeFuchs287“ mit der Dienstadresse von Fuchs bei TraMiZu registrieren lassen. Die Administratoren überprüften die Anmeldung. Später nutze ein Fuchs eine private E-Mailadresse, stellte die Autonome Antifa Freiburg (AAF) fest.

Das Verwaltungsgericht bestätigte unlängst, dass die im Forum einzusehende Mail­adresse die damalige des Richters gewesen sei. Auch gegenüber seinem Dienstherrn äußerte sich Fuchs nicht zu den Vorhaltungen. Erste Konsequenzen folgten dennoch: Am Verwaltungsgericht darf Fuchs nun keine Asylverfahren mehr betreuen. Die geringe Chance an dem Gericht, in solch einem Verfahren eine positiven Entscheidung zu erhalten, löste die ersten Nachfragen aus.

Ein externer Richter führt nun im Auftrag des Gerichts ein Disziplinarverfahren an. Am Ende des Verfahrens könnte die Entfernung Fuchs’ aus dem Beamtendienst stehen. Das wiederum wäre die Voraussetzung für die Aberkennung seiner Pensionsansprüche.

Die Staatsanwaltschaft Gera hat derweil Ermittlungen gegen „Unbekannt“ wegen des „Anfangsverdacht der Volksverhetzung“ aufgenommen, wie die Behörde auf taz-Anfrage bestätigt. Dem MDR versicherte die Staatsanwaltschaft, dem Eintritt einer Verjährung entgegenzuwirken. Diesen Effekt hätte etwa die Durchführung einer Vernehmung oder die Beauftragung eines oder einer Sachverständigen.

Suspendierung gefordert

König-Preuss wollte mit ihrer Anzeige den Handlungsdruck erhöhen. Denn die mutmaßlichen Äußerungen des Richters bestätigen den Verdacht, dass er nicht unparteiisch und fair entscheide.

Die Vorwürfe hätten längst zu einem weiteren Vertrauensverlust gegenüber der Justiz geführt und ließen deutliche Zweifel an der Eignung für die richterliche Tätigkeit erkennen, so König-Preuss. Sie fordert Fuchs’ Suspendierung und dass das Justizministerium endlich handele.

Das Thüringer Ministerium unter Doreen Denstädt (Grüne) sagte der taz auf Nachfrage ­allerdings, dass „abzuwarten“ bleibe, „ob sich die Vorwürfe in einer gerichtsverwertbaren Weise bestätigen werden“. Und der Pressesprecher schreibt weiter, dass Behauptungen „die im Schutze persönlicher Anonymität“ getätigt worden seien, nicht „ohne Weiteres in gerichtsfester Weise Beweise erbringen“. Ganz so anonym war das Forum allerdings nicht: Über 15.000 User aus Burschen- und Turnerschaften nutzen TraMiZu unter ihren Klarnamen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • Ein Versuch ist das allemal wert.



    Drücke die Daumen.



    Was da an diesem Gericht unrund läuft!



    Weiß so genau niemand.



    Aber die digi-Seite Fuchs müßte ja doch abzuklären sein.

  • Wenn es verjährt ist, dann ist es verjährt - Gleiches Recht für alle!

    • @Andere Meinung:

      Ihre Vorfreude in Ehren - aber noch ist der StrafR 🧀 wohl noch nicht gegessen!

  • Glaubt irgendjemand wirklich, dass sich die Justiz darum kümmer wird?

  • " Die Administratoren überprüften die Anmeldung."

    Naja. Den TraMiZu-Admins ist so einiges durchgerutscht, damals. Da konnten sich etwa völlig szenefremde Typen als Bonner Preußen ausgeben. Aber das mit der Dienst-Mail... der wird es schon gewesen sein.

    • @Wurstprofessor:

      Laienhafte Anfrage

      “Aber das mit der Dienst-Mail... der wird es schon gewesen sein.“

      Die Mailadresse allein kann’s ja wohl nicht sein. Da brauchste je nach Land & Behörde/Gericht ja nur 3 & 4 zusammenzählen. But. Denk iich richttig? Mails von dem feinen Herrn vom Dienst-PC aus - sind aber auf dem Server abgebildet? odr?



      Dank im Voraus

      • @Lowandorder:

        So doof waren die dann auch nicht. Mail-Adresse würde meiner Erinnerung nach verifiziert, d.h. man müsste Zugriff auf das Postfach haben. Und das ist schwerer, als ein Mail-Adresse zu rekonstruieren. Dessen ungeachtet: dass der Herr Fuchs, abseits aller juristischer Bewertung, wohl kein feiner Kerl ist, da sind wir uns doch wohl einig?