Die Bundesregierung auf der Anklagebank

2021 sprach das Bundesverfassungsgericht ein richtungsweisendes Klimaurteil. Es ebnete den Weg für weitere Klagen

Unzureichende Klimaschutzpolitik beeinträchtigt die Freiheits- und Grundrechte künftiger Generationen – das entschied 2021 das Bundesverfassungsgericht. Deshalb ist Reduktion von Treibhausgasen verfassungsrechtlich notwendig und darf nicht länger hinausgezögert werden. Als Folge musste die Bundesregierung das Klimaschutzgesetz von 2019 nachbessern und mehr Tempo beim Klimaschutz machen. Geklagt hatten neun Jugendliche, unterstützt von Umweltorganisationen wie Germanwatch, Greenpeace und Protect the Planet.

Weil die Bundesregierung trotz verschärftem Gesetz aber immer noch keinen vernünftigen Klimaschutz betreibt, verklagte die Deutsche Umwelthilfe die Ampelkoalition vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg. Im November 2023 bekam sie zum ersten Mal Recht, die Richter verpflichteten die Bundesregierung, „gesetzeskonforme Klimaschutz-Sofortprogramme in den Sektoren Gebäude und Verkehr“ umzusetzen. Im vergangenen Jahr verfehlten die Bereiche Verkehr und Bau ihre Ziele an Emissionseinsparung, zu denen sie nach dem Klimaschutz-Gesetz verpflichtet sind.

Doch statt Sofortprogramme aufzulegen, änderte die Bundesregierung einfach das Gesetz: Sektorengrenzen gibt es jetzt nicht mehr. Die Umweltbewegung wirft der Regierung eine Verwässerung vor. Greenpeace, Germanwatch, der BUND und andere legten neuerlich Verfassungsbeschwerde ein.

Und dann ist da noch das Urteil aus dem Mai, das die Deutsche Umwelthilfe vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erstritt: Demnach ist das von der Ampelkoalition 2023 beschlossene Klimaschutz-Programm rechtswidrig, weil mit ihm die im Klimaschutzgesetz festgelegten Ziele nicht erreicht werden können. Allerdings ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. Statt es als Motor für Klimaschutzpolitik zu nutzen, ging ausgerechnet der bündnisgrüne Klimaschutzminister Habeck in Revision.