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+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++Israel meldet 900 Getötete in Rafah

Das israelische Militär will bei Rafah hunderte Hamas-Kämpfer getötet haben. Palästinenser beklagen Tötung einer Großfamilie. Hisbollah spricht über Kampfstopp.

Israelische Soldaten bewegen sich auf einem Panzer in der Nähe der Grenze zwischen Israel und Gaza Foto: Leo Correa/AP/dpa

Israel meldet 900 getötete Hamas-Kämpfer

Israels Streitkräfte wollen nach den heftigen Kämpfen gegen die letzten größeren Hamas-Einheiten im Süden des Gazastreifens die Infrastruktur der Islamisten zerschlagen. Bei der Offensive in Rafah will das Militär nach eigenen Angaben über 900 Terroristen getötet haben – „darunter mindestens einen Bataillonskommandeur, viele Kompaniekommandeure und zahlreiche Kämpfer“, wie Generalstabschef Herzi Halevi am Dienstag bei einem Truppenbesuch am Grenzübergang Kerem Schalom sagte. Die Angaben waren zunächst nicht überprüfbar.

„Wir konzentrieren uns jetzt auf die Zerstörung der terroristischen Infrastruktur, was Zeit braucht, sagte Halevi. „Es handelt sich um einen langen Einsatz, denn wir wollen Rafah nicht mit einer intakten terroristischen Infrastruktur verlassen.“

In der nächsten Phase würden die israelischen Streitkräfte ihre Taktik verändern, kündigte der Generalstabschef an. Ziel sei es, den Gegner zu zermürben und die Mission zu erfüllen. „Wir brauchen Willenskraft, Geduld und Ausdauer, dann werden die Ergebnisse in der Zukunft für sich selbst sprechen“, sagte Halevi.

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte zuvor in Aussicht gestellt, dass die letzten größeren Kampfverbände der Hamas im Süden des Gazastreifens bald zerschlagen sein würden. Damit könnte zumindest die großangelegte Bodenoffensive in dem abgeriegelten Küstenstreifen enden. Das würde aber nicht unbedingt ein Ende des Militäreinsatzes bedeuten. (dpa)

Hisbollah-Vize verspricht Kampfstopp bei Waffenstillstand

Die libanesische Hisbollah-Miliz hat einen Waffenstillstand im Gazakrieg als den einzig sicheren Weg zu einer vollständigen Waffenruhe an der israelisch-libanesischen Grenze erklärt. Die Hisbollah unterhalte eine Unterstützungsfront für die mit ihr verbündete Hamas im Gazastreifen, sagte Hisbollah-Vize Scheich Naim Kassem in einem Interview der Nachrichtenagentur AP am Dienstag. „Wenn der Krieg gestoppt wird, wird es diese militärische Unterstützung nicht mehr geben“, sagte er.

„Wenn es einen Waffenstillstand in Gaza gibt, werden wir ohne jede Diskussion aufhören“, versicherte Kassem. Sobald ein Waffenstillstand erreicht sei, könne ein politischer Weg die Vereinbarungen innerhalb des Gazastreifens und an der Front mit dem Libanon regeln. (ap)

Palästinenser melden getötete Großfamilie

Bei einem israelischen Luftangriff im Gazastreifen ist am Dienstag eine neunköpfige palästinensische Familie getötet worden. Bei den Toten handelt es sich nach Angaben des Al-Aksa-Märtyrerkrankenhauses um das 62-jährige Familienoberhaupt, dessen Frau, Sohn und Schwiegertochter, vier Enkelkinder im Alter zwischen drei und fünf Jahren sowie eine weitere Angehörige. Ein weiterer Mann und dessen fünfjähriger Sohn wurden ebenfalls getötet. Außerdem gab es zehn Verletzte, darunter Kinder.

Eine Verwandte sagte der Nachrichtenagentur AP, die Familie sei am Montag aus Chan Junis geflohen, nachdem Israel dort eine Evakuierung angeordnet hatte. Insgesamt seien 15 Angehörige bei ihr in Deir al-Balah angekommen, sagte Asmaa Salim. Ihr Haus stehe in einem von Israel im Mai zu einer humanitären Zone erklärten Gebiet. Nach dem Angriff am Dienstagnachmittag war ein ganzes Stockwerk ausgebrannt, wie ein AP-Video zeigt. „Fast alle Bewohner wurden getötet, nur zwei oder drei überlebten“, sagte Salim.

Das israelische Militär äußerte sich zunächst nicht zu dem Angriff. Es hatte die Menschen im Ostteil von Chan Junis am Montag aufgefordert, die Gegend zu verlassen. Nach Angaben der Vereinten Nationen leben in dem Gebiet etwa 250.000 Menschen. (ap)

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3 Kommentare

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  • Recht erwähnenswert wäre Itamar Ben-Gvirs Twitter Post am 2. Juli, indem er schrieb, die Todesstrafe für Terroristen sei sinnvoll, um die Üerfüllung von Gefängnissen zu vermeiden.

    Da es sich hierbei, um einen Rechtsextremen handle, der in der Vergangenheit Hamas und Zivilisten miteinander gleichgesetzt hatte, kann man dies als einen Aufruf zur Industrialisierten Tötung sehen.

    Aufgrund seiner Rolle als Sicherheitsminister hat er auch die Macht so eine Forderung vorranzutreiben.

    "It is very possible that even after the addition of the new prisons is completed, the many terrorists will still be overcrowded in prison. I have already proposed a much simpler solution, of enacting the death penalty for terrorists, which would solve the overcrowding issue - legislation to which the Shin Bet is also vehemently opposed.

  • 900 Tote. Ja, das ist eine Meldung wert. Wenn sie im Nahen Osten sterben.



    Im Sudan können es bald 900.000 Tote sein. Denn Millionen sind im Land auf der Flucht. Hunger, Vergewaltigung und Zugang zu Wasser werden als Waffen eingesetzt. Ganze Dörfer werden an einem einzigen Tag vollständig ausgelöscht. Aber es gibt praktisch keine Nachrichten darüber. Im Spiegel nicht. In der Zeit nicht. In Agenturmeldungen so gut wie nichts. Auch in der taz kein Artikel zu diesem Krieg, der so aktuell wäre, daß man das noch darunter schreiben könnte.

  • Was für ein Blutbad. 900 Tote.



    Ja, sie sagen, es waren alles Hamas Kämpfer.



    Was nicht automatisch rechtfertigt, sie alle umzubringen. Auch im Krieg nicht.



    Und Israels Militär und Politik hat auch nicht (mehr) die Glaubwürdigkeit, dass man das ungeprüft als Wahrheit annehmen kann.



    Übrigens - so eine Argumentation kann auch mal nach hinten losgehen (buchstäblich) - (merke: Uniformen, Militärausweise, Kennmarken, die klassischen Unterscheidungsmerkmale zwischen Zivilisten und Soldaten, hat die Hamas nicht....)



    Wenn es nämlich ausreicht, jemanden oder eine Gruppe als Kämpfer zu klassifizieren und dies als ausreichend für solch eine Zahl von Toten zu erklären - dann können sich darauf ggf auch die Gegner darauf berufen und so vorgehen.



    Und von den Gegnern gibts in Israels Nachbarschaft offensichtlich noch genug.



    Netanjahu ist nicht der Mann , einen Ausweg aus dieser Spirale zu finden. Nicht einmal, wenn er das wollte.