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Aufspaltung des MedienkonzernsSpringer zerschlagen?

Der Springer-Konzern soll in ein Medien- und Anzeigengeschäft aufgeteilt werden. Für Springer-Chef Döpfner könnte das sogar gut sein.

„Was hat Döpfner in den letzten zehn Jahren ausgegeben?“, fragt die Mitbewohnerin Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Enteignet Springer!“, hieß mal der Schlachtruf der 68er. Gemeint war die Meinungsmacht des damals Westberliner Großkonzerns unter Führung des gleichnamigen Axel C. Springer. „Zerschlagt Springer!“ passt heute als Slogan für Springers selbsterklärten Nachfolger Mathias C. Döpfner besser. Diesmal geht es nicht um Meinungsmacht, sondern um Profit. Oder vielleicht doch nicht?

Der Hintergrund ist ziemlich langweilig. Trotzdem weiterlesen, es wird besser. „Sinnlose rhetorische Mittel sind auch in der Kolumne langweilig“, sagt die Mitbewohnerin. Also, bei Springer sind seit 2019 Finanzinvestoren am Start. KKR aus den USA und der kanadische Pensionsfonds CP PIB (Canada Pension Plan Investment Board) halten aktuell gemeinsam 48,5 Prozent der Anteile. Der Rest gehört salopp gesagt der Familie Springer und Mathias Döpfner. Durch KKR und CPPIB kamen dringend gebrauchte frische Millionen in den Laden.

Finanzinvestoren ticken nun so, dass sie die Branche und was sie treibt, ziemlich egal finden. Hauptsache, sie können sich nach fünf Jahren mit fettem Gewinn wieder verabschieden. Also wollen KKR und CPPIB jetzt Kohle sehen. Geplant ist offenbar, ihnen das lukrative Geschäft mit den sogenannten „Classifieds“ zu übergeben und Springer dafür aufzuspalten. „Classifieds“ hieß früher Rubrikengeschäft und meint Job- und Wohnungsangebote, Gebrauchtwagen usw. Springer ist mit „Stepstone“ (Jobs) „Aviv“ (Immobilien) oder „Idealo“ (Preisvergleiche) dick im Geschäft. Offiziell heißt es vom Konzern, „Marktgerüchte kommentieren wir nicht“. Ende des langweiligen Teils.

Wenn der Gemischtwarenladen dann weg ist, bleiben Friede S. und Mathias D. Bild, Welt, Politico und der Business Insider. Also ein Medienkonzern, der sein Geld dann wieder richtig komplett mit Journalismus verdienen muss. Die gedruckten Versionen von Bild und Welt dürften daher noch ein bisschen schneller weg vom Kiosk sein als ohnehin geplant.

Der Medienmogul und die Finanzhaie

Döpfner sollte das ins Konzept passen. Er ist 61, sieht in letzter Zeit ein bisschen müde aus und braucht ja auch noch Zeit, seine Millionen oder Milliarden auszugeben. „Was hat Döpfner denn in den letzten zehn Jahren ausgegeben?“, fragt die Mitbewohnerin.

Wenn die Finanzhaie weg sind, steht Döpfner endgültig als Medienmogul vom Schlage eines Rupert Murdoch da. Und hier wird’s problematisch. Denn wozu der Journalist Döpfner so weltanschaulich fähig ist, hat er in den letzten Jahren mit seinen privatsatirischen Einlassungen gegen Ostdeutsche, Kanzlerinnen u. v. a. m. immer mal wieder gezeigt. Und mit Personalien wie Julian Reichelt als Bild-Chefredakteur auch umgesetzt.

„Enteignet Döpfner“-Demos braucht es trotzdem nicht. Denn zum Glück hat Springer heute längst nicht mehr so viel Meinungsmacht wie es 1968 und in den Jahrzehnten danach der Fall war.

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Steffen Grimberg
Medienjournalist
2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"
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6 Kommentare

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  • YES - ENTEIGNET SPRINGER - “Holt doch die Bullen!“



    (Mehringdamm - 🙀🥳😹 - ;))



    &



    Friede & taz-Buddy Mathias Döpfner -



    Sei mit euch! => btw Tass ☕️☕️ van taz -



    & Hola



    “Die gedruckten Versionen von Bild und Welt dürften daher noch ein bisschen schneller weg vom Kiosk sein als ohnehin geplant.“

    Dem Manne kann 🧻 🚽 geholfen werden!



    Anrißkalender BILD aka LÜGT - 🚽🧻💩 -



    images.app.goo.gl/mZJg7qrYD4wANf4C6



    & die taz + e-kommune längst ganz vorne - wa!



    taz.de/Kinder-frag...ntwortet/!5957906/

  • "...längst nicht mehr so viel Meinungsmacht... "?

    Und wer hat die Bundesregierung mit dem "Heizungshammer" handlungsunfähig gemacht?

    Wer zerstört gerade mit Hetzkampagnen gegen das "Verbrennerverbot" die Zukunft der deutschen Autoindustrie?

    • @Jörg Schubert:

      Es gibt einen klugen norddütsch plattdütschen Spruch:



      “Bäckerlüüd Kinners schasst keen Brod geben!“ & ☕️☕️ ist auch schon zu viel!



      Newahr



      ☕️☕️ van taz & Kai der Pimmel über Berlin Diekmann



      images.app.goo.gl/eV7ML28tFEdqg9JF6

      Na Mahlzeit



      & für hintern 🪞 - wa!



      Politisch geerdeter Instinkt sieht wahrlich anders aus! Woll



      Normal Schonn •

      • 9G
        95820 (Profil gelöscht)
        @Lowandorder:

        auch @JÖRG SCHUBERT „Meinungsmacht" und „Profit". Beides war immer das Ziel.



        Hier taz.de/Todestag-vo...ch-Boell/!6020930/



        wurde kürzlich gefragt, ob der Nobelpreisträger heute noch relevant sei. ob er heute noch Zeitbezüge hat.



        Ich habe daraufhin den Band „Ende der Bescheidenheit" (Texte von 1969-1972) aus dem Regal geholt und drin geblättert und fand natürlich seine damaligen Analysen zu Springer. In der Angelegenheit würde Heinrich Böll heute vermutlich noch härter urteilen, da er - im Gegensatz zu vielen Mainstream-Medien, die subtilen Methoden des Einschleichens der Döpfners und Konsorten erkennen würde. Und den Ableger „Nius" würde er als das benennen, was er ist. Ein Outsourcing.

        • @95820 (Profil gelöscht):

          Hola - wahre Worte - gelassen ausgesprochen! …anschließe mich!



          Meine bemühte Bissigkeit gegenüber dem scheint’s unausrottbarem Hofschranzentums de Journaille‘ismus - von dem die taz leider auch nicht frei ist & immer wieder unfassbare instinktlose



          Aussetzer liefert in unterschiedlichem Gewande - gründet genau in dieser - mit dem Schleim&Krime Unterhosen Drecksblatt LÜGT vorweg - Verhöhnung einer demokratischen Presse iS einer



          kontrollierenden 4. Gewalt - im öffentlichen Interesse!



          vgl Jürgen Habermas



          Ein neuer Struktuwandel der Öffentlichkeit und die delibersrive Politik



          media.suhrkamp.de/...disposition=inline

          So geht das ©️ Kurt Vonnegut



          “Wer die Medien kontrolliert, kontrolliert den Verstand.“



          &ders.



          “Was sind das für Medien wenn wir dicke Bücher lesen müssen / um zu kapieren was in der Welt abgeht!“



          …anschließe mich …

  • Doch: die Kampagnen Springers tun alles, um den inneren Schweinehund zu kitzeln. Gegen migrantische Menschen, gegen Nachhaltigkeit, gegen gleiche Rechte und soziale Gerechtigkeit generell. Und die Schlagzeilen der Bild liegen in Deutschland beim Bäcker aus. Und bereiten den Bräunlichen den Boden.



    Günter Wallraff, das 'Bilderbuch', antiquarisch erhältlich, für das Frühere. Der Kiosk für das Heutige.



    Springer ist noch lange nicht harmlos, und es geht eher noch in die falsche Richtung.