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Kampf um EntlastungstarifvertragStreikwoche startet mit Gegenwind

Er­zie­he­r:in­nen geben sich zu Beginn des fünftägigen Ausstands entschlossen. Der Senat blockiert weiter, Arbeitgeber starten eine Elternpetition.

Jetzt eine ganze Woche Streik: Beschäftigte vor dem Abgeordnetenhaus bei einem Warnstreik Anfang Juni

Berlin taz | Für die rund 2.000 Erzieher:innen, die sich am Montagmorgen vor dem Rathaus Charlottenburg-Wilmersdorf versammelt haben, beginnt die Woche nicht mit Kindergeschrei, sondern mit Jubel und Pfiffen. „Wenn wir bis 2026 warten, wer ist denn überhaupt noch da, um zu verhandeln?“, fragt Corinna Wiley auf der Bühne. Die Erzieherin beantwortet die Frage selbst, indem sie kurz den Song „Ich kündige“ der Elektro-Pop-Band Großstadtgeflüster anspielt.

Die Botschaft auf der Auftaktveranstaltung zum einwöchigen Warnstreik in den Kita-Eigenbetrieben des Landes ist klar: Die Kita-Krise ist akut, wenn die Politik jetzt nicht handelt, werden viele Er­zie­he­r:in­nen dem Beruf den Rücken kehren und den bestehenden Personalmangel noch weiter verschärfen. Argumente wie von Finanzsenator Stefan Evers (CDU), man möge doch bis zu den nächsten Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst 2026 warten, rufen hier nur Unverständnis hervor.

Seit Monaten versucht die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, den Senat zu Verhandlungen über einen „Tarifvertrag pädagogische Qualität und Entlastung“ zu bewegen. Der soll durch einen verbesserten Personalschlüssel die Arbeitsbedingungen in den Kindertagesstätten attraktiver machen.

Geschäftsleitung fällt Beschäftigten in den Rücken

Doch statt auf Verhandlungsbereitschaft stößt die Gewerkschaft zunehmend auf Widerstand, nicht nur aus der Politik. Am Freitag starteten die Leitungen von vier der fünf Eigenbetriebe des Landes eine Petition, in der sie Verdi zu einer sofortigen Beendigung des Streiks auffordern. Bis Redaktionsschluss hatte die Petition rund 2.000 Unterschriften. Ähnlich sieht es beim Landeselternausschuss aus, der sich bereits Anfang Juni von den Streiks distanzierte.

„Es ist absolut schäbig, wenn die Interessen der Eltern und der Kitabeschäftigten gegeneinander ausgespielt werden“, kritisiert der Linken-Abgeordnete Niklas Schenker auf der Streikkundgebung.

Auf welcher Seite die Geschäftsleitungen der landeseigenen Kitas stehen, deutete sich bereits in der Sitzung des Bildungs- und Jugendausschusses vor knapp zwei Wochen an. Claudia Freistühler, Geschäftsleiterin des Eigenbetriebs Kindergärten City, behauptete dort, dass es so etwas wie eine „Kita-Krise“ überhaupt nicht gebe. „Wir haben so viel Personal pro Kind wie noch nie“, sagte sie. Teilweise gebe es sogar einen Überhang an Personal.

Einen Punkt, den Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch dankbar aufnahm. Alles halb so wild, Handlungsbedarf in Form eines Entlastungstarifvertrags gebe es nicht, so ihre Botschaft an die anwesenden Gewerkschaftsvertreter:innen.

Auch Eltern solidarisieren sich

„Das Bild des zerstörten Kita-Systems wird auch nicht dazu beitragen, dass wir junge Kol­le­g:in­nen für den Beruf gewinnen“, kritisierte ihrerseits die CDU-Politikerin. Laut einer Studie der Bertelsmann-Stifung fehlen in Berlin 20.000 Kita-Plätze, um eine kindgerechte Betreuung zu gewährleisten.

„Die haben keine Ahnung, wovon sie sprechen“, kommentiert Anja Krause, die in einer Brennpunkt-Kita beim Eigenbetrieb Südwest arbeitet, auf der Kundgebung. „Ich würde die Senatorin gerne dazu einladen, zwei Wochen bei uns zu hospitieren.“ Das Mindeste sei, dass sich der Senat zu Gesprächen bereit erkläre, um nach Lösungen zu suchen, findet die Erzieherin. Alles andere sei „respektlos gegenüber den Mitarbeitenden in den Kitas“.

In der Elternschaft gibt es neben Kritik auch Verständnis für die Streiks. „Es ist natürlich eine Belastung, aber am Ende ist es mir egal, warum die Kita zuhat“, sagt Mascha Krüger, alleinerziehende Mutter und Mitglied der Initiative Einhorn sucht Bildung, die Verdi unterstützt.

Durch den Personalmangel und hohe Krankenstände habe die Kita ihres Sohns ohnehin ständig geschlossen. Daher brauche es langfristige Verbesserungen. „Wir unterstützen die Streiks umso mehr.“

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5 Kommentare

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  • Genau das passiert, wenn man blind dem Spardiktat der Schuldenbremse und der Steuersenkung folgt: Erst fährt man auf Verschleiß (Bahn, Straßen, Bildung, Erziehung, Gesundheit) und dann gegen die Wand, weil das Geld (und Personal) für notwendige Korrekturen nicht mehr da ist.

    • @Anna Bell:

      Ist das wirklich so? Berlin hat anders als andere Bundesländer vollkommen freiwillig auf den Kitabeitrag verzichtet. Würde dieser wieder eingeführt werden wäre genug Geld zur Umsetzung der Forderungen vorhanden.

  • Der Tarifvertrag (die Details bleiben ja unbekannt) verlangt im Wesentlichen, was bereits gesetzlich geregelt ist (Betreuungsschlüssel). Ein Arbeitgeber, der die gesetzlichen Vorgaben nicht einhalten kann wird auch die Vorgaben eines Tarifvertrages nicht einhalten können. Alternative wäre allenfalls eine Absenkung der Kitaplätze. Das kann kaum gewollt sein.

    Den Kampf um einen nicht erfüllbaren Tarifvertrag halte ich für vollkommen nutzlos. Diesen Eindruck scheint die GEW zu teilen, die das Feld Verdi überlassen hat.

    Ergo, die Streiks werden nichts bringen. Am Ende bleiben nach einer Vielzahl Kitafehltage entäuschte Kita-MitaberiterInnen mit erhöhtem Krankenstand. Danke Verdi!

    • @DiMa:

      Nicht Verdi Streikt. Erzieher die in der Gewerkschaft Verdi und der GEW sind streiken. Sie planen diese Streiks und stellen Forderungen in Tarifkommissionen auf. Die Gewerkschaften stellen die dafür notwendige Infrastruktur und Unterstützung.

  • Petition der Kitamitarbeitenden



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