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Öffentlich-Rechtliche und LiteraturBücher? Uns doch egal!

Schon wieder werden Literatursendungen gestrichen. Zu Büchern haben die öffentlich-rechtlichen Sender offenbar kein Verhältnis mehr. Ein Wutausbruch.

SWR streicht Literatursendung mit Denis Scheck Foto: dts nachrichtenagentur/imago

Etwas ist zerrissen zwischen den öffentlich-rechtlichen Medien und der Literaturszene. Der Verdacht ist längst da: Zur Literatur gibt es von den Managern der Sender aus in Wirklichkeit gar kein Verhältnis mehr (die Ausnahme Deutschlandfunk ist längst auch nicht mehr selbstverständlich). Da wird die Beschäftigung mit Büchern nur noch durchgeschleppt, und wenn sich die Gelegenheit bietet, wird sie abgeschafft.

Jedenfalls hat man noch nicht mal mehr Lust, groß zu protestieren, wenn mal wieder Literatursendungen gestrichen werden wie jetzt beim SWR. Weil es sinnlos ist. Weil die Managerriegen der Sender längst illiterat sind.

Weil diese Managertypen sich womöglich sogar bestätigt fühlen, wenn das Feuilleton aufjault – weil sie ihre sogenannten Programmreformen dann nämlich als antielitären Einsatz verkaufen können; nicht öffentlich natürlich, aber hinter ihren Gremientüren, zwinker, zwinker, es den Intellektuellen mal wieder gezeigt, mal wieder an der angeblichen Nähe zum „Menschen“ gearbeitet.

Wenn sie zumindest ehrlich wären! Wenn sie sagen würden: Wir sind gerade mit uns selbst beschäftigt. Mit dem Aufbauen neuer Hierarchieebenen. Damit, weitere Anlässe für interne Konferenzschalten zu schaffen. Damit, Planstellen von der Beschäftigung mit Inhalten auf die Verwaltung umzuschaufeln (wozu gut passt, dass jetzt eine Verwaltungsdirektorin WDR-Intendantin wird). Journalismus? Kultur? Bücher? Darum sollen sich andere kümmern.

Wenn sie das sagen würden, könnte man denken, immerhin wissen sie, was sie tun. Aber sie sagen anderes. Dass sie für die „Menschen vor Ort“ da sein müssen, für die „jungen Leute“ und sich fit machen müssen für „KI“ und den „Medienwandel“.

Sie wissen, was sie tun

Ach Gottchen, unseretwegen. Wenn man damit Karrieren bei den Öffentlich-Rechtlichen machen kann, sollen sie das auch alles tun. Aber dass man dafür die Beschäftigung mit Literatur plattmachen muss, das leuchtet einem halt nicht ein.

Die Vermutung ist: Sie wissen nicht, was sie da gerade tun. Und sie wollen es auch nicht wissen. Es sind die Systemlogiken des Apparats, die die Kontrolle haben. Damit muss man jetzt umgehen. Und das in Zeiten, in denen die Neue Rechte – im Unterschied zu den Öffentlich-Rechtlichen – die Literatur sehr ernst nimmt.

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6 Kommentare

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  • "Zu Büchern haben die öffentlich-rechtlichen Sender offenbar kein Verhältnis mehr"



    Das stimmt nicht. Ich sehe ständig Rezensionen der Neuerscheinungen auf deutschlandfunk und deutschlandradiokultur, swf u.a.

  • Die Kritik ist mehr als berechtigt, macht sich aber mit Denis Scheck an der falschen Person fest. Seit Jahrzehnten hat der ÖRR die Kulturredaktionen sträflich be- und misshandelt und immer mehr beschnitten. Zu erinnern wäre an Sendungen wie Autor-Scooter oder Personen wie Jürgen Tomm, Dieter Zilligen, Michael Strauven, Jürgen Kritz, Peter W. Jansen u. v. a. Seinem Auftrag wird der ÖRR im ökonomistischen Streamlining schon seit Dekaden nicht mehr gerecht.

  • Ich bin im Grunde mit jedem Wort des Artikels einverstanden.



    Allerdings glaube ich nicht, dass Denis Scheck mit seiner stockeitlen, krampfhaft pointierten Art auch nur einen Menschen zum Lesen eines (sinnvollen) Buches gebracht hat.



    Reines Infotainment.

    • @Oliver Korn-Choodee:

      Ich habe schon einige Bücher wegen seiner Empfehlung gelesen. :) Ich mag das"Elitäre", aber ich gebe zu, dass Herrn Schecks Art nicht hilfreich dafür ist, die Zielgruppe für Literatur zu erweitern.

  • Der Intellekt ist in den medien schon seit den frühen 80ern tot.



    Massen-MEDIEN-unterhaltung did not just kill the radio star.



    Dennoch guter Artikel.

  • Die Art von Scheck konnte ich nie ab. wirklich tiefschürfend waren die Besprechungen auch nie. auch aufgefallen, vllcht hat sich das inzw geändert – er jettet quasi in jeder Sendung um die Welt um ein läppisches Interview etwa mit einem amerik Schriftsteller an irgendeiner Straßenkreuzung in einem Kuhkaff im tiefen Westen zu machen (überhaupt seine Reisen v.a. nach Amerika). Kann man machen, ist aber auf Dauer ziemlich teuer. Kann der die nicht interviewen wenn die hier zu Besuch sind?