piwik no script img

EU-Sanktionen gegen RusslandNeues Paket soll Umgehung verhindern

Die 27 EU-Staaten einigen sich auf neue Sanktionen gegen Russland. Fokus: die Umgehung der Strafen zu bekämpfen. Vor allem Deutschland hatte gebremst.

Auf Umwegen kommt das Gas aus Russland nach Europa: LNG-Tanker im Oblast Sachalin Foto: SNA/imago

Brüssel taz | Am Ende hing es nur noch an Deutschland: Nach wochenlangem Gezerre haben sich die 27 EU-Staaten am Donnerstag in Brüssel auf ein neues Sanktionspaket gegen Russland geeinigt. Es trägt die Nummer 14 und soll vor allem die Umgehung der bisher verhängten Strafen erschweren. Außerdem zielt es erstmals direkt auf russische Gasexporte.

Bisher ist der Bezug von russischem Gas in der EU nicht verboten. Einige Länder wie Ungarn oder Österreich beziehen immer noch große Mengen von Pipelinegas. In letzter Zeit war aber auch der Import von russischem Flüssiggas (LNG) etwa über Zeebrugge (Belgien) gestiegen. Demgegenüber geriet LNG aus den USA ins Hintertreffen. Damit soll nun Schluss sein. Die EU will mit den neuen Sank­tionen verhindern, dass ihre Häfen zur Verschiffung von russischem LNG in Drittstaaten etwa in Asien genutzt werden.

Im Mittelpunkt des neuen Sank­tionspakets steht aber der Kampf ­gegen die Umgehung alter Sanktionen. Die letzten 13 EU-Pakete haben sich als wenig wirksam erwiesen, da Produkte oft über Drittstaaten exportiert werden und auf Umwegen doch nach Russland gelangen. Von diesen Geschäften haben auch deutsche Unternehmen profitiert.

Die deutsche Wirtschaft stand denn auch bei der nun geplanten Verschärfung auf der Bremse. Ihre größte Sorge galt einer „No Russia“-Klausel, mithilfe derer der Export kriegswichtiger Produkte nach Russland verhindert werden soll. Diese Klausel sollte, so sah es die EU zunächst vor, auch auf Tochterfirmen ausgeweitet werden.

Dies hätte nicht nur zu mehr Bürokratie, sondern auch zu hohen Risiken für die deutsche Exportwirtschaft geführt. Selbst unverdächtige Exporte nach Asien könnten so ins Visier von EU-Sanktionen geraten, fürchtete man im Berliner Kanzleramt – weshalb die deutschen EU-Diplomaten den Entwurf zu entschärfen versuchten. Dies ist nun offenbar gelungen – wenn auch nur teils. Die EU will vorerst auf die Überwachung von Tochterfirmen verzichten. Vom Tisch ist das Thema allerdings nicht: Die Einigung sieht vor, dass eine detaillierte Analyse über die Auswirkungen der ­Klausel erstellt wird. Dann soll erneut über eine Ausweitung gesprochen werden.

Deutschland hat es fürs Erste geschafft, möglichen wirtschaftlichen Schaden abzuwenden. Politisch sieht es allerdings anders aus: Unter der wochenlangen Blockade hat der deutsche Ruf in Brüssel gelitten. So ein Verhalten sei man bisher nur von Ungarn gewöhnt, höhnten entnervte EU-Diplomaten noch kurz vor der Einigung. „Völliger Quatsch“, entgegnete Kanzler Olaf Scholz. Dem Paket müssen noch die EU-Außenminister zustimmen, die sich am Montag in Luxemburg treffen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

13 Kommentare

 / 
  • Tja, lieber Friedenskanzler 2.0: wer keine Taurus liefern will, sollte wenigstens bei der Nachschärfung von Sanktionen vorne mit dabei sein. Ansonsten ist man nur... SPD.

  • Arm des russischen Großkapitals ist lang...

  • Respekt ist gut.



    Westliche Werte sind gut.



    Demokratie ist gut.

    Aber Geld machen ist besser !

  • Kleiner Realitaetsabgleich: Russland hat die USA als groessten Gaslieferanten Europas abgeloest.

  • Klar, "Alles völliger Quatsch" sagt Olaf Scholz. Immer wenn es um ihn und seine Politik geht, dann weiß er alles, alle anderen nix.



    Das ist mittlerweile ein echtes Problem. Für alles und jeden. Mal schauen wie lange noch die SPD das nicht begreift.

  • In other news... kauft Bayern hoch angereichertes Uran in der russischen Föderation ein [1]. Wann kommen die auf die Sanktionsliste?

    [1] taz.de/Atomwaffenf...n-Bayern/!6018555/

    • @tomás zerolo:

      Es gibt einige Länder wie Frankreich, die kein Interesse an Sanktionen gegen die russische Nuklearindustrie haben.

  • "Deutschland hat es fürs Erste geschafft, möglichen wirtschaftlichen Schaden abzuwenden." und auch für die Zukunft - Für Russland.

    Dabei wird ersichtlich, wie ernst Sanktionen gegenüber Russland genommen werden. Alle nur heiße Luft. Und gleichzeitig wird der dringend benötigte Waffennachschub für die Ukraine mit viel bla bla verzögert, und der Angriffskrieg Russlands mit unaufhörlichen Zerstörungen Toten in der Ukraine in die Länge gezogen.

    Auch wird deutlich, wie wenig Einfluss die Politik in den tatsächlichen Warenverkehr hat. In dritter Ebene werden die Dinge mit Blick auf die deutsche Wirtschaft geregelt und nicht mit Blick auf den andauernden Krieg.

  • Wer noch einen Funken Moral, Ehre und ethische Grundsätze besitzt macht doch keine Geschäfte mit Russen die den Krieg und damit das Morden und Zerstören der Ukraine unterstützen.

    • @Tino Winkler:

      Bis auf die hart Arbeitende Bevölkerung hat aber niemand Moral, Ehre und ethische Grundsätze. Tipp: Wenn jemand einen Anzug mit Krawatte trägt - fernhalten und glücklicher leben.

    • @Tino Winkler:

      Moral? Ehre? Ethische Grundsätze? Aber doch nicht wenn das den Profit schmälert!!! Wo kommen wir denn hin, wenn man das wirklich ernsthaft anwendet? Es reicht doch zu heucheln....

  • Nr. 14. Sieh an. Dann haben die bisherigen wohl nicht gewirkt oder dazu geführt, dass jetzt Nord-Korea eine Aufwertung erfährt.

    • @Ernie:

      Leiden kommen diese populistischen Sanktionen leider bei vielen Bürgern an.