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Umwandlungsverbot erhaltenMieter haben weiter Eigenbedarf

Drei Baustadträte fordern die Verlängerung des Umwandlungsverbots von Mietshäusern in Eigentumswohnungen. Die erfolgreiche Maßnahme läuft 2025 aus.

Miete, nicht Eigentum Foto: Imago/Zoonar.com/Lutz Wallroth

Berlin taz | Erfolgreiche Maßnahmen zur Begrenzung von Mietenwahnsinn und Verdrängung sind selten. Eine Ausnahme ist das 2021 in Kraft getretene Baulandmobilisierungsgesetz, das die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen faktisch verbietet. In angespannten Wohnungsmärkten wie in Berlin ist es Kommunen damit möglich, die Aufteilung von Mietshäusern in einzelnes Wohneigentum zu untersagen. Ausnahmen gibt es nur bei Gebäuden mit weniger als fünf Wohnungen oder solchen, in denen sich zwei Drittel der Mie­te­r:in­nen selbst zum Kauf verpflichten.

Wie erfolgreich das Instrument ist, zeigten die Zahlen. Etwa 200.000 Wohnungen wurden in Berlin seit 2005 umgewandelt, besonders viele in den Innenstadtbezirken, wo etwa in Friedrichshain-Kreuzberg inzwischen 48 Prozent des Bestandes Eigentumswohnungen sind. Doch der Trend ist gestoppt. Keine 150 Wohnungen wurden aufgrund der aktuellen gesetzlichen Regelung 2022 privatisiert.

Doch der Fortbestand des Gesetzes mit dem regelnden Paragrafen 150 ist keineswegs gesichert, denn er ist befristet bis Ende 2025. Darauf wiesen am Mittwoch in einer Online-Pressekonferenz die Baustadträte von Friedrichshain-Kreuzberg, Neukölln und Mitte, Florian Schmidt, Jochen Biedermann (beide Grüne) und Ephraim Gothe (SPD), hin. Sie appellieren daher an die Bundesregierung, den Paragrafen zu entfristen oder zumindest zu verlängern.

Neuköllns Stadtrat Biedermann bilanzierte: „Dieser Markt ist eingebrochen, die Umwandlung ist kein Geschäftsmodell mehr.“ Schmidt sprach von „einem der größten Probleme des Wohnungsmarktes“ und meinte damit vor allem auch die häufige Folge des separaten Wohnungsverkaufs: Eigenbedarfskündigungen. Viele Mie­te­r:in­nen wüssten nicht einmal davon, dass ihr Haus aufgeteilt ist, denn der Verkauf der Wohnungen beginnt üblicherweise erst sieben Jahre nach der Umwandlung: Erst dann darf an jemand anderes als die Mie­te­r:in­nen verkauft werden.

Die drei Stadträte wollen nun ein Bündnis schmieden, mit anderen Städten wie München, Frankfurt am Main oder Hamburg, aber auch mit Mieterinitiativen und -vereinen. Sebastian Bartels vom Berliner Mieterverein ist inhaltlich einverstanden. „Es wäre schlicht verrückt, diese Regelung in Zeiten einer extrem angespannten Versorgungslage auslaufen zu lassen.“

Auch Eigenbedarf ist ein Problem

Laut Gothe will man die Forderung „flächendeckend zum Thema machen“. Die Bundesregierung hatte sich die Entfristung der Regelung in den Koalitionsvertrag geschrieben, bislang aber werde diese „blockiert“ – durch die FDP. Die Entscheidung über eine Neuregelung werde „vermutlich Teil eines Paketes sein“, also eines Tauschgeschäfts zwischen SPD, Grünen und FDP. Dabei dürfe das Umwandlungsverbot nicht unter den Tisch fallen.

Die Grünen haben jüngst einen Antrag ins Abgeordnetenhaus eingebracht, mit dem der schwarz-rote Senat zu einer Bundesratsinitiative aufgefordert wird. Neben der Entfristung der Umwandlungsregelung soll zudem die Kündigung wegen Eigenbedarfs eingeschränkt werden. So soll der Personenkreis für den Eigenbedarf geltend gemacht werden dürfen, auf engste Familienangehörige begrenzt werden. Zudem müsste vorgetäuschter Eigenbedarf geahndet werden können.

Schmidt betonte, dass Kündigungen wegen Eigenbedarfs „kein Naturgesetz“ seien und historisch nicht immer möglich gewesen sind. Diese Möglichkeit „bevorteilt Menschen mit Vermögen gegenüber Menschen ohne“, so Schmidt. Beim Thema Wohnen „sollte das nicht passieren“.

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8 Kommentare

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  • Selbstverständlich blockiert die Pseudo-Partei FDP derartige Vorhaben. Etwas anderes kann man von der Lobbytruppe nicht erwarten. Wie immer: Profit geht allemal über soziale Verantwortung. Das ist deren Grundstz.

  • Der Wohnungsmarkt ist nun eines der Schlachtfelder der Marktwirtschaft. Hier stehen Investoren allzeit bereit, denn das Grundbedürfnis Wohnen lässt sich auf vielfältige Weise ausschlachten. Da alle '≥5% - Parteien' sich prinzipiell zur Marktwirtschaft bekennen (wie es die EU-Verträge von Mitgliedsstaaten einfordert), gibt es kaum eine Chance auf Besserung auf dem Wohnungsmarkt. Dabei liegt die Lösung auf der Hand: der Gesetzgeber muss die Voraussetzungen schaffen, damit in größerem Umfang dauerhaft bezahlbarer Wohnraum bereitgestellt wird. Mögliche Werkzeuge: Rückkauf von Sozialwohnungen, finanzielle Begünstigung gemeinnütziger Bau- und Wohnvorhaben bzw. deren Träger und Vorrang für für eben solche Bau- und Wohnvorhaben. Letzteres Werkzeug ist das wichtigste Werkzeug; in einem freien Markt würden profit-orientierte Investoren den Zuschlag bekommen und so insgesamt die Preise in die Höhe treiben.

    Das was Politik und Gesellschaft durch Verzicht auf eine proaktive Bau-und Wohnungspolitik zu ersparen hoffen, müssen sie hinterher in Form von Wohngeld und Notunterkünften dann doch zahlen. Hier zahlt man gerne auch mit Lob für Gemeinnützigkeit, Spendenbereitschaft und Ehrenamt.

  • Erik Peter , Autor des Artikels, Politik | Berlin

    Die drei zusammen regierten für 5 Jahre. In dieser Zeit wurden im Schnitt mehr Wohnungen fertiggestellt als 2023 unter Schwarz-Rot. Neubau ist nicht der Ersatz für sozialverträgöiche Mietenpolitik.

    • @Erik Peter:

      Gute Tag Herr Peter,

      wie sie vielleicht wissen

      1.) neue Häuser werden Jahre im Vorfeld geplant. Entscheidend für das Vertrauen in die Regierung sind somit die Planungszahlen. Diese sind unter RRG extrem gesunken, was deren Versagen zeigt

      2.) wie viele Jahre haben SPD und Linke in Berlin regiert? In den letzten 30 Jahre wohl mehr als 5 Jahre, was erneut deren Versagen zeigt

      Jetzt wird wieder fein abgelenkt vom Versagen dieser Verbots-Parteien

      • @eicke81:

        nicht aber vom Versagen anderer Verbotsparteien?

        Mietpolitik ist auch immer Sozialpolitik, Vermieter und ihre nimmersatte Profitgier werden indirekt gepempert, geschützt und gefördert.

        Genau die, die diesen Sport betreiben, wollen dann eine Kürzung von Sozialausgaben. Bis auf die mieten, die müssen bezahlt werden - so menschlich und christlich sind wir doch.

  • Wie viele Jahre hatte die SPD, wie viele Jahre hatten die Grünen und wie viele Jahre hatten die Linken Zeit, Wohnungen zu bauen.

    Was haben Sie geschafft - die Wohnungsnot in Berlin. Vielen Dank an diese tollen Parteien, die gerne von ihrem Versagen ablenken und alles auf die bösen Vermieter schieben

    • @eicke81:

      Die Linken waren in Berlin für die Stadtentwicklung verantwortlich



      vom 06. Dezember 2016



      bis 21. Dezember 2021

      Die SPD dagegen mehrere Jahre.

      de.wikipedia.org/w...icklung_von_Berlin

      • @Lichtenberg:

        Deswegen benenne ich alle Versager-Parteien