Annäherung Russlands und Nordkoreas: Putin und Kim wollen sich beistehen
Russlands Präsident Putin unterzeichnet mit Nordkoreas Machthaber Kim einen gegenseitigen Verteidigungspakt. Doch hat das Verhältnis auch Grenzen.
„Das heute unterzeichnete umfassende Partnerschaftsabkommen sieht unter anderem gegenseitigen Beistand im Falle einer Aggression gegen eine der Vertragsparteien vor“, sagte Russlands Präsident. Kim sprach gar von einer „Allianz“.
Am Mittwochmorgen traf Putin erstmals seit knapp einem Vierteljahrhundert in Nordkoreas Hauptstadt ein. Die Inszenierung seines Besuchs war an Pomp kaum zu überbieten, sogar eine Militärparade ließ das Kim-Regime ausrichten.
Doch trotz der bis ins kleinste Detail durchchoreografierten Inszenierung gab es auch eine Schrecksekunde: Als Kim und Putin im offenen Verdeck eines gepanzerten Mercedes an jubelnden Menschenmassen vorbeifuhren, näherte sich der Limousine plötzlich ein Luftballon. Hektisch drehte sich Putin zu Kim hinüber, der einem Bodyguard auf der Hinterbank zuwinkte – ehe die scheinbare Bedrohung durch eine Windböe von selbst wegflog. Als paranoider Autokrat lebt es sich offenbar gefährlich.
Im Westen wird Putins Staatsbesuch im Hinblick auf den Ukrainekrieg mit Argusaugen beobachtet. Denn Nordkorea hat Russlands Armee zuletzt mit großen Munitionslieferungen unterstützt. Südkoreas Verteidigungsminister Shin Won-sik bezifferte diese Waffenexporte zuletzt auf bis zu fünf Millionen Artilleriegeschosse. Im Gegenzug soll Russland das Kim-Regime unter anderem dabei unterstützen, Spionagesatelliten ins All zu schicken.
Doch fürchtet der Westen, dass russische Technologietransfers bald noch weiter reichen könnten. „Wir sind natürlich auch besorgt über die mögliche Unterstützung Nordkoreas durch Russland, wenn es um die Förderung seiner Raketen- und Nuklearprogramme geht“, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Dienstag in Washington.
Doch dürfte dies derzeit noch unwahrscheinlich sein. Wer sich nämlich nicht von der pompösen Inszenierung des Besuchs blenden lässt, erkennt die Grenzen der bilateralen Kooperation. So kam Putin erst am Mittwoch um drei Uhr morgens in Pjöngjang an, etliche Stunden verspätet. Keine 24 Stunden verbringt er in Pjöngjang, es ist also nur ein kurzen Zwischenstopp auf seinem Weg nach Vietnam.
Putin trifft in Pjöngjang also nicht auf einen Verbündeten auf Augenhöhe, sondern auf einen Juniorpartner, der erst durch seine Artillerielieferungen für Moskau nützlich wurde.
Vor allem sind beide zunehmend von Peking abhängig. Chinas Staatsführung beobachtet die Annäherung zwischen Moskau und Pjöngjang von der Seitenlinie aus. Staatschef Xi Jinping möchte seinen Einfluss in der Region nicht schwinden sehen.
Vor allem aber schwebt Xi ein stabiles Nordkorea vor, das den Status quo auf der koreanischen Halbinsel nicht gefährdet. Dass Kim wieder mit Atomtests droht, ist nicht im Sinne Chinas.
Auch dürfte Peking nicht dulden, dass das Kim-Regime eine alte Taktik aus Sowjetzeiten wiederholt, als es wechselweise Peking und Moskau gegeneinander ausspielte, um für sich den größten Nutzen herauszuholen. Entsprechend wäre es nicht im Interesse Putins, Pjöngjang mit Nukleartechnologie zu versorgen, wenn er es sich deswegen mit Xi verscherzen würde.
Doch schon jetzt unterminiert die russisch-nordkoreanische Annäherung die bisherige Ordnung zunehmend. „Wir wehren uns weiter gegen die Praxis eines Strangulierens durch Sanktionen als ein Instrument, das der Westen zu nutzen pflegt, um seine Hegemonie in der Politik, in der Wirtschaft und anderen Sphären aufrechtzuerhalten“, sagte Putin in Pjöngjang. Wie zum Beweis brachte er seinem Gastgeber eine gepanzerte Aurus-Limousine mit – ein offener Verstoß gegen die UN-Sanktionen.
Empfohlener externer Inhalt
Im Frühjahr hatte Moskau bereits mit seinem Veto im Weltsicherheitsrat dafür gesorgt, dass ein Gremium zur Überprüfung der Sanktionen gegen Nordkorea aufgelöst werden musste. Dabei können Russland und Nordkorea ohnehin ungestört mit sanktionierten Waren handeln, weil sie – trotz der schmalen Landesgrenze – über eine direkte Zugverbindung verfügen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient