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Hungerstreik für bessere KlimapolitikDas letzte Mittel?

Seit Wochen sind in Berlin vier Männer im Hungerstreik, um auf die Klimakatastrophe aufmerksam zu machen. Einer von ihnen könnte bald sterben.

Wolfgang Metzeler-Kick ist seit über 84 Tagen im Hungerstreik Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Berlin taz | Ein Dutzend Zelte stehen vor dem Brunnen im Invalidenpark in Berlin. Die kleine Grünfläche sollte einst an die gefallenen Soldaten der Revolution von 1848 und des deutsch-dänischen Krieges von 1848-1851 erinnern. Sie liegt zwischen dem Wirtschafts- und Klimaministerium sowie dem Verkehrsministerium. In dem einen ist Robert Habeck (Grüne) der Chef, im anderen Volker Wissing (FDP).

Beide geht an, was auf dem Platz geschieht. Denn dort sind vier Menschen im Hungerstreik. Sie werfen ihr Leben in die Waagschale, um Politik und Gesellschaft zu bewegen, mehr gegen den Klimakollaps zu tun. Es ist das letzte Mittel, das sie sehen. Titus Felsmann, 41 Jahre, hungert seit 16 Tagen. Adrian Lack, 34 Jahre, hungert seit 26 Tagen; er spricht auch nicht mehr. Der 56-jährige Richard Cluse hungert seit 68 Tagen.

Der Vierte, Wolfgang Metzeler-Kick, hungert inzwischen seit 86 Tagen. Seit acht Tagen hat der große, abgemagerte Mann, dessen Gesicht eingefallen ist und doch ausdrucksstark wirkt, den Streik radikalisiert. Er trinkt keine Säfte mehr, die seinen Blutzuckerspiegel noch etwas stabilisierten, sondern nimmt nur noch Wasser, Salz und ein paar Vitamine zu sich. „Jetzt wird die Situation schnell kritisch“, sagt ein Unterstützer von Scientist Rebellion vor einem der Zelte. „Wolli darf nicht sterben“, steht auf Transparenten, die im Camp hängen.

Die Forderung der Hungerstreikenden ist simpel. Sie wollen, dass der Bundeskanzler in einer Regierungserklärung die wissenschaftlichen Fakten zum Klimawandel ausspricht, und dass die Existenz des Lebens auf dem Planeten bedroht ist. Sie wollen, dass der Kanzler den Menschen sagt, dass zu viel CO2 in der Luft ist und dass der Weltklimarat zeigt, wie das Klimagift reduziert werden kann. Sie wollen, dass Scholz sagt, dass jetzt radikal umgesteuert werden muss; es sei schon fast zu spät. „Hungern bis ihr ehrlich seid“, heißt entsprechend die Kampagne.

Das Wort „Erpressung“ steht im Raum

Es wäre ein Leichtes für Olaf Scholz, der doch als „Klimakanzler“ angetreten ist, das Leben der Hungerstreikenden zu retten, indem er diese von der Wissenschaft belegten Wahrheiten öffentlich ausspricht, um damit der Bevölkerung die Tragweite des Problems klarzumachen.

Allein, Scholz tut es nicht. Das Wort „Erpressung“ steht im Raum. Auf dem Demokratietag am vergangenen Wochenende wurde der Kanzler bei einem offenen Dialog mit ihm von Claudia Heinrich, der Partnerin von Metzeler-Kick, gefragt, warum er die Dramatik der Klimakrise nicht aussprechen wolle. Scholz wich aus: „Zu sagen, ich löse die Situation mit einem Bekenntnis zu irgendetwas, ist kein ­Ausweg, denn es ist keine religiöse ­Veranstaltung“, sagte er. Dann führte er aus, dass viele Leute daran arbeiteten, die Klimaprobleme technisch zu lösen. Bald.

„Nur“, fragt Marlen Stolze, die Pressesprecherin der Hungerstreikenden im Camp, „wie oft soll man es wiederholen: Wer, wenn nicht er, muss den Menschen die Wahrheit sagen?“ Dann zitiert sie die Schriftstellerin Ingeborg Bachmann „Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar.“

Eine Unterstützerin geht noch weiter: „Scholz will nicht sehen, wie er mit seiner Weigerung, die Klimakatastrophe zu benennen, den Klimaleugnern und den Rechten erst die Plattform gibt für deren Lügen.“ Das Argument mit der Erpressung sei falsch. Vielmehr täusche die Politik die Bevölkerung, indem sie sie in falscher Sicherheit wiege.

Wer ist verantwortlich?

Im Raum steht aber noch eine ganz andere Frage: Wenn Metzeler-Kick oder ein anderer der vier stirbt, wer ist dann verantwortlich? Er selbst oder der Kanzler?

Alle vier sind entschlossen, ihren Hungerstreik fortzusetzen – auch Metzeler-Kick. An diesem Donnerstag liegt er gerade im Zelt auf einer Liege, ihm sei schwindlig. Tags zuvor am Mittwoch auf der Pressekonferenz ging es im besser, da machte er auf der Tafel beim Pressezelt noch einen weiteren Strich hinter seinem Namen, da war es der 84. Tag.

Vor dem Hungerstreik hat der Umweltingenieur viel versucht, um auf die Dramatik der Erderwärmung aufmerksam zu machen. Als Techniker, aber auch als Aktivist.

Er war bei „Parents for Future“ und bei „Scientist Rebellion“, war bei Aktionen von „Extinction Rebellion“ dabei, und bei denen der Letzten Generation. In München saß er zusammen mit Marlen Stolze, der Pressesprecherin, deswegen in Präventivhaft.

„Mit allem, was mir zur Verfügung stand“

Ob er und die anderen Hungerstreikenden ihre Wut und Verzweiflung gegen sich selbst richten? Metzeler-Kick sieht es nicht so. „Ich sehe kein anderes Mittel des Protestes mehr“, sagt er. Er wird oft mit dem Satz zitiert: „Wenn ich sterbe, hat Scholz ein Problem.“ Aber welches ist das? Scholz sei dann als Klimakanzler demaskiert, antwortet er. „Der Klimakanzler lässt lieber Leute sterben, als die Wahrheit auszusprechen.“

Auf die Frage, ob nicht vielmehr der Kampfesmut von ihm und den anderen Hungerstreikenden gebraucht werde und nicht deren selbstgewählte Vernichtung, meint Metzeler-Kick: „Wer auf die Barrikaden geht, bringt sich in Gefahr.“ Und was hat sein Sohn von seinem Tod? „Er weiß, dass ich für seine Zukunft gekämpft habe – mit allem, was mir zur Verfügung stand“, antwortet er.

„Leute in der Politik, die die Dramatik des Klimawandels nicht aussprechen, leugnen ihn“, sagt die Pressesprecherin. Einige PolitikerInnen und Bundestagsabgeordnete scheinen diesen Zusammenhang zu sehen, sie kamen ins Camp. Die meisten sagten, das Anliegen trügen sie mit, Hungerstreik als Protestmittel allerdings lehnten sie ab.

Verkehrsminister Wissing hat sich bisher nicht blicken lassen. Robert Habeck aber war da – wenngleich das lange geheim gehalten werden sollte. Das Gespräch mit ihm sei „ein menschliches Treffen gewesen“, sagt Metzeler-Kick auf seiner Liege im Zelt.

Vor dem Wirtschaftsministerium hat sich nach der Pressekonferenz eine Gruppe AktivistInnen aufgestellt. Darunter zwei von der Umweltorganisation BUND. „Wer, wenn nicht der BUND muss hier stehen“, fragen sie, aber die Organisation hat sich nicht offiziell hinter die Hungerstreikaktion gestellt. Eine Filmemacherin fragt Leute, die aus Habecks Ministerium kommen, ob sie sich zum Protest verhalten können. Alle gehen wortlos vorüber.

Jeden Tag um 17 Uhr machen sich die Hungerstreikenden zum „Slow Walk“ durch das Regierungsviertel auf. Auch bei strömendem Regen. Metzeler-Kick trägt einen Overall, auf dem ein Skelett aufgezeichnet ist. „Ich versuche, so viel wie möglich noch selbst zu gehen“, sagt er. Aber als der Weg leicht abschüssig wird, setzt er sich in einen Rollstuhl und rollt den Hang hinunter.

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21 Kommentare

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  • Ich hoffe, Herr Metzeler-Kick überlebt. Schön wäre es, wenn auch die vielen Menschen hätten überleben können, die bereits seit Jahren sterben, weil sie unter den Folgen unserer Lebensweise leiden.

    Jeden Tag verlieren weltweit Menschen ihr Leben, ihre Angehörigen, ihr Zuhause, ihre Heimat an die Auswirkungen des Treibhauseffektes. Während der verursachende Teil der Menschheit auch die kleinsten Einschränkungen als Zumutung empfindet und von sich weist.

  • Die hungernden Aktivisti machen sich ehrlich. Ganz und gar mit ihrem ganzen Dasein stehen sie zu ihren Überzeugungen und Forderungen. Das mag interlektuell gesehen weder "was bringen" noch den Klimawandel aufhalten, ist aber erschütternd konsequent. Vielleicht ist es weniger eine Frage von Schuld, als eine Frage von Verantwortung.

  • Sollte Herr Metzeler-Kick sterben, dann ist weder Olaf Scholz Schuld noch irgendjemand anderes aus der Bundesregierung. Auch "die Gesellschaft" ist dann nicht Schuld. Herr Metzeler-Kick ist dann daran Schuld, und ich hoffe, er findet noch den Ausweg aus seinem Irrweg.



    Sein von ihm selbst in Kauf genommener Tod würde nichts verändern, und wenn man ehrlich sein will: selbst wenn Olaf Scholz die an ihn gestellten Forderungen erfüllen würde, würde das erst einmal nichts ändern.

  • Bei aller Sympathie für das Thema. Aber das ist doch absurd. Und so empfinden es auch die meisten Menschen. Statt über das Thema Klimakatastrophe nachzudenken, ist die meistgesehene Reaktion "der hat doch einen an der Klatsche".

    Damit wird man gar nichts erreichen, weniger noch als mit dem Festkleben auf die Straße. Jemand, der so verzweifelt ist, dass er sein Leben aufs Spiel setzt für diese Sache, hat vielleicht tatsächlich eine Therapie nötig.

    Der Rahmen sollte ein ganz anderer sein. Setzt euch mit Soziologen und Sozialpsychologen zusammen und analysiert, warum in dieser Gesellschaft jeder sagt, dass er für Klimaschutz ist, aber de facto dann doch nichts tut. Warum die Politik mit ihren kranken Verstrickungen mit der Wirtschaft eben doch nur Profite sichert. Warum die Medien (mindestens manche) so energiegeladen gegen alles arbeiten, was mit Klimaschutz zu tun hat.

    Was kann die Menschen - auch emotional! - dazu bringen, zu sagen "hey, das ist wichtig, dafür setze ich mich ein!"? Real sind sie im Moment zu geizig, eine Wärmepumpe zu zahlen, aber für die 3 Fernreisen und den fetten SUV alle 4 Jahre reicht das Geld komischerweise doch.

    Da ist viel kapitalisitische Verflechtung!

    • @Jalella:

      Was die kapitalistische Verflechtung betrifft, stimme ich Ihnen zu. Diese Sichtweise läuft auf die Feststellung Adornos hinaus, dass es kein richtiges Leben in falschen gibt. Vielleicht hilft es, in Analogie zu Adornos Studien zum autoritären Charakter quantitative Skalen zur klimapolitischen Einstellung zu erarbeiten. Das wäre tatsächlich ein Betätigungsfeld für Soziologen und Sozialpsychologen. Meiner Vermutung nach würden die Ergebnisse darauf hinauslaufen, dass es in unserer Gesellschaft sehr viel Opportunismus und Bequemlichkeit gibt. Kaum jemand ist bereit, mit aller Ernsthaftigkeit für etwas einzustehen. Dazu gehört schon ein Leidensdruck, wie ihn nur empfinden kann, wer im Grunde an der Ignoranz der Gesellschaft verzweifelt ist und deren Abwehrmechanismen für sich weder übernehmen kann noch will. Ausschließlich instrumentell eingesetzt, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen, mag ein Mittel wie ein Hungerstreik inadäquat erscheinen. Wenn aber angesichts des persönlich empfundenen Leidensdrucks eine solche Aktion der einzige adäquate Ausdruck des subjektiven Empfindens ist, dann muss es sich die bequem-gemäßigte Mehrheit wohl gefallen lassen - auch und gerade wenn es weh tut.

  • Ich empfehle zusätzlich noch Luft anhalten. Hat zu mindestens bei Asterix in Spanien noch immer zum Ziel geführt.

  • Wenn Herr Scholz den Forderungen entspräche, würden ihm nur die glauben, die ohnehin schon bescheid wissen und machtlos zusehen. Er würde keine Person aufrütteln, der der Klimawandel egal ist, und er würde auch nicht die überzeugen, die dieser Regierung nicht vertrauen.

    Die Natur der Forderung macht das Opfer sinnlos.

  • Medial kommt der Hungerstreik wahrscheinlich nur in der Regionalpresse in Berlin und hier in der taz vor, sowie in Blasen der "sozialen Medien" vor. Eine Wahrnehmung außerhalb habe ich jetzt selbst bei Normalbürgern, die Klimaschutz ernsthaft leben kaum sehen können.



    Wenn ich wüsste es würde irgendwas nützen, würde ich das mit vollem Herzen unterstützen, aber unter den gegebenen politischen Verhältnissen, was soll dabei rauskommen ?



    Ich war als Jugendlicher auch mal Fan von Bobby Sands, es hat gedauert, bis ich erkannt habe, dass er auch nur ein Bauernopfer einer clandestinen Terrororganisation war.



    Gandhi hatte anfangs unterdrückte Massen beim Kampf gegen grundsätzliche Ungerechtigkeiten hinter sich, daher konnte das funktionieren, aber was soll eine Aussage vom Kanzler bringen, wenn man daraus keine Handlungen ableitet und Regierung und Bevölkerung nicht handeln?

  • Bei dieser Geschichte den Herrn Jesus heranzuziehen ist natürlich schon eine große Nummer.



    Obwohl, Jesus wusste sehr wohl, was auf ihn wartet, als er sich entschloss, nach Jerusalem zu gehen. Und er hat bis zur letzten Konsequenz an seiner Wahrheit festgehalten.



    Und ich bin mir nicht sicher, was und wie viel von dem jesuanischen Gedankengut die folgenden Jahre überdauert hätte, wenn er sich dieser Konsequenz nicht hingegeben hätte.

  • „ Im Raum steht aber noch eine ganz andere Frage: Wenn Metzeler-Kick oder ein anderer der vier stirbt, wer ist dann verantwortlich? Er selbst oder der Kanzler?“

    Nein, diese Frage steht nicht im Raum. Wenn er stirbt ist er ganz allein dafür verantwortlich; Punkt. Ich empfinde es als extrem vermessen jemand anderen für seinen aus dem selbstgewählten Hungerstreik resultierenden Tod verantwortlich zu machen nur weil dieser nicht tut was man will. Geht es noch? Diese Selbstgerechtigkeit ist schwer zu ertragen. Es steht dem guten Mann frei selbst in die Politik, aber brachial seine persönlichen Forderungen durchsetzen zu wollen ist einfach frech und vollkommen daneben.

  • 'Was wir politisch wollen, muss in einer Demokratie miteinander diskutiert werden. … Wir müssen für das, was wir richtig finden, Mehrheiten bei den Bürgerinnen und Bürgern gewinnen.' Dies soll der Kanzler an die Hungerstreikenden gerichtet am Donnerstag gesagt haben. Offensichtlich missversteht der Kanzler unsere Demokratie genauso wie es eine Mehrheit, die an die Demokratie glaubt, aber Parteien und PolitikerInnen zunehmend misstraut, soll und tut.

    Es ist ja in der real-existierenden Demokratie nicht so, dass Parteien und ihre PolitikerInnen für eine Entscheidung, nachdem sie diese mit den BürgerInnen herbei diskutiert haben, von einer Mehrheit dieser BürgerInnen für diese Entscheidung Zustimmung in Wahlen bekommen. Unsere Demokratie funktioniert ja genau umgekehrt: Wahlversprechen, Wahl, Regierungsbildung, Entscheidungsfindung und dann vielleicht eine Klage zur Prüfung der Rechtskonformität oder einfach bis zur nächsten Wahl warten. Da können WählerInnen wieder entscheiden, welchen Programmen/Personen sie trauen wollen, obwohl sie wissen, dass es in der Realpolitik immer anders kommt.

  • Eine geschichtliche Parallele: In Hungerstreik und Appell an den Kanzler finden wir Metzeler-Kick und Begleiter in einem Vorstoß, wie sie im November 1977 als Gewaltfreie Aktion nach dem Muster von Mahatma Gandhi der Tübinger Germanist Hartmut Gründler M.A. ganz analog unternommen hatte, mit Saft- und Wasserfasten (begriffen als Beistand zum Gewissen des ‚Konfliktpartners‘ - diesen Begriff prägte Gründler -, nicht: Erpressung!) unter dem Appell an Ex-Kanzler Schmidt mit der Forderung: „Wahrheit in die Energiepolitik!“ – gipfelnd im Fanal einer von Gründler selbst per Flugblatt angekündigten Selbstverbrennung am 16.11.1977 zum Hamburger Energieparteitag der SPD. Dazu unbedingt die WIKIPEDIA-Seite zu Gründler aufrufen!



    Beklemmend dazu: auch der damalige SPD-Kanzler drückte sich um eine direkte Kontaktaufnahme mit seinem ernsthaften Kritiker; nicht das erste Mal wurde Olaf Scholz auch konfrontiert mit Hungerstreikenden für Umweltbelange, anno 2021: mit der Kampagne „Hand aufs Herz. Es ist Zeit für Ehrlichkeit“; ebendies war schon Gründlers Ziel gewesen!



    Wie er mahnten 2021 die Aktivisten der LG Suffizienz im Lebensstil an, wie es allein noch die Ökodemokraten der ÖDP fordern!

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    „Wer, wenn nicht er, muss den Menschen die Wahrheit sagen?“



    Die Wahrheit ist fast allen Menschen bekannt. Und: Jesus von Nazareth hätte niemals Suizid begangen.

  • "Das Wort „Erpressung“ steht im Raum."



    Genau, denn genau das ist es, was in der Öffentlichkeit, vor allem in der gegnerischen Öffentlichkeit ankäme.



    Dass der Kanzler lediglich wahre Tatsachen aussprechen würde, wäre gar nicht das Thema, das Thema wäre, warum er es tun würde und da ist eine Seite mit dem Vorwurf der Erpressung schneller zur Stellen, als der Kanzler nur überlegt hat, die Fakten auszusprechen.



    Es geht nicht um Inhalt, es geht um Wahrnehmung (und mediale Verwertung). Um den Aufschrei "Erpressung" käme nicht einmal die taz vorbei... über den Inhalt, der wahr wäre ginge es nur am Rande.

    • @nutzer:

      Behördliche Warnungen vor Gefahren dürfen nicht unterbleiben und müssen faktisch zutreffend sein. Angesichts des (noch) Bundes-Klimaschutzgesetzes könnte man von einer Zuständigkeit der Bundesministerien ausgehen, über die Gefahrenlage rechtzeitig und umfassend zu informieren.



      -



      Und selbst wenn es keinen subjektiv öffentlich-rechtlichen Anspruch gibt, informiert zu werden, erscheint mir das Wort "Erpressung" in diesem Zusammenhang überdreht. Bei der ganzen Aufregung lässt sich leicht vergessen, dass der Staat seine Bürger zu schützen hat, und der Amtseid nicht als Treppenstufe zur Selbstverwirklichung einzelner Politiker dient.

      • @THu:

        ist ja richtig, nur wenn eine Aktion (die gutes Bewirken soll) in der Masse die Wirkung verfehlt und mglweise von anderen sogar ins Gegenteil verkehrt wird, ist diese Aktion sinnlos bzw. kontraproduktiv und man sollte überlegen, ob man obwohl man recht hat, es nicht lieber lassen sollte.



        Ein Verlesen der geforderten Fakten durch Scholz, wird nicht zu einer Diskussion über das Gesagte führen, es wird zu einer Diskussion über das "Warum er es sagt" werden. Faktisch vom Thema gelöst und mediales Echo wäre Erpressbarkeit, nicht die Gefahren des Klimawandels. Ist das sinnvoll? Recht haben aber die Öffentlichkeit auf die andere Seite treiben?

        • @nutzer:

          Steile Thesen. Manche Proteste in jüngster Vergangen waren auch echt unsympathisch und wirkten merkwürdig kontraproduktiv, geradezu wie eine offene Drohung. Aber der Diesel fließt und die Agrarauflagen sind fallen.

          • @THu:

            Diese Proteste, auf die Sie anspielen waren evtl Ihnen unsympathisch (mir übrigens auch), vielen Menschen merkwürdigerweise aber sympathisch. Und das ist der Unterschied, die Grundstimmung auf die dieser Protest stößt ist eine andere.



            Oder warum wurde eine Straßenblockade durch einen Misthaufen, in deren Folge es zu einem schweren Autounfall kam als mediale Nebensächlichkeit mal so knapp erwähnt, ein Krankenwageneinsatz (oder wars Feuerweht?) über eine umständlich konstruierte Beweiskette auf eine Straßenblockade geschoben, eine Straßenblockade, die extra eine Rettungsgasse freihielt?



            Der einzige Unterschied, die Grundstimmung in den Medien und der Bevölkerung.

  • Sie haben viel getan, Wolfang Metzeler-Kick, aber ihr Tod würde der Sache nichts bringen. Und wäre für ihre Familie, ihr Umfeld, gar eine persönliche Katastrophe.



    Jetzt stur weiter zu machen, auch wenn sich die Politik nicht nach Ihren Forderungen verhält, und ihr Leben zu verlieren, und damit auch ihre Kraft weiter zu machen, weiter zu kämpfen, weiter für eine positive Veränderung einzutreten, das ist nicht sinnvoll.



    Retten Sie ihr Leben und damit auch ihre Kraft weiter zu protestieren und sich einzusetzen, ihre einzigartige Perspektive, und beenden Sie den Hungerstreik.



    Wir können andere Wege des Protests einschlagen, anders weitermachen.



    Den Klimawandel kann ein Tod durch Hungerstreik auch nicht aufhalten.

  • Jetzt aufzuhören ist keine Schande. Im Gegenteil. Es gibt auch noch beeindruckende Protestmöglichkeiten, die (jedoch) persönliche Anwesenheit erforderlich machen. Lassen Sie sich diese nicht entgehen.

  • Der Respektkanzler könnte dermaßen billig aus der Sache rauskommen, indem er einen seiner langweiligen Vorträge damit einrahmen würde, dass er schon vor seiner Amtszeit eindringlich auf die schweren Folge hingeweise, und nicht müde wird, dafür zu werben, dass jetzt alles menschenmögliche unternommen werden muss.

    Andererseits könnte man in einem Machtkampf mit einem Kraftlosen und Hoffnungslosen Erpresser auch Profil zeigen.

    Wahrheit ist so verdächtig geworden, dass sich der Staat sich auch nicht zur Wahrheit erpressen lassen darf. Es ist gut dass wir reden!