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Bonner KlimakonferenzGlobaler Süden will 1,3 Billionen

Auf der Bonner Klimakonferenz gab es keine Einigung auf die Finanzierung der Schäden der Erderwärmung. Gelöst werden soll das Problem in Baku.

Fahnen der UNFCCC – United Nations Climate Change Conference – am Hauptsitz im UN Campus in Bonn am 3.6.2024 Foto: Marc John/imago

Bonn taz | Mit Uneinigkeit über die Höhe der Finanzierung ist am Donnerstag die halbjährliche Klimakonferenz in Bonn zu Ende gegangen. Die Staatengemeinschaft streitet über Billionensummen zur Abwendung der Klimakrise.

Das Treffen am Standort des UN-Klimasekretariats mit rund 6.000 Ver­hand­le­r*in­nen dient traditionell der Vorbereitung der UN-Klimakonferenz, die im November in Aserbaidschans Hauptstadt Baku stattfindet. Im Mittelpunkt steht in diesem Jahr die Frage, ob sich die Industrie- und Entwicklungsländer auf neue Klimahilfen ab 2026 verständigen können.

Eigentlich hatten die Industrieländer den Entwicklungsländern bereits im Jahr 2009 zugesagt, zwischen 2020 und 2025 jährlich 100 Milliarden US-Dollar für die Finanzierung von Klimaschutz und Anpassung bereitzustellen.Doch erst 2022 wurde dieser Betrag laut Industrieländerklub OECD erreicht. Inzwischen liegt der Bedarf für mehr Klimaschutz, Anpassung an Klimafolgen und Gelder für Schäden laut Fi­nanz­ex­per­t*in­nen weitaus höher.

Die afrikanische und arabische Gruppe fordert bis zu 1,3 Billionen US-Dollar, die die Industrieländer ab 2025 jährlich für fünf Jahre als Klimahilfe aufbringen sollen. Das wäre zehnmal so viel wie die rund 116 Milliarden US-Dollar, die 2022 zusammen kamen. Dafür sollten die reichen Länder eine Steuer auf Finanztransaktionen, Mode-, Rüstungs- und Technologieunternehmen einführen, lautet ein Vorschlag der Entwicklungsländer G77 und China. 441 Milliarden Dollar öffentliche Gelder pro Jahr würden ausreichen, um den Rest mit privaten Mitteln aufzustocken.

„Der Stern auf dem Weihnachtsbaum“

Über die Höhe des Klimaziels hüllten sich die Industrieländer in Bonn in Schweigen. Sie wollten zunächst die Struktur des Ziels klären. „Der Betrag ist der Stern auf dem Weihnachtsbaum“, erklärte die Verhandlerin für Australien – und erntete Unverständnis.

Umwelt- und Entwicklungsorganisationen äußerten sich besorgt über die Verhandlungen. „Die Bonner Klimagespräche haben zu wenig Fortschritte erzielt, um optimistisch auf die kommende UN-Weltklimakonferenz COP29 in Baku zu blicken“, kritisiert Oxfam-Klimaexperte Jan Kowalzig. „Wenn die Verhandlungen in diesem Tempo weitergehen, haben wir vielleicht am ersten Tag des Klimagipfels in Baku die Knackpunkte identifiziert – aber zu wenig Zeit, sie zu lösen.“ Die aserbaidschanische Präsidentschaft sei gut beraten, die strittigen Verhandlungspunkte nun auf Ministerebene politisch zu diskutieren.

Auch die NGO Germanwatch fordert, die Blockade bei der Klimafinanzierung zu lösen. Lob gab es für die Ergebnisse eines globalen Klimaanpassungsziels: „Nach zwei Wochen schwieriger Verhandlungen konnte hier eine Einigung erzielt werden. Auf dieser Basis kann jetzt an Indikatoren gearbeitet werden, um Fortschritte zum Erreichen des Ziels zu messen“, sagte Laura Schäfer, Referentin für Internationale Klimapolitik bei Germanwatch.

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20 Kommentare

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  • Was gerne vergessen wird:



    Die industrielle Revolution, basierend auf fossilen Brennstoffen, und stattgefunden in den (kolonialen) westlichen Ländern, hat auch einige marktfähige Erfindungen hervorgebracht, die dem "Globalen Süden" durchaus zum Nutzen gereichen.



    Dynamo / Elektromotor - seinerzeit ohne Strom aus fossilen Kraftwerken nicht möglich.



    Verbrennungsmotor - benötigt Erdöl.



    Transistor und in der Folge Chips/Computer - erfunden in den kolonialen Staaten, wie alle oben angeführten Dinge.



    Also lieber "Globaler Süden":



    Bitte alle Geräte und Anlagen mit Dynamos/Elektromotoren abgeben.



    Die Autos und LKWs bitte auf den Haufen rechts.



    Alle Computer und Handys in die Tonne links.



    Wenn alles abgegeben ist, gibt es auch die 1,3 Billionen.



    Versprochen.

    • @Signora_Luna:

      Zynismus?

      Der Globale Norden nutzt "seine" die Umwelt belastenden Erfindungen wesentlich länger und intensiver als der Süden und ist damit für den Hauptteil der Emissionen verantwortlich. Außerdem verdient er noch daran seinen Schrott zur Weiternutzung an den Süden zu verkaufen.

      Hoffentlich findet die kürzere Version bei den Kuratierenden Zuspruch.

    • @Signora_Luna:

      Das Verrückte: Mit den 1,3 Billionen kann niemand etwas anfangen, die Werte schmelzen wie Butter, wenn damit keine Profite, kein Wachstum mehr möglich ist. Aber bitte keine Ausreden: Die Politik tut so, als ob sie nichts gemerkt hat und wir haben uns bestechen lassen, solange diejenigen, die mit uns Profite machen, uns etwas abgegeben haben. Wenn wir nicht mehr taugen im Raffen, gibts bestenfalls moch so rzwas wie Hartz 4, andere verdursten in der Wüste und wir schauen zu, obwohl auch unsere Existenz bedroht ist. Eigentlich brauchen wir zum reinen Überleben nicht viel wie zum Beispiel die BewohnerInnen von St. Helena, die wahrscheinlich die letzten Menschen sein werden, falls die chinesischen Raubfischer noch ein paar Kreaturen im Meer übrig lassen.

      • @Dietmar Rauter:

        Stimme vollkommen zu!

  • Es ist eigentlich unerträglich: Wir im industrialisierten Westen haben 'unsere' Ökonomie so ausgerichtet, dass sie die Lebensbedingungen für alle Lebewesen der Erde zerstört. Alles Wirtschaften, das hierzulande soviel -zweifelhaften- Wohlstand schafft, ist (noch) so angelegt, dass es das Klima irreversibel verändert



    und auch weniger CO² verbrauchende, rückständig (????) wirtschaftende betrifft und ihnen zu Allererst die Chance auf ein auskömmliches Dasein zerstört. Inzwischen sollten wir WISSEN, was wir mit unserer Prasserei da tun, wenn wir uns mit SUVs bewegen, die viel zu groß sind, wie verrückt um die Welt jetten und zulassen, dass Private, die soviel haben, dass ihnen nichts Besseres einfällt, mal eben im Weltraum herumzugondeln. Und jetzt behaupten wir, wir müssen all das tun, weil 'wir' sonst keine Arbeit haben als Lebensgrundlage für die 'reichen' Gesellschaften, weil wir uns so an dieses auf der Profitschinderei aufgebauten Ökonomie, aus der es kein 'Zurück' zu geben scheint, gewöhnt haben. Das ganze Theater um ein 'weiter so, wie bisher' -ja mit Ellenbogen und Kriegen- ist nur noch peinlich. Leider fehlen den Ärmeren die Mittel, uns zu ihrem Überleben zu vertreiben!

    • @Dietmar Rauter:

      Ohne Industrialisierung würden auf diesem Planeten nicht 8 Milliarden leben und alt werden.



      Es gäbe nicht nur kein Internet, sondern auch keine Rente, keine Krankenversicherung, kaum Bildung, keinen Rechtsstaat.



      Subsistenzwirtschaft, ohne Chance auf Entwicklung.

      Selbst das maßvolle Leben setzt Bildung voraus, deren Finanzierung auf der Industrialisierung des Westens beruht.

      Wer "mehr und weiter" kritisiert, kann sich der Symbolpolitik widmen, die sich an den emotionalen Befindlichkeiten des westlichen Mittelstandes orientiert. Die die Länder des Südens als Rohstoffquelle und Kulisse der Selbstdarstellung sieht.

      Was wir an Politik erleben, ist nicht darauf ausgerichtet, reale Probleme, der Ökologie, Ökonomie oder sozialen Gerechtigkeit, zu lösen.

      • @Octarine:

        Die Polarisierung bzgl. einer Schuld der "industrialisierten Länder" gegenüber den benachteiligten Ländern halte ich in großen Teilen als nicht sachgerecht.



        Vielmehr ist der weltweite Finanzkapitalismus mit seinen permanenten Steigerungs-, Effizienz- und Gewinnforderungen für die Ausbeutung unseres Planeten, aber auch eines Großteils der Menschen, auch in den Industriestaaten verantwortlich.



        Dieser dreht an der Kostenspirale und setzt Rahmenbedingungen, denen sich die darin arbeitende Bevölkerung quasi nicht entziehen kann.



        Die Blüten dieses Systems ist die propagandistische, psychologisch hochgradig perfide und perfektionierte Manipulation der Menschen in dem System, Bedarfe künstlich zu schaffen, die keine Finanzmittel, oder Eigentum besitzen, dass sie z.B. über die Börse oder Anlagen für sich arbeiten lassen können.



        Zu fragen ist, wer von dem System konkret profitiert, und diese Menschen dann gezielt auch zu ihrer Verantwortung zu ziehen.



        Das sind nicht die arbeitenden und Werte erwirtschaftenden Menschen, die in dem System zudem absolut benachteiligt werden, sondern Menschen, die die Werte weltweit abgreifen, ohne die Eigenverantwortung eines jeden absprechen zu wollen.

      • @Octarine:

        Stimme Ihnen voll zu!

        Und, ich kann mich nicht daran erinnern jemals gefragt worden zu sein, ob ich z.B. diese durch Spekulation und Gewinntreiberei hohen Lebenshaltungskosten und Wohnkosten aufbringen wolle, oder günstigere Wohn- und Lebenshaltungskosten in Deutschland nutzen wolle.

        Bei allen Alternativen stößt man gegen irgendwelche Lobbyinteressen oder staatliche Verbote, die -so mein Eindruck- teilweise helfen die Lobbyinteressen und Geschäftemacherei durchzusetzen.



        Diese Erfahrung macht ja auch bereits der klügere Anteil der jungen Klimabewegten.

      • @Octarine:

        Ohne Internet war es eigentlich recht komfortabel, und was das mit der Bildung und dem Rechtsstaat anrichtet, ist deutlich zu erkennen.

  • Jede Partei, die einer solchen Belastung ihrer Bürger zustimmt, wird an der Wahlurne gnadenlos abgestraft.

    Da kann mit zuhause bleiben und damit Kosten reduzieren.

  • Vorschlag. Die Entwicklungsländer beschlagnahmen die Guthaben der großen Klimasünder, nehmen einen Kredit zur Deckung ihrer Kosten auf und bezahlen diesen mit den Zinsen aus den beschlagnahmten Geldern...

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Bei dem Vorschlag beißt sich leider die Katze in den Schwanz. Sollten die Entwicklungsländer irgendwelche Guthaben oder Werte beschlagnahmen, werden sie garantiert nirgends auf der Welt noch einen Kredit erhalten. Das Eigentum muss quasi uneingeschränkt garantiert sein, sonst wird weder ein Staat und schon gar keine Bank auch nur einen Cent als Kredit investieren.



      Aber auch der Gedanke, die Kreditkosten (also Zins und Tilgung) aus den Zinsen beschlagnahmter Güter und Werte zu decken, halte ich für falsch gerechnet. Man wundert sich, wie wenig in der Vergangenheit in Entwicklungsländern investiert wurde. In Schwellenländern - ja, in Industrienationen - selbstverständlich. Aber außer im Textilbereich, wo z.B. in Vietnam einige europäische und amerikanische Unternehmen eigene Fabriken betreiben, wird ansonsten gar nicht, oder nur über landeseigene Sub-Unternehmen Ware hergestellt. Da kommt also bei einer Beschlagnahme nicht wirklich viel zusammen...

      • @Cerberus:

        Stimmt. Das Problem sind die Machtverhältnisse. Die Länder, die so etwas durchsetzen können, sind leider die, deren Geld man beschlagnahmen müsste.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Angenommen.

  • "ein Vorschlag der Entwicklungsländer G77 und China"

    "Die afrikanische und arabische Gruppe fordert..."

    Sind das nicht die, welche Kohle und Erdöl in Massen gefördert haben und weiter fördern und verbrennen?

    Baku als Ölstadt ist da ja ganz der richtige Ort für die Konferenz.

    Man darf gespannt sein, wer denn da zahlen soll und wer nicht.

  • Das ist ja eine gute Idee.



    Dann lass uns doch mal schauen, welche Länder an der Öl- und Kohleförderung und am Verkauf am meisten verdient haben.

    • @Bolzkopf:

      Ja, interessant wäre auch zu schauen, wer am meisten durch Veredelung und Nutzung der Rohstoffe verdient hat.

      • @0 Substanz:

        Veredelung und Nutzung ungleich Verbrennung, nicht wahr ?

        • @Bolzkopf:

          Ich verstehe nicht, warum Sie mir die Frage stellen.

          Zur Not gäbe Wikipedia Auskunft, was mit fossilen C-Verbindungen außer Verbrennung noch angefangen werden kann.

    • @Bolzkopf:

      Über die ganze Zeit gerechnet? Nach heutigen Preisen?