Investor Lars Windhorst: Der große Versprecher

Harte Zeiten für Lars Windhorst: In Hannover wurde ein Haftbefehl gegen ihn ausgestellt, in Rendsburg ist Ministerpräsident Daniel Günther verärgert.

Lars Windhorst spricht im Kieler Landtag mit Journalisten.

Viele leere Versprechen führen zu vielen Fragen: Lars Windhorst im März 2024 im Kieler Landtag Foto: dpa | Frank Molter

HANNOVER taz | Wird Finanzjongleur Lars Windhorst heute in Flensburg verhaftet? Das scheint zwar eher unwahrscheinlich, aber blickt man auf die spektakuläre Achterbahnfahrt, die Windhorst seine Karriere nennt, erscheint einem vieles möglich.

Fest steht: Der große Investor (präziser ausgedrückt: Investitionen-Versprecher) hat gerade an mehr als einer Front mächtigen Ärger. Am Montag erschien er nicht zur Betriebsversammlung bei der ­Nobiskrug-Werft in Rendsburg – sehr zum Ärger von Schleswig-­Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). Zeitgleich wurde bekannt, dass in Hannover ein Haftbefehl gegen Windhorst anhängig ist – in dem Insolvenzverfahren rund um das Ihmezentrum möchte die Richterin so Auskünfte von Windhorst erzwingen.

Dieser Haftbefehl liegt schon seit dem 23. Mai vor, nachdem Windhorst am 22. Mai nicht zu einer Anhörung erschienen war. Anders als bei Strafgerichten bedeutet das aber keineswegs, dass nach Windhorst gefahndet wird und die Polizei ihn jederzeit und überall verhaften kann, erläutert Gerichtssprecher Patrick Skeries.

Der Haftbefehl zielt darauf ab, Windhorst Mitwirkung in dem Insolvenzverfahren zu erzwingen. Vollstreckt wird er durch einen Gerichtsvollzieher. Wenn dieser tatsächlich eine Verhaftung vornimmt, hat Windhorst zwei Möglichkeiten: Er kann die gewünschten Auskünfte erteilen oder er muss für drei Wochen in eine niedersächsische Justizvollzugsanstalt.

Windhorst hat gegen diesen Haftbefehl Beschwerde erhoben. Die hat nach Auskunft des Gerichts zwar keine aufschiebende Wirkung, macht eine Vollstreckung aber auch nicht wahrscheinlicher. Die Beschwerde muss nun erst vom Amtsgericht und dann möglicherweise noch vom Landgericht überprüft werden.

Windhorst trat als Retter auf, versprach den Koloss innerhalb von ein paar Jahren zu sanieren

Konkret geht es in diesem Streit darum, zu welchen Auskünften Windhorst überhaupt verpflichtet ist. 2019 hat er mit seiner Unternehmensgruppe Tennor das Projekt Ihme-Zentrum (PIZ) Hannover übernommen. Das Ihmezentrum, ein in den 1970er-Jahren erbauter Betonklotz in bester Lage, bestehend aus Wohnungen, Einkaufszeilen und sonstigen Gewerbeflächen, ist arg sanierungsbedürftig. An den komplizierten Eigentumsverhältnissen mit zahlreichen Kleineigentümern sind aber schon andere Investoren und Spekulanten gescheitert.

Windhorst trat als Retter auf, versprach den Koloss innerhalb von ein paar Jahren zu sanieren und für den Weiterverkauf hübsch zu machen, die Stadt war erleichtert. Zumindest bis die zugesagten Sanierungen auf sich warten ließen. Ein zähes Ringen um Baufortschritte und immer wieder versäumte Fristen endete damit, dass erst die Stadtwerke Enercity und dann die Stadt selbst als Großmieter von Büroflächen ausstiegen.

Damit erzielte das Objekt keine Einkünfte mehr und Windhorst ließ laut Medienberichten beleidigt ausrichten, er investiere nun auch nichts mehr. Tennor wolle dem schlechten Geld schließlich kein gutes hinterherwerfen. Die PIZ schlitterte in die Insolvenz, Miteigentümer blieben auf den Nebenkosten, Handwerker auf ihren Rechnungen sitzen.

Im Insolvenzverfahren muss erst einmal geklärt werden, was überhaupt an verwertbarer Insolvenzmasse da ist. Darum dreht sich nun auch der Streit: Formal ist Windhorst nicht Geschäftsführer der PIZ, de facto aber schon, glaubt der Insolvenzverwalter Jens Wilhelm. Nicht nur, weil Windhorst immer wieder einschwebte, sobald die Stadtpolitik besänftigt werden musste, sondern auch, weil er offenbar der einzige ist, der Auskunft geben kann darüber, wohin Gelder, Wertpapiere und Schlüssel aus dem Ihmezentrum verschwunden sind. Windhorst bestreitet dagegen, mit dem operativen Geschäft viel zu tun gehabt zu haben und glaubt deshalb auch keine Auskunft erteilen zu können oder zu müssen.

Die Werften

Ähnlich enttäuscht – und ähnlich hilflos – wie die hannoversche Stadtpolitik äußerte sich am Montag Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). 600 Arbeitsplätze hängen an den beiden Werften Nobiskrug in Rendsburg und FSG in Flensburg. Nach massiven Protesten wegen ausbleibender Gehalts- und Sozialversicherungszahlungen hatte sich Günther im März mit Windhorst getroffen und ihm diverse Versprechen abgenommen.

Gehalten hat der nichts davon, wie der Ministerpräsident nun, drei Monate später feststellen muss. Im Gegenteil: Diverse Marineaufträge wurden zurück gezogen, die Maschinen stehen still, die Arbeiter beklagen sich über nervenzermürbende Langeweile, neue Geschäftsführer tauchten nie auf. Für den heutigen Mittwoch hat Windhorst eine Pressekonferenz in Flensburg angekündigt, in der er seine Strategien für die Werften darlegen will.

Ärger auch im Ausland

Daran, dass er das Ruder noch einmal herumreißen kann, zweifeln allerdings viele. Immerhin hat die Unternehmensgruppe Tennor national wie international Ärger mit der Justiz. Da ist ihr gescheitertes und skandalumwittertes Investment beim Berliner Fußballverein Hertha BSC. In den vergangenen Jahren gab es außerdem Gerichtsverfahren in Amsterdam, London und Bologna: Mal klagen enttäuschte Geschäftspartner, mal geht es um Steuerschulden, mal um ausstehende Gehaltszahlungen. Immer geht es um ein Muster: Windhorst verspricht Dinge, die er nicht halten kann.

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