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Krieg im GazastreifenHeftige Kämpfe auch im Norden

Während Israel weiter nach Rafah vordringt, wird auch in Dschabalia gekämpft. Die USA sagen neue Militärhilfe über eine Milliarde Dollar zu.

Gaza City am 15. Mai: Palestinenser kehren nach einem israelischen Überfall in ihre Häuser zurück Foto: Mahmoud Issa/reuters

BERLIN taz | Eineinhalb Wochen nach dem Vorstoß des israelischen Militärs im südlichen Gazastreifen bleibt der Grenzübergang Rafah geschlossen. Der wichtigste Zugangspunkt zu dem Küstengebiet liegt zwischen Ägypten und dem Gazastreifen, wird auf palästinensischer Seite nun aber von Israel kontrolliert.

Die Hilfsorganisation International Rescue Committee appellierte am Mittwoch „an Israel, den Grenzübergang wieder zu öffnen“. Landesdirektorin Kiryn Lanning warnte: „Die anhaltende israelische Bombardierung und die Schließung des Grenzübergangs führen zu einer kritischen Knappheit von Treibstoff. So werden Fortbewegungsmöglichkeiten stark eingeschränkt und alle humanitären Maßnahmen lahmgelegt.“

Israelischen Angaben zufolge ist es allerdings Ägypten, das den Grenzübergang geschlossen hat. Kairo akzeptiert Medienberichten zufolge die israelische Besetzung des Übergangs nicht.

Vergangene Woche war Israel mit Panzern in Rafah eingedrungen. Seitdem sind laut UN-Angaben fast eine halbe Million Menschen aus der Stadt geflohen. Am Dienstag rückten israelische Truppen weiter in Ostrafah vor, während die Luftwaffe Ziele in der Stadt bombardierte.

Erstmals seit Beginn der Offensive wurde ein israelischer Soldat getötet, womit die Zahl der getöteten Sol­da­t*in­nen bei 273 liegt. Auf palästinensischer Seite stieg die Zahl der Toten am Mittwoch auf über 35.000 Menschen.

Hamas ist im Norden noch schlagkräftig

Auch im Norden Gazas kommt es wieder zu heftigen Gefechten. 100.000 Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen flohen vor den Kämpfen. Israel hat insbesondere im Flüchtlingslager von Dschabalia, einem Vorort von Gaza-Stadt, seine Operationen ausgeweitet.

„Zwei IDF-Brigaden rückten in das Zentrum des Flüchtlingslagers vor“, berichten Ana­lys­t*in­nen des US-Projekts Critical Threats. Demnach war Israel bereits im November nach Dschabalia, nicht aber in das Zentrum des Lagers vorgedrungen. Laut Militär wurden nun „Dutzende bewaffnete Gruppen und eine große Anzahl von Terroristen eliminiert“.

Offenbar sind palästinensische Kräfte aber noch schlagkräftig. In der Umgebung von Dscha­balia haben sie nach Angaben von Critical ­Threats in den letzten Tagen die meisten Angriffe pro Tag auf israelische Truppen seit Kriegsbeginn ausgeführt. „Die Milizen haben das Personal und das Material, das für den Kampf im nördlichen Gazastreifen erforderlich ist, erhalten oder wiederaufgebaut.“ Vermutlich werde die Hamas auch in der Lage sein, Verluste erneut zu kompensieren, wenn Israel wieder abzieht.

Die israelische Zeitung Haaretz zitierte Sol­da­t*in­nen in Dschabalia, die das erneute Vorrücken dort als Sisyphusarbeit bezeichneten, und monierte, dass weiter eine politische Strategie für die Zeit nach Kriegsende fehle.

Panzermunition aus den USA

Die USA wollen unterdessen trotz der Rafah-Offensive neue Waffen an Israel im Volumen von etwa einer Milliarde US-Dollar liefern. Dabei geht es Berichten zufolge um Panzermunition und Militärfahrzeuge. Vergangene Woche hatte US-Präsident Joe Biden Israel im Falle einer Rafah-Großoffensive mit der Zurückhaltung von Militärmaterial gedroht. Eine Lieferung von 900-Kilo-Bomben wurde bereits gestoppt.

Im Norden Israels heulten am Mittwoch die Sirenen, weil die Hisbollah aus dem Libanon mit 60 Raketen zwei militärische Ziele angriff. Am Vortag war ein Zivilist durch Beschuss aus dem Libanon getötet worden. Übereinstimmenden libanesischen und israelischen Medienberichten zufolge war am Dienstag zudem ein Hisbollah-Mitglied bei einem israelischen Drohnenangriff auf ein Auto im Südlibanon getötet worden. Israel zufolge handelte es sich um einen weiteren Kommandeur der Miliz.

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