piwik no script img

Neues RentenpaketMindestens haltbar bis 2039?

Das Kabinett hat das Rentenpaket II beschlossen, das die Renten für 15 Jahre absichern soll. Die Folgen für Jüngere sind ambivalent.

Die Extra-Portion Eis ist bis 2039 gesichert Foto: imago

Berlin taz | Die Bundesregierung hat nach langem Streit am Mittwoch das sogenannte Rentenpaket II beschlossen. Damit soll das Niveau der Renten bis 2039 gesichert werden. Außerdem soll ein Kapitalstock, das sogenannte Generationenkapital, das Rentensystem entlasten. Durch die Reform steigen die Rentenversicherungsbeiträge der Jüngeren etwas stärker an, als es ohne das Rentenpaket II der Fall wäre. Allerdings können sich Jüngere auch für eine gewisse Zeit auf ein höheres Rentenniveau verlassen, wenn sie selbst in den Ruhestand wechseln.

„Mit dem Rentenpaket II stabilisieren wir das Rentenniveau dauerhaft und schaffen ein Generationenkapital, um zukünftige Beitragszahler zu entlasten“, erklärte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) am Mittwoch. Damit setze die Koalition ein „klares Zeichen für Leistungsgerechtigkeit“. Der Minister hatte zuvor vorgerechnet: „Wenn eine Krankenschwester aus Sachsen beispielsweise, heute 49 Jahre alt, 2040 in Rente geht, ist das im Jahr ein Unterschied von 1.100 Euro, je nachdem ob wir das Rentenniveau stabilisieren oder nicht“.

Bis zum Jahre 2039 wird ein Renteniveau von 48 Prozent gesichert – was dem bisherigen Niveau entspricht. Das Renten­niveau ist der Verhältniswert aus der sogenannten Standardrente und dem Durchschnittslohn. Ohne diese Haltelinie würde das Rentenniveau ab 2027 absinken und im Jahr 2040 nur noch bei 44,9 Prozent liegen.

Der Beitragssatz zur Rentenversicherung, den Ar­beit­ge­be­r:in­nen und Ar­beit­neh­me­r:in­nen zahlen, würde ohne diese Reform von derzeit 18,6 Prozent vom Bruttolohn auf 21,3 Prozent im Jahr 2040 steigen. Mit der Haltelinie im Rentenpaket II und dem ebenfalls geplanten sogenannten Generationen­kapital steigt der Beitragssatz auf 22,3 Prozent schon ab 2035, das sind 1 Prozent mehr als ohne die Reform. Weil die Beiträge hälftig von Ar­beit­ge­be­r:i­nnen und Ar­beit­neh­me­r:in­nen finanziert werden, müssen 2040 die Ar­beit­neh­me­r:in­nen 0,5 Prozent von ihrem Bruttolohn mehr an Rentenbeiträgen abzweigen als ohne die Reform.

Mit welchen Maßnahmen das Rentenniveau ab 2040 weiterhin gesichert werden könnte, dazu soll die Bundesregierung im Jahr 2035 einen „Bericht vorlegen“, heißt es im Gesetzentwurf.

Die Arbeitgeber sind gegen die Reform. „Nachdem die Koalition bereits eine Anhebung des Rentenalters ausgeschlossen hat, gehen damit künftig alle Lasten aus der Alterung auf Kosten der Beitragszahler“, sagte Rainer Dulger, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Mit immer höheren Sozialbeiträgen käme Deutschland „noch schwerer aus dem wirtschaftlichen Stillstand“.

„53 Prozent würden helfen“

Ein stabiles Rentenniveau bedeutet „Entlastung, bessere Absicherung im Alter und weniger Aufwand für private Vorsorge“, lobte hingegen DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel. Ein Niveau von 53 Prozent würde „wirklich gegen Altersarmut helfen“, erklärte Verena Bentele, Chefin des Sozialverbandes VdK.

Die Rentenausgaben liegen im Jahr 2045 durch das Rentenpaket II um 47 Milliarden Euro höher, als wenn das neue Gesetz gar nicht kommen würde. Die Rentenausgaben von 372 Mil­liarden Euro im Jahre 2024 würden aber auch ohne das Paket auf 755 Milliarden Euro im Jahr 2045 steigen, bedingt durch die Rentensteigerungen, die sich unter anderem an steigenden Löhnen orientieren, und bedingt durch die Demografie.

Nach einer Rechnung, die die Ökonomin Imke Brüggemann-Borck von der DRV kürzlich vorstellte, steigt der „Altenquo­tient“ von 31,8 Prozent im Jahr 2021 auf 43,4 Prozent im Jahr 2040 und sinkt dann wieder ab auf 42,5 Prozent in 2045. Der Altenquotient bezeichnet das Verhältnis von über 67-Jährigen einerseits und 100 Personen im Alter von 20 bis 67 Jahren andererseits.

Der Bundeszuschuss aus Steuermitteln macht laut Zahlen der Deutschen Rentenversicherung (DRV) etwas weniger als ein Viertel der Renteneinnahmen aus, steigt aber in absoluten Zahlen über die Jahre stark an. Kri­ti­ke­r:in­nen warnen daher vor der steigenden Belastung der Steu­er­zah­le­r:in­nen, also jüngerer Erwerbstätiger, durch das Rentensystem.

Neben der Sicherung der Haltelinie soll mit dem Rentenpaket II auch ein sogenanntes „Generatinonenkapital“ angespart werden, also ein Kapitalstock, dessen Renditen künftig in die Rentenkasse fließen. Dazu soll eine Stiftung mit der Bezeichnung „Generationenkapital“ errichtet werden.

Die Regierung will für den Aufbau des Kapitalstocks Schulden machen, die aber nicht auf die Schuldenbremse angerechnet werden. 2024 sind es 12 Milliarden Euro an Kapitalstock, bis in die Mitte der 2030er Jahre soll der Kapitalstock auf 200 Milliarden Euro anwachsen. Aus dem Stiftungsvermögen des Generationenkapitals sind ab dem Jahr 2036 dann „durchschnittlich Ausschüttungen in Höhe von jährlich zehn Milliarden Euro vorgesehen“, heißt es im Gesetzentwurf.

Die FDP hatte zuletzt starke Bedenken gegen das Rentenpaket geäußert. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) erklärte aber jetzt, aus seiner Sicht sei „das Rentenpaket II abgeschlossen“. Der am Mittwoch beschlossene Kabinettsentwurf muss jetzt im September noch durch den Bundestag. Der Bundesrat soll noch im Juli eine Stellungnahme abgeben. (mit dpa)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • Die beiden Amerikanerinnen im Titelbild passen irgendwie nicht zum Inhalt des Artikels. Kaum vorstellbar, dass die von der deutschen Rentenreform profiitieren.

  • Rente ist äquivalent zu den geleisteten Beiträgen als %Anteil des Einkommens multipliziert mit den Jahren der Einzahlungen.



    Eine „interessante“ Fragestellung für den De-Growth Ansatz mit den entsprechenden niedrigeren Einkommen.

  • Es scheint ja in erster Linie um die Generation der "Boomer" zu gehen. Das sind zu viele und sie bekommen angeblich zu hohe Renten.

    Die meisten Journalisten und Kommentatoren hier dürften Kinder oder Enkel der "Boomer" sein. Leben die Eltern oder Großeltern wirklich so außergewöhnlich gut, dass man es ihnen nicht gönnen kann?

    Meine Friseurin hat mit 16 Jahren begonnen zu arbeiten. Den ganzen Tag stehen, von Montag bis einschließlich Samstag. Wenn sie mit 63 Jahren in Rente geht, erhält sie ca. 1.100 Euro Rente, weswegen sie trotz mehreren Knieoperationen und Rückenschmerzen länger arbeiten wird.

    Und sie wurde nicht Friseurin, weil sie das wollte, sondern weil sie (Elternhaus) Geld verdienen sollte/musste.

  • Tja und wenn man es nicht erhöht, muss man sich später selber viel mehr kümmern und bezahlen. Fakt ist einfach die Generationen vor uns haben definitiv zu wenig Kinder bekommen. Wie man es auch dreht und wendet, nicht schön, für alle Beteiligten .

    • @Mr Ambivalent:

      Ökologisch durchaus sinnvoll zur globalen Überbevölkerung nicht noch zusätzlich beizutragen und dadurch zukünftige Generationen ökologisch noch stärker zu belasten. Wie man es auch wendet und dreht, global gedacht ist es durchaus sinnvoll wenig Kinder in die Welt zu setzen!

    • @Mr Ambivalent:

      Es könnte so einfach sein, wenn wir uns an Österreich orientieren würden.



      Da aber Beamte und Politiker das entscheiden, wird das niemals kommen.

    • @Mr Ambivalent:

      Jahrzehnte war das absehbar, der Umgang damit ein Schlag ins Gesicht aller Werktätigen.