Pro-Palästina-Schülerstreik in Neukölln: Jung-Kommunisten in der Sonnenallee

Ein Kommunistischer Jugendbund und die Migrantifa demonstrieren für Palästina. An der Humboldt-Universität kommt es erneut zu Besetzungen.

Teil­neh­me­r:in­nen des „Schulstreik für Palästina“ auf der Sonnenallee Foto: Luise Greve

BERLIN taz | Dicht an dicht stehen die Polizeiautos vor dem roten Backsteinbau an der Sonnenallee am Mittwochvormittag. Mit 13 Fahrzeugen, hauptsächlich Mannschaftswagen, sind die Einsatzkräfte zum Ernst-Abbe-Gymnasium in Neukölln angerückt. Es sieht nach einem Großdemo-Polizeiaufgebot aus. Tatsächlich haben sich vorerst nur knapp 40 Jugendliche vor der Schule versammelt. Aufgerufen ist zum „Schulstreik für Palästina“ – passenderweise zeitgleich zum berlinweiten GEW-Streik für kleinere Klassen.

Immer mehr junge Leute trudeln ein, es läuft Musik, an Kuffiye mangelt es nicht, die Stimmung ist friedlich. Die Ver­an­stal­te­r:in­nen – die Kleingruppe Kommunistischer Jugendbund und die Migrantifa – zählen später 150 Teil­neh­me­r:in­nen. Gefordert wird ein „Ende der deutschen Waffenlieferungen nach Israel sowie der gegenwärtigen Hetze gegen Palästinenser:innen“.

Die Jung-Kommunist:innen verweisen darauf, dass Kinder und Jugendliche in besonderem Maße Leidtragende des Krieges in Gaza seien. Außerdem verstehen sie die Schule als symbolischen Ort für den Protest der Jugend, wie ein Sprecher sagt.

Seit Oktober, klagt er, käme es an Berliner Schulen zu rigiden Verboten jeglicher Art von Palästina-Solidarität. Während es mit Blick auf den Ukraine­krieg anfangs stets Raum für Gespräche gegeben habe, fehle ein solches Dialogangebot zu Gaza komplett. „Klar ist es kompliziert, aber genau deswegen müssen wir drüber reden“, sagt er.

Demostartpunkt bewusst gewählt

Dass der Schulstreik am Ernst-Abbe-Gymnasium startet, ist kein Zufall. Am 9. Oktober soll hier ein Lehrer einem 15-jährigen Jungen, der eine Palästina-Fahne umgebunden hatte, ins Gesicht geschlagen haben; der Junge soll zurückgetreten haben. Die Ver­an­stal­te­r:in­nen des Schulstreiks betonen, dass es für den Lehrer nie Konsequenzen gegeben habe. Ob das zutrifft, ist unklar. Eine Anfrage der taz bei der Bildungsverwaltung blieb unbeantwortet.

In den Redebeiträgen wird der Umgang von Schulen mit dem Thema Palästina jedenfalls schwer angeprangert. Ein ehemaliger Schüler des Ernst-Abbe-Gymnasiums spricht außerdem von Rassismus und struktureller Diskriminierung durch Lehrkräfte seiner alten Schule. Auch ein Lehrer des Neuköllner Albert-Schweitzer-Gymnasiums solidarisiert sich in roter GEW-Weste mit den Streikenden.

Unter „Viva Palästina“-Rufen und dem unvermeidlichen „Von Berlin bis Gaza – Yallah, yallah, Intifada“ zieht der kleine Jugendtrupp später die Sonnenallee herunter, La­den­be­sit­ze­r:in­nen jubeln, Fahnen werden geschwenkt, es wird gefilmt. Ob auch Schü­le­r:in­nen vom Ernst-Abbe-Gymnasium dabei sind, wisse man nicht, so die Veranstalter:innen. Von den Schü­le­r:in­nen, die man kenne, sei zumindest niemand gekommen.

Bis auf kleinere Vorfälle sei die Demonstration „störungsfrei“ verlaufen, sagt im Anschluss ein Polizeisprecher. Es habe vorläufige Festnahmen im „unteren einstelligen Bereich“ gegeben, um die Personalien von De­mons­tran­t:in­nen festzustellen – etwa wegen verbotener Parolen.

Schon wieder Besetzung von Unigebäuden

Während der „Schulstreik“ am Mittwoch nach rund zwei Stunden ohne große oder wenigstens ohne außergewöhnliche Aufregung über die Bühne gegangen ist, sieht es an der Humboldt-Universität anders aus. Am Nachmittag besetzen dort rund 50 Pro-Palästina-Aktivist:in­nen Räume des Instituts für Sozialwissenschaften.

Mit einem schwarzen, flatterndem Banner verkünden sie die Eröffnung eines „Jabalia Institutes“ in dem besetzten Gebäude. Es gehe um die „bedingungslose Solidarität mit dem palästinensischen Volk“. Die Ak­ti­vis­t:in­nen forderten die Universität auf, ihre Besetzung und Präsenz zu akzeptieren und einen Polizeieinsatz zu verbieten. Eine Besetzung von Räumen der FU durch dieselbe Gruppe war kürzlich von der Polizei geräumt worden.

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